EU-Politik Beiträge

#NatureAlert.eu – Deutschland widerspricht EU-Kommission

Wie bereits gestern war der Fitness Check der EU-Naturschutzrichtlinien das Hauptthema der Green Week in Brüssel, der größten europäischen Umweltkonferenz. Die Fronten klären sich. Gestern hatte sich der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans stur gestellt: Er will den EU-Rahmen ändern, die Richtlinien seien zu alt. Seine Rede, BirdLife Reaktion und weitere Informationen im Internet. Gleichzeitig zeigt er sich offensichtlich beeindruckt von der EU-weiten Kampagne der Umweltverbände, die bereits knapp 200.000 Unterschriften gesammelt hat (www.naturealert.eu), und versucht ihr mit unhaltbaren Versprechungen den Wind aus den Segeln zu nehmen: Er beteuerte keine „Standards“ senken zu wollen – aber das hatte die Kommission schon bei der Agrarreform versprochen und nicht halten können. Denn letztlich entscheiden ja die Regierungen und das EU-Parlament.

GreenWeek LogoHeute hat sich die Bundesregierung (Elsa Nickel, Abteilungsleiterin im BMUB) glasklar gegen eine Änderung der Richtlinien ausgesprochen, unterstützt von den Umweltverbänden und verschiedenen Vertretern der Wirtschaft. Auf dem gleichen Podium forderte der europäische Bauernverband (COPA-COGECA, der Dachverband des Deutschen Bauernverbands) dagegen eine Schwächung der Standards.

Eine Öffnung der Naturschutzrichtlinien wäre ein Erdbeben für den Naturschutz auch in Deutschland, der jahrzehntelange Anstrengungen von Verbänden, Bund, Ländern und Kommunen in Gefahr brächte. Außerdem hätte dies eine Präzedenzwirkung für die gesamte Umweltpolitik. Timmermans und sein Chef Juncker testen derzeit nämlich, ob Umweltschutz noch Rückhalt in der Gesellschaft hat.

Klar ist daher: wir brauchen gerade auch in Deutschland noch sehr viel mehr Beteiligung an der #NatureAlert Kampagne. Prominente Unterstützer haben sich schon gefunden. Zwei Beispiele: unser NABU-Video zum Wolf steht auf der Website von Volkswagen,  der Zeichner Ruthe gestaltete einen eigenen Facebook-Eintrag. Also – bitte mithelfen und weiträumig über Facebook etc. verteilen!

www.NABU.de/naturschaetze

Die Roten Listen und das Geld

Dies war der Titel meiner Eingangspräsentation auf der NABU/BirdLife-Veranstaltung am Montag Abend in der prächtigen Vertretung des Freistaats Bayern in Brüssel, einen Steinwurf entfernt vom EU-Parlament. Der große Saal war voll, als wir zum Auftakt der Brüsseler „Green Week“ dazu eingeladen hatten, die Zukunft der EU-Naturschutzfinanzierung zu diskutieren. Sechs Europaparlamentarier waren gekommen, genauso wie Vertreter fast aller deutschen Bundesländer, der EU-Kommission und anderer EU-Staaten. Und natürlich Verbandsvertreter verschiedenster Couleur. Alle Präsentationen der Veranstaltungen werden in den nächsten Tagen auf unserer NABU-Seite zum Thema veröffentlicht, sind aber auch in diesem Text verlinkt.

Waren es die dramatischen neuen Zahlen zur Lage der Natur, der gut gewählte Zeitpunkt zwischen zwei EU-Agrarreformen oder doch auch ein bisschen der prestigeträchtige Ort, der manche lockte? Wir wissen es nicht, vielleicht lag es aber auch daran, dass unser Diskussionspapier (pdf Download) bereits in einschlägigen Landwirtschaftskreisen für Unruhe gesorgt hatte. Das Branchenorgan top agrar titelte am Vortag online: „Naturschutzbund stellt kooperativen Umweltschutz in Frage„. Der Internet-Redakteur von top agrar scheint die Diskussionsvorschläge des NABU nicht verstanden zu haben.

Ich begann meinen Eingangsvortrag (pdf Download) mit einer simplen graphischen Verdeutlichung davon,

Von 18 Rebhühnern 1990...

Vom einst häufigen Rebhuhn sind in den letzten 25 Jahren…

... um 94% zurückgegangen.

… nur 6% übrig geblieben (Iduns kokbok Wikimedia Commons, verändert)

Feiertage über Feiertage

Am 21. Mai, war der Natura-2000-Tag und der „Geburtstag“ der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, die nach mehrjährigen Diskussionen im Ministerrat, im Europäischen Parlament und mit allen interessierten Gruppen wie Landwirten, Waldbesitzern, Jagdverbänden und Naturschutzverbänden von den Mitgliedstaaten der EU einstimmig beschlossen wurde und am 21. Mai 1992 in Kraft trat. Ein Tag danach der Internationale Tag der Artenvielfalt, den die Vertragsstaaten der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) ebenfalls 1992 beschlossen haben. Am 24. Mai ist der Tag der Parke, an dem europaweit auf die Bedeutung der Großschutzgebiete wie Nationalparke und Biosphärenreservate hingewiesen wird. Und, last but not least, wurde am Pfingstsamstag, der jüngste deutsche Nationalpark feierlich eröffnet, der grenzüberschreitende Nationalpark „Hunsrück-Hochwald“ der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland.

Der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt stand 2015 im Zeichen der Nachhaltigen Entwicklung.

Der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt stand 2015 im Zeichen der Nachhaltigen Entwicklung.

Leider wird bei vielen dieser Feiertage vergessen, dass auch hierfür erst die Naturschutzrichtlinien der EU mit ihren Regelungen zum Gebiets- und Artenschutz die Voraussetzungen schufen: viele der charismatischen Arten, über die sich Touristen und Wanderer in den Nationalparken freuen, wie Biber, Wildkatze und Luchs, verdanken ihren besseren Schutz der FFH-Richtlinie. Seltene Waldvogelarten wie Schwarzstorch, Schwarzspecht und Uhu verdanken dem Schutz der EU-Vogelschutzrichtlinie und der Einrichtung von Natura-2000-Gebieten, die oft die Kernzonen der Nationalparke bilden, dass ihre Bestände sich in den letzten Jahrzehnten erholt haben.

Manchmal wird zwischen Natura 2000 und der für Nationalparke geforderten Wildnisentwicklung, wo man „Natur Natur sein lässt“, ein Gegensatz gesehen. Völlig zu Unrecht! Schon 2009 hat das Europäische Parlament gefordert, dass wir in Europa mehr Wildnis brauchen, und dass dazu auch das Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 beitragen soll. In Deutschland merken die Besucher von Nationalparken und anderen Großschutzgebieten allerdings leider oft gar nicht, dass sie gerade die Natur in einem Natura-2000-Gebiet genießen, da im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaten „Natura 2000“ keine eigenständige Schutzgebietskategorie im deutschen Naturschutzrecht wurde, sondern Natura-2000-Gebiete als Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate oder Naturparke geschützt werden. Doch trotz der für Laien oftmals verwirrenden Vielzahl von Schutzgebietskategorien: Ein Grund zum Feiern und zum Genießen herrlicher Natur ist es allemal!

100.000 Stimmen für die Natur

www.naturealert.eu am 18.Mai um 21.34 Uhr – Jetzt mitmachen!

Beim Entstehen dieser Zeilen überschreitet der Zähler der „NatureAlert“-Kampagne die magische Marke von 100.000. In weniger als einer Woche haben sich also schon überraschend viele Menschen an der EU-Konsultation zur Zukunft der europäischen Naturschutzgesetze beteiligt und die vorgeschlagenen Antworten der Umweltverbände über die Seite www.naturealert.eu unterstützt. Das ist ein großer Erfolg. Vermutlich haben aber noch viele weitere EU-Bürger sich die Zeit genommen, alle 31 Fragen einzeln auf der Webseite der Kommission zu beantworten.

Frühlingsjagd in Malta – der Kommissar ist gefragt

Der Europaabgeordnete Stefan Eck hat mit seiner niederländischen Kollegin Anja Hazekamp (beide gehören zur Fraktion Europäische Linke) Mitte April zum Beginn der Zugvogeljagd auf Malta eine wichtige Anfrage an die EU-Kommission gestellt. Er will wissen, weshalb die Vogeljäger auf Malta immer noch Tausende von bedrohten Vögeln, insbesondere Wachteln und Turteltauben, auf ihrem Frühjahrszug in die Brutgebiete abschießen dürfen.

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Geschossene Turteltaube (Foto: BirdLife Malta)

Malta besteht seit Jahren auf einer Ausnahmeregelung der EU-Vogelschutzrichtlinie, die eigentlich die Jagd auf Zugvögel im Frühjahr verbietet. Erst kürzlich haben die Jäger ein nationales Referendum dazu äußerst knapp für sich entschieden. Nach Ansicht des NABU, von BirdLife Malta und vieler anderer Umweltverbände verstößt die Frühjahrssaison jedoch gegen die strengen Bedingungen für solche Ausnahmen. Gerade die Population der Turteltaube ist massiv im Rückgang begriffen (wie heute auch der britische Guardian meldete), es werden zuviele Tiere zum Abschuss freigegeben und vor allem gelingt es den Behörden offensichtlich nicht zu verhindern, dass gleichzeitig illegal eine große Zahl anderer, auch in Malta streng geschützter, Vögel geschossen werden. Daher müsste der maltesische (!) EU-Umweltkommissar Karmenu Vella eigentlich zügig dagegen vorgehen – seine Antwort auf die Frage der MdEPs dürfte daher interessant werden, wir werden berichten.

Naturschatz #3: Kleiner Wal in großer Not

Der Schutz der Wale, der internationale Kampf gegen die blutige Waljagd Japans unter dem Deckmantel der Wissenschaft, ist den meisten Menschen bewusst und empört nicht nur professionelle und ehrenamtliche Naturschützer. Viel weniger scheint jedoch bekannt zu sein, dass es auch vor unserer Haustür, in Nord- und Ostsee, einen kleinen Wal gibt, der in Not ist: der Schweinswal. Wir haben ihn zum Naturschatz der Woche gewählt.

Foto: S.Koschinski/Fjordbelt DK

Foto: S.Koschinski/Fjordbelt DK

Schweinswale sind kleine Verwandte der Delfine aus der Gruppe der Zahnwale und sie sind die einzige Walart, die ganzjährig vor unseren Küsten vorkommt und sich dort auch fortpflanzt. Charakteristisch sind ihre gedrungene Körperform und die kurze Schnauze. Sie können bis zu 1,80 Meter groß und 90 Kilogramm schwer werden. Wir unterscheiden an unseren Küsten drei Populationen, die nur in begrenztem Austausch zueinander stehen: eine in der Nordsee, eine im Kattegat und der Beltsee und eine in der zentralen Ostsee. Letztere gilt als vom Aussterben bedroht, sie zählt vermutlich nur noch 450 Tiere. Ein Naturschatz, den es zu retten gilt!

Der Wolf – Rückblick auf Naturschatz #1

Am 30. April war der Tag des Wolfes – so lag die Wahl unseres ersten „Naturschatzes der Woche“ nahe. Der Wolf hat seine Rückkehr nach Deutschland vor allem dem strengen Schutz durch die EU-Naturschutzrichtlinien zu verdanken, die der Präsident der EU-Kommission, Jean Claude Juncker, nun aufweichen will.

Wolf am frühen Morgen auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord in der Lüneburger Heide. Foto: Jürgen Borris

Wolf am frühen Morgen auf dem Truppenübungsplatz Munster Nord in der Lüneburger Heide – Foto: Jürgen Borris

In den letzten Tagen ist der Wolf wieder in aller Munde. Die Presseschau, die wir NABU-Mitarbeiter täglich bekommen, ist voll von Zeitungsartikeln, Fernseh- und Radiobeiträgen über das Tier, das seit 15 Jahren wieder ein Comeback in Deutschland wagt. Es wird durchaus kontrovers gestritten, ob das nun eine gute oder eine eher schlechte Nachricht ist. Wie wir das im NABU sehen, sagt das Motto unserer beliebten Kampagne „Willkommen Wolf“, und wir erleben Unterstützung dafür weit über unsere Mitgliedschaft hinaus. Alleine unsere Facebook Seite zum Thema hat über 100.000 Freunde. Der Wolf darf kein Opfer von Junckers als „Fitness Check“ der Naturschutzrichtlinien verharmloste Deregulierungsplänen werden; und das drücken wir auch plakativ mit unserem neuen Videoclip aus!

Naturschätze retten!

Naturschätze. Viele mögen damit spontan an all diejenigen Güter denken, die die Natur dem Menschen – vermeintlich kostenlos – zu Konsum und Vermarktung überlässt. Eine kleine Schatzsuche im Netz ist aufschlussreich. Da ist natürlich viel die Rede von Öl und Kohle als Schwarzem Gold, aber sehr viel auch vom Weißen, womit man je nach Weltgegend Baumwolle, Elfenbein, Angorawolle, Spargel, Coca, Schafskäse, Salz oder Porzellan anpreist. Wälder als Geldanlage, Biomasse als Energieträger aber auch Olivenöl, Hopfen, oder auch Golfplätze werden als das Grüne Gold gepriesen.

Uferschnepfe: Foto: Frank Derer

Feinschmecker und Lebensmittelindustrie kennen auch Rotes Gold: Safran, Kaviar, Paprika, Wein und Agar-Agar (aus Rotalgen gewonnenes Geliermittel). Ohne das Braune Gold (Rohr-)zucker, Kaffee oder Kakao will auch kaum jemand leben, für manche gehören dazu auch Zigarren und Whisky. Und schließlich natürlich Wasser – als der wohl vielleicht wertvollste Rohstoff der Zukunft, das Blaue Gold.

Wir im NABU kennen, schätzen und betonen immer wieder den unverzichtbaren (ökonomischen) Nutzen der Natur für den Menschen. Und wir sind zutiefst besorgt, dass unser Konsum- und Produktionsverhalten noch immer so tut, also gäbe es einen nahezu unerschöpflichen Vorrat an kostenlosen natürlichen Ressourcen.