Es drohen schwache Umsetzungsmechanismen im Weltnaturabkommen  

Es drohen schwache Umsetzungsmechanismen im Weltnaturabkommen  

Die Biodiversitäts-Ziele der letzten Dekade wurden allesamt verfehlt. Das darf nicht wieder passieren. Um den Verlust der Biodiversität bis 2030 zu stoppen und umzukehren, braucht es neben messbaren Zielen in dem neuen Weltnaturabkommen einen konkreten Plan zur Umsetzung.

Was sind die Umsetzungsmechanismen und wie wird darüber verhandelt?

Im Kern besteht der Umsetzungsmechanismus aus vier Elementen: Planung, Überwachung, Berichterstattung und Prüfung. Diese finden sich in der „Section J“ des Abkommens, aber auch etwas versteckt mit deutlich größerer Detailtiefe in einem separaten Agenda Item und Dokument, das ebenfalls auf der COP15 verabschiedet werden soll. Hier wird genau geregelt, wann und wie die Vertragsstaaten ihre Nationalen Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne (NBSAPs) erneuern müssen, wann und wie sie darüber berichten sollen und wie die Länder durch Nachschärfen bei den Maßnahmen sicherstellen können, dass die Ziele nicht wieder verfehlt werden.

Verhandlungen zum Umsetzungsmechanismus auf der CBD COP15 in Montréal. Foto: M. Trapp

Für welche Länder hat die Umsetzung eine Priorität?

In ihrem Plädoyer sprach sich die EU-Delegation zum Start der Verhandlungen für messbare und zeitlich begrenzte Ziele, einen starken Umsetzungsrahmen und eine umfangreiche Finanzierung aus. Die EU und die Mitgliedstaaten seien bereit, mit allen Vertragsstaaten zusammenzuarbeiten und den Prozess der Verhandlungen zu beschleunigen, um eine ehrgeiziges Weltnaturabkommen zu verabschieden. Viele weitere Vertragsstaaten, darunter die Afrikanische Gruppe (AGN) und die Gruppe Lateinamerika/Karibik (GRULAC), schlossen sich den Forderungen an und betonten die große Bedeutung eines wirksamen Umsetzungsmechanismus.

In den Verhandlungen selbst war von dieser im Auftakt-Plenum bekundete Entschlossenheit jedoch nicht mehr viel zu spüren. Während sich Neuseeland, Norwegen und Gastgeberland Kanada intensiv für eine starke Umsetzung einsetzten, wirkte die Afrikanische Gruppe (AGN) zögerlich. Länder wie Brasilien und Argentinien treten in den Verhandlungen stark auf und wollen so wenig Verpflichtungen und so viel Flexibilität wie möglich. Auch wird die Verbindung zur Finanzierung vom Globalen Süden hergestellt: Ohne ausreichende Zusagen von finanziellen Mitteln keine Umsetzung der Ziele. Die EU vertritt eine starke Position, schafft es aber nicht immer, diese in den Verhandlungen auch durchzusetzen.

Ambitionslos und enttäuschend

Am Ende der Verhandlungsrunde blieb ein Entwurf, der es nicht erlaubt, Maßnahmen nachzuschärfen, wenn diese sich als zu schwach oder ungeeignet erweisen. Das könnte dazu führen, dass die Ziele des Weltnaturabkommen bis 2030 nicht erreicht werden, sogar wenn dies schon Jahre vorher absehbar ist.

Ähnlich besorgniserregend ist, dass viele Vertragsstaaten erst gar nicht bereit sind, die wichtigsten Schritte für den Umsetzungsmechanismus auszugestalten. So wollen viele Delegationen bereits am dritten Verhandlungstag die so drängenden Entscheidungen zum Umsetzungsmechanismus auf die kommende Weltnaturkonferenz 2024 verschieben. Einen inhaltlichen Grund dafür gibt es nicht.

Scheitern in Sicht? Was jetzt passieren muss

Ob abgeschwächter Mechanismus oder gar keine Einigung: Beides wäre ein großer Misserfolg für die Weltnaturkonferenz und würde den Schutz der Biodiversität auf das ohnehin niedrige Niveau des Strategieplans von 2011-2020 zurückwerfen.

Große Hoffnung liegt nun auf Umweltministerin Steffi Lemke. Sie hatte immer wieder betont, wie wichtig ein starker Umsetzungsmechanismus als Grundlage für ein erfolgreiches Weltnaturabkommen ist. Wenn die Umweltministerinnen und -minister zum sogenannten High-Level-Segment vom 15. Bis 17. Dezember zusammenkommen, wird sie sich hoffentlich für mehr Verbindlichkeit und eine gestärkte Umsetzungskomponente einsetzen. Denn nur wenn den vier Kernelementen Planung, Überwachung, Berichterstattung und Prüfung im Weltnaturabkommen Rechnung getragen wird, ist eine Trendumkehr beim Biodiversitätsverlust möglich.

Vom 7.12.-19.12.2022 findet in Montréal, Kanada, die 15. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD COP15) – kurz Weltnaturkonferenz – statt. Magdalene Trapp ist Teil der Delegation von BirdLife International. Für den NABU berichtet sie über die Verhandlungen – vor und hinter den Kulissen.

3 Kommentare

Yvonne Zimmermann

13.12.2022, 10:16

Herzlichen Danke für diese Berichterstattung, die einzige fortlaufende in deutscher Sprache, auch wenn der Bericht aus den Verhandlungen, wie befürchtet, nur wenig Anlass zur Hoffnung gibt.

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Sarah K

14.12.2022, 23:42

Das Massenartensterben ist die größte Krise dieses Planeten und somit auch der Menschheit - und wird so wenig beachtet wie kaum ein anderes Thema. Artensterben passiert überall, auch in Deutschland. Man kann es tagtäglich beobachten und steht trotz etlicher Gesetze hilflos daneben, wenn der Bauer sein Gift in der Natur herumspritzt, größenwahnsinnige Bürgermeister und Gemeinderäte rücksichtslos ein Baugebiet nach dem anderen ausweisen und Behörden durch unsägliche Großprojekte und Infrastrukturvorhaben selbst die letzten noch unangetasteten Schutzgebietsbereiche zerstören.

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HUBERT HOFFMANN

15.12.2022, 13:41

Wie immer interessieren die Belange des Volkes keine Regierung.in Deutschland wird aufgerüstet weil die USA das so will.F35 werden bestellt und sind erst 2028 startklar.Warum diesen Aufrüstungswahn nicht einstellen und die Mär vom Kalten Krieg beenden. Deutsche Regierung vertritt das Kapital und nicht uns das Volk ! E-Auto Wahn in Deutschland -das nächste Stromproblem. Kein Vertrauen in unsere Zukunft - kein Vertrauen zum korrupten Trio der Alt-Parteien.CDU,SPD und FDP für mich korrupt seit 1989. Das KLIMA hat keine Lobby im Bundestag !

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