Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) – Verbesserungen für die Natur in Sicht?

Die neue Förderperiode der Agrarpolitik ist Anfang des Jahres 2023 gestartet. Nach ersten Auswertungen zur Annahme der neuen Grünen Architektur laufen jetzt die Diskussionen zu Verbesserungen im nationalen Strategieplan (NSP) an. Auf politischer Seite heißt das vor allem, den Mittelabfluss in den nächsten Jahren zu gewährleisten. Sprich: das Geld, das von der Europäischen Union kommt, möglichst vollständig auszugeben. Denn nicht ausgegebene Mittel müssen an die EU zurückgezahlt werden. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist es jedoch vor allem wichtig, dass sich alle vorgenommenen Anpassungen positiv auf Umwelt und Natur auswirken und zu einer ganzheitlichen Verbesserung der Situation der Artenvielfalt, Klima, Boden und Wasser beitragen.

Hintergrund Grüne Architektur: Die Grüne Architektur besteht aus drei Elementen. Den verpflichtenden Förderbedingungen (GLÖZ-Standards), den neuen Ökoregelungen und den alt bewährten Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM). Die Ökoregelungen wurden in Deutschland von den landwirtschaftlichen Betrieben nur mäßig angenommen. Da stecken verschiedene Gründe dahinter: von zu geringen Prämien bis zu viel Bürokratie und unterschiedlicher Beratung/Kommunikation dazu in den Bundesländern.

Die Bundesregierung hat die Möglichkeit schon jetzt Änderungen am GAP-Strategieplan vorzunehmen und damit ab dem Jahr 2025 die Situation für die Natur und die Landwirtschaft deutlich zu verbessen und gleichzeitig den begonnenen Weg hin zu einer GAP, die nicht mehr nach Fläche, sondern nach Leistungen honoriert, weiter zu verfolgen.

Welche finanziellen Anpassungen sind notwendig?

Der Anteil der Ökoregelungen am Budget der 1. Säule beträgt in Deutschland aktuell 23 %. Die EU-Verordnungen ermöglichen jedoch schon heute, dass das Budget der ersten Säule komplett in die Ökoregelungen fließen kann. Um den Ausstieg aus den Direktzahlungen langfristig zu planen, sollten, beginnend mit dem Jahr 2025, mindestens 30 % der 1. Säule an Ökoregelungen gebunden werden. Bis zum Ende der Förderperiode sollte der Anteil dann sukzessiv erhöht werden, um die bereits bestehenden Möglichkeiten der Bindung der GAP-Mittel an Gemeinwohlleistungen konsequent auszuschöpfen.

Um auch den regionalen, spezifischen Naturschutz in der 2. Säule durch die AUKM auszubauen, müssen auch die Gelder in die 2. Säule erhöht werden. Der Anteil muss bedarfsgerecht aufgestockt werden. Wichtig ist hier, dass auch die naturschutzfachliche Beratung zu den Maßnahmen gefördert wird.

Welche inhaltlichen Nachbesserungen sind sinnvoll?

Es gibt aktuell sieben Ökoregelungen in Deutschland. Eine Aufstockung des Budgets öffnet den Spielraum für weitere Ökoregelungen. Aktuell werden zwei Vorschläge diskutiert.

Eine Ökoregelung für grünlandbewirtschaftende Betriebe (z.B. Milchviehbetriebe mit Weidehaltung) ist notwendig, da besonders Betriebe mit Weidehaltung, die maßgeblich zur Qualifizierung und dem Erhalt des Grünlands beitragen, an den existierenden Ökoregelungen nicht teilnehmen können. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Fördermaßnahme so gestaltet ist, dass Kombinationen mit bestehenden Maßnahmen wie der Ökoregelung 1d (Förderung von Altgrasstreifen) und bestehenden Grünlandmaßnahmen der zweiten Säule nicht ausgeschlossen werden. Die aktuell diskutierte Möglichkeit sieht eine zweischürige Mahd vor. Dabei wäre eine Beweidung indirekt gefördert, weil sie nicht ausgeschlossen wäre. Die Schwierigkeit einer neuen Ökoregelung für das Grünland liegt in den Länderprogrammen der 2. Säule. Diese sind naturschutzfachlich anspruchsvoller und sollten nicht durch eine neue Ökoregelung unattraktiver werden. Je anspruchsvoller die neue Ökoregelung, desto mehr Probleme mit bestehenden Fördermaßnahmen können entstehen. Über die Höhe der Prämie der Ökoregelung kann hier aber eine Lösung gefunden werden. Wichtig zu der Maßnahme hinzuzufügen ist, dass bei der Mahd naturschutzfachliche Mindestkriterien beachtet werden wie z.B. eine Bewirtschaftungspause von mindestens 8 Wochen zwischen den Mahdterminen zum Schutz von Wiesenbrütern.

Zusätzlich ist zu überlegen, wie Beweidung zukünftig auch über die 1. Säule gefördert werden kann, ohne die 2. Säule auszuhebeln.

Eine erhöhte Umschichtung in die 2. Säule käme auch bestehenden Grünlandprogrammen zugute.

Eine zusätzliche Ökoregelung zur emissionsarmen Ausbringung von Wirtschaftsdünger ist ökologisch weniger sinnvoll, da vor allem Betriebe, die sich den Kauf neuerer Technik leisten konnten und können, davon profitieren. Eine Ökologisierung der Landwirtschaft wird dadurch aber nicht erreicht. Von dieser reinen Geldverteilungsregelung sollte dringend Abstand genommen werden.

Der NABU-Bundesverband hat eine Ökoregelung „Bodenbedeckung“ erarbeitet, die sich an folgenden Kriterien orientiert:

  • Sie soll den Humusaufbau fördern und die Bodenbiodiversität schützen
  • Sie soll einkommenswirksam programmiert werden (nach Art.31 7a der GAP-Strategieplanverordnung)
  • Sie soll ergebnisorientiert ausgestaltet werden
  • Sie soll unbürokratisch sein
  • Sie soll für alle Betriebe (klein, groß, öko, konventionell) gleichermaßen beantragbar sein

Die Ökoregelung „Bodenbedeckung“ fördert Betriebe, dessen Böden eine bestimmte Anzahl an Tagen bedeckt sind, sprich bewachsen oder gemulcht. Dieses kann z.B. über den Anbau von Zwischenfrüchten oder Untersaaten oder einer Mulchschicht erreicht werden. Dadurch werden die Bodenbiodiversität und somit der Humusaufbau angeregt. Eine hoher Humusanteil im Boden sorgt für eine bessere Wasserhaltekapazität (=höhere Resilienz gegenüber Wetterextremen), eine bessere Nährstoffversorgung (=weniger Düngung) und somit gesündere Pflanzen (=weniger chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel). Ein bewachsener Boden beugt Wasser- und Winderosion vor.

Im Zuge der Anpassung des NSP müssen auch bestehende Regelungen überprüft und in Bezug auf ihre Wirksamkeit angepasst werden. Besonders hervorzuheben sind hier die Flächen für die Artenvielfalt, die über GLÖZ 8 (4 % Landschaftselemente und Brache) und Ökoregelung 1 (Brache, Blühstreifen, Altgrasstreifen) bereits gestellt werden müssen und können. Damit sie ihre volle Wirkung entfalten können, müssen bestehende Bewirtschaftungsregelungen angepasst werden (keine Bewirtschaftung im Frühjahr) und könnte durch eine Top-Up Zahlung auch die Lage der Flächen für die Artenvielfalt gelenkt werden. Denn die Strukturelemente sind am wirkungsvollsten in den Schlägen und nicht am Feld-bzw. Waldrand.

4 Kommentare

Eveline Böning

27.10.2023, 09:17

Warum dürfen Bauern noch ihre Gülle auf die Äcker schütten ? ? Bei uns stinkt es regelmäßig....bevor es regnet...verstehe nicht das es immer noch erlaubt ist ...ist doch nicht gut fürs Grundwasser ..zuviel Nitrit ...warum ändert man sa nichts ??? Sehr enttäuschend ...Warum dauert alles so lange ...in Deutschland ...bis sich was ändert????

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Wilhelm Gerber

27.10.2023, 11:51

Hallo Ich bin Landwirt und die neuen Regelungen sind aus meiner sicht zu kompliziert und zu unwirtschaftlich.Nicht überall praxistauglich z.b.in kleinstruktuierten Gebieten. Meiner meinung nach währe ein gute Beratung notwendig um Ökoregelung und in BW.die FAKT regelungen sinvoll durchführen kann.Zum Beispiel Altgrassreifen auf Schlägen mit 30ar. Mit freundlichen Grüße Willy

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Hansjörg Glauner

28.10.2023, 08:16

Wow, Superstellungsnahme! Danke für die qualifizierte Mühe die dahinter steckt! Viele Grüße, Hansjörg Glauner Ökobauer (kleinflächig, Geflügel im Mobilstall)

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Martin Schmid

13.11.2023, 23:20

Hallo Frau Böning, Die Bauern (ich bin auch Einer) dürfen ihre Gülle immer noch auf ihre Äcker und auch Wiesen "schütten", weil dies ökologisch sehr sinnvoll ist. Gülle enthält wertvolle Nährstoffe und ermöglicht erst das Kreislaufprinzip. Wenn der Bauer bei Ihnen die Gülle unmittelbar vor dem Regen ausbringt handelt er vorbildlich, so entstehen nahezu keine Lachgasemissionen und die Nährstoffe stehen vollständig den Pflanzen zur Verfügung. Aber nicht nur Pflanzen profitieren von der ausgebrachten Gülle, sondern auch unzählige Lebewesen sind auf die organische Substanz angewiesen. Allerdings habe ich den Eindruck, am meisten stört sie der Geruch. Hierfür hätte ich eine gut funktionierende Lösung – ziehen sie in die Stadt, da sinkt es nicht nach Gülle.

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