Deutsche G7-Präsidentschaft: Eine Chance für Natur und Klima?

Von Magdalene Trapp und Rebekka Blessenohl

Beim Erreichen von Klima- und Biodiversitätszielen haben die reichen Industrienationen eine besondere Verantwortung. Denn sie zählen zu den größten Verursachern der ökologischen Krisen. Gleichzeitig verfügen sie über die größten finanziellen Ressourcen um diese noch abzuwenden. Dennoch haben sie sich bisher nicht besonders vorbildlich verhalten: Auch hierzulande werden Klima- und Biodiversitätsziele regelmäßig gerissen. Nun kann Deutschland die Klima- und Biodiversitätskrise ins Zentrum seiner G7-Präsidentschaft stellen.

G7-Kickoff-Konferenz des BMUV und BMWK mit der Zivilgesellschaft.

Insgesamt gute Ausrichtung der G7-Schwerpunkte

Die Bundesregierung hat sich für die G7-Präsidentschaft bereits auf gemeinsame Schwerpunkte verständigt. Gleich der erste Schwerpunkt umfasst das Voranbringen von Klima-, Umwelt- und Biodiversitätsschutz. Das ist ein gutes Zeichen. Auch bei den anderen Schwerpunkten zu wirtschaftlicher Stabilität und Transformation, Stärkung der globalen Gesundheit und Förderung von nachhaltiger Entwicklung werden Klima und/oder Biodiversität mindestens erwähnt. Das zeigt: Die Integration von Umweltzielen in verschiedene Politikbereiche wird zumindest teilweise mitgedacht.

Bei der gemeinsamen Kickoff-Konferenz von Bundesumweltministerium (BMUV) und Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit der Zivilgesellschaft wurde außerdem klar: Man möchte die Klima- und Biodiversitätskrise gemeinsam adressieren. Staatssekretär Tidow sprach davon, dass “Klima- und Biodiversitätskrise so eng miteinander verknüpft sind, dass sie nur künstlich auseinandergerissen werden können”. Die Umsetzung der Ziele werde im Vordergrund stehen. Gemeinsame Lösungsstrategien empfehlen Biodiversitäts- und Klimawissenschaftler*innen schon lange. Daran anknüpfend fordert der NABU mehr Priorität für das Thema sowie die Umsetzung konkreter Maßnahmen.

Was will die Regierung konkret tun?

Um das 1,5°C-Limit einzuhalten will sich die Regierung beim Klimaschutz für einen weltweiten Kohleausstieg bis 2040 (in den Industrieländern bis 2030), die Vorlage neuer nationaler Klimaziele (NDC) und die Gründung eines Klima-Clubs einsetzen. Dieser will sich beispielsweise für international einheitliche Standards beim Ausstoß und Bepreisung von CO2 einsetzen. Bei der Finanzierung soll es durch die Stärkung der internationalen Klimafinanzierung und Beenden von ineffizienten, fossilen Subventionen vorangehen.

Außerdem hat sich die Regierung zum Ziel gesetzt, den natürlichen Klimaschutz voranzubringen. Nach Jahrzehnten der Zerstörung soll nun ein Zeitalter der Renaturierung anbrechen, womit man Klima- und Biodiversitätskrise gemeinsam adressieren möchte. In der Biodiversitätspolitik steht das Verhandeln eines ambitionierten neuen globalen Abkommens, die bessere Finanzierung und Regulierung sowie eine schnelle Umsetzung der Ziele im Fokus. Desweiteren wird der Schutz der marinen Biodiversität betont. Ebenfalls genannt werden die Bereiche Kreislaufwirtschaft, nachhaltiges Chemikalien-Management sowie eine nachhaltigere Landwirtschaft, die für den Schutz der Biodiversität ebenfalls von Bedeutung sind.

Die G7 als Vorreiter in der Klima- und Biodiversitätspolitik?

Die Richtung stimmt. Aber im Gegensatz zu der Ankündigung im Programm („von der Ambition zur Umsetzung“) fehlen noch konkrete Schritte und Maßnahmen. Gerade beim Biodiversitätsschutz bleibt es sehr vage: Wie sollen die Ziele des neuen Abkommens konkret umgesetzt werden? Was heißt bessere Finanzierung und Regulierung? Was aus unserer Sicht jetzt zielführend wäre:

1. Klima- und naturfreundliche Finanzströme etablieren

Konkrete Finanzzusagen der Bundesregierung und der G7-Partner wären bei den aktuellen Verhandlungen des globalen Abkommens für die Biodiversität ein wichtiger Schritt (mit Ausnahme der USA sind alle Staaten Teil der Konvention über die biologische Vielfalt). Damit würden sie die Länder des globalen Südens bei der Umsetzung der Ziele unterstützen und könnten so in den Verhandlungen auf ambitionierte und vor allem messbare Ziele drängen. Würden die G7-Staaten sich außerdem gemeinsam dafür einsetzen, alle privaten und öffentlichen Finanzströme mit Biodiversitäts- und Klimazielen in Einklang zu bringen, ließen sich die Krisen entschärfen. Dazu gehören neben klaren Regeln für den Privatsektor auch der Abbau von natur- und klimaschädigenden Subventionen und Anreizen.

2. Die Verursacher der Krisen adressieren

Insgesamt sollten die großen Verursacher des Biodiversitätsverlusts – vor allem die intensive Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei – mehr in den Blick genommen werden. Ein guter Ansatzpunkt sind Umweltstandards in Lieferketten sowie Handelsabkommen. Für solch ein Modell sollte die Bundesregierung bei den G7-Partnern werben.

In der Klimapolitik ist der CO2-Preis das zentrale Instrument zum Abbau fossiler Energieträger in allen Sektoren. Hier sollte sich die Bundesregierung für einen hohen, international einheitlichen Preis einsetzen, um tatsächlich eine lenkende Wirkung hin zu mehr Dekarbonisierung zu erzielen. Unabhängig davon sollte die EU einen hohen, wirksamen CO2-Preis etablieren, ohne die Ergebnisse der Verhandlungen auf internationaler Ebene abzuwarten.

3. Monitoring verbessern und Transparenz herstellen

Gute Monitoring- und Überprüfungsmechanismen wie verpflichtende, regelmäßige und transparente Berichterstattung, Überwachung und Nachsteuerung sind wichtige Instrumente um Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen. Doch im aktuellen Biodiversitätsabkommen besteht hier noch großer Nachholbedarf. Um ein Scheitern zu verhindern sollte es im Interesse der Bundesregierung und der G7-Staaten liegen, hier nachzuschärfen. Beispielsweise könnte man sich an den Mechanismen orientieren, die bereits für das Pariser Klimaschutzabkommen gelten. Trotz großer Fortschritte sind aber auch in dessen Regelwerk noch Verbesserungen nötig. Einige Staaten haben ihre nationalen Klimaziele noch nicht überarbeitet, obwohl mit den jetzigen Zielen das 1,5 %-Limit überschritten würde.

Der Klima-Club ist grundsätzlich keine schlechte Idee. Bei den Treffen sollte es aber tatsächlich um die konkrete Umsetzung von Klimazielen gehen. Die Vereinbarung von verbindlichen, zielgerichteten Regelungen für alle Mitglieder ist wichtig, damit das Ganze nicht zu einer Greenwashing-Veranstaltung verkommt.

Die eigenen Hausaufgaben machen

Die Erfolge der G7-Gemeinschaft sowie die der internationalen Abkommen lassen sich maßgeblich an der nationalen Umsetzung der Ziele messen. Daher muss Deutschland als Vorreiter fungieren und national umfassende Maßnahmen für Klima- und Biodiversitätsschutz schnellstmöglich umsetzen. Dies wird am besten gelingen wenn die Bundesregierung dem Schutz unserer Lebensgrundlagen – intakte Biodiversität und ein stabiles Klima – eine größere Priorität einräumt und sie zur Chefsache macht.

In den bereits angekündigten Oster- und Sommerpaketen des BMUV und BMWK zum natürlichen Klimaschutz und der Energiewende sollte sich die Einhaltung des 1,5 °C -Limits wieder spiegeln und sie sollten die Naturverträglichkeit der Klimaschutzmaßnahmen ausreichend berücksichtigen. Die neue Nationale Biodiversitätsstrategie erfordert Maßnahmen in allen relevanten Politikbereichen, sollte alle relevanten Akteure ansprechen und einen Aktionsplan mit hinterlegter Finanzierung und zeitlicher Komponente enthalten.

Im Hinblick auf alle genannten Bereiche ist eine Berücksichtigung in den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen im Frühjahr essentiell, um die ausreichende Finanzierung sicherzustellen.

2 Kommentare

gemnick

09.02.2022, 16:59

Es sind alles schöne Theorien mit mehr oder weniger Bezug zur Basis. Allein "In der Klimapolitik ist der CO2-Preis das zentrale Instrument zum Abbau fossiler Energieträger in allen Sektoren. Hier sollte sich die Bundesregierung für einen hohen, international einheitlichen Preis einsetzen" wirft doch die Frage, ob das Volk es überhaupt bezahlen kann. Die meisten Preise sind doch schon jetzt unter der Decke und reichen oft nicht ausreichend für den Lebensunterhalt. Zuvor gäbe es genügend Ansätze zum Sparen im eigenen Land verbunden mit einem Stopp von Geschenken an das Ausland. Und bei der Energiegewinnung sollte man mal den Physiker Tesla (nicht den Autobauer wie H. Habeck meinte) genauer studieren, um effizientere Lösungen anstelle des E-Autos finden. Es ist ein sehr weites und kompliziertes Thema, was mit schnellen und oft nicht durchdachten Forderungen einhergeht.

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Sebastian Scholz

15.02.2022, 18:30

Für gute Umweltpolitik und damit auch für den Naturschutz ist die Internalisierung der externen Kosten von großer Relevanz. Das UBA hat schon vor Jahren errechnet, dass eine Tonne CO2 Kosten in Höhe von etwa 180 Euro verusachen. Und diese Kosten werden aktuell von der Allgemeinheit getragen. Nach einer Verursacherlogik ist der CO2-Preis also immer noch viel zu niedrig. Wir müssen Emissionen mindern, nur so können wir den globalen Krisen, der Natur- und der Klimakrise, begegnen. Das sollte allerdings nicht dazu führen, dass die soziale Schere noch weiter aufgeht. Dazu, aber ebenso in den Feldern Mobilität undEnergieerzeugung, gibt es viele gut durchdachte Konzepte, die weit über schnelle Forderungen hinausgehen. Die Abkehr von fossilen Energieträgern ist ein wesentlicher Schlüssel in der Transformation des Energiesystems und des Transportsektors. Strom aus naturverträglichen erneuerbaren Energien wird künftig die dominierende Energiequelle in allen Sektoren darstellen, das ist schlichtweg die effizienteste Nutzung - da ist die Physik sehr eindeutig.

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