BirdLife/EEB/NABU-Report: Schlechtes Zeugnis für 17 Strategiepläne der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 

 

Eine umfassende Auswertung von 17 Nationalen Strategieplänen der Gemeinsamen Agrarpolitik stellt der GAP-Reform ein schlechtes Zeugnis aus. Insgesamt sind zwar einige Verbesserungen im Umweltbereich erkennbar, sie reichen aber noch lange nicht für die notwendige Transformation des Sektors zur Erreichung nationaler und internationaler Umwelt- und Klimaschutzziele. Kurz gesagt: viel zu wenig, viel zu langsam. 

Die GAP-Reform wird am 01.01.2023 in Kraft treten und die vorherige Agrarpolitik mit den Cross-Compliance-Regelungen und dem Greening ablösen. Die Reform sieht auf den ersten Blick viel grüner aus als das alte System. Die genaue Betrachtung von BirdLife Europe, dem Europäischen Umweltbüro in Brüssel (EEB) und dem NABU Bundesverband zeigt jedoch, dass nicht alles grün ist, was glänzt. So wird der Großteil des Geldes (im Durchschnitt 49 Prozent) immer noch ohne nennenswerte Anforderungen an Klima- und Umweltschutz per Fläche an die Betriebe verteilt – dies führt im besten Fall zum Erhalt des Status Quo und im schlechtesten Fall zu einer weiteren Verschärfung der Umweltprobleme.

In unserer Auswertung wurden die Strategiepläne in folgenden Bereichen analysiert:

  1. Budget: Überblick über die Mitteverteilung, insbesondere für Umwelt- und Klimaleistungen
  2. Bereich Klima
    1. Maßnahmen zur Wiedervernässung/Nutzung von Mooren
    2. Maßnahmen zum nachhaltigen Umbau der Tierhaltung
  3. Bereich Biodiversität
    1. Maßnahmen unter dem strategischem Ziel 6 (Schutz der Biodiversität)
    2. GLÖZ 8: Flächen für die Artenvielfalt
    3. Erhalt von Dauergrünland
  4. Grundlagen der landwirtschaftlichen Produktion
    1. Boden
    2. Wasser
    3. Bestäuber

Im Folgenden werden einige der Ergebnisse dargestellt. Den ausführlichen Bericht finden Sie hier.

Budget

  • Die meisten Mitgliedstaaten werden nur wenig oder keine Gelder von der ersten Säule in die naturschutzfachlich bedeutsame zweite Säule umschichten. Gerade einmal in 9 Strategieplänen wird von dieser Option Gebrauch gemacht. Die hier einschlägige GAP Strategieplanverordnung ließe jedoch eine Umschichtung von 40 Prozent zu. Die Niederlande haben mit 15 Prozent den höchsten Satz gewählt. Deutschland startet mit 10 Prozent und endet 2028 bei 15 Prozent. Das ist immerhin schon mehr als doppelt so viel wie in der alten GAP-Förderperiode.
  • Im EU-weiten Durchschnitt sind 30 Prozent der Gelder zweckgebunden für Klima- und Umweltleistungen – genauso viel wie in der alten GAP-Förderperiode. Von einer Erhöhung des Budgets für Umweltleistungen kann also keine Rede sein. 

Bild 1: Die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft braucht dringend Lebensraum.

Klima

  • Für den dringend notwendigen Schutz von Mooren und Feuchtgebieten wurde ein neuer Standard (GLÖZ 2) in der Konditionalität eingeführt. Dies ist richtig und wichtig, denn landwirtschaftlich genutzte (entwässerte) Moore verursachen etwa 5 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in der EU. Insgesamt sind die Anforderungen viel zu gering ausgestaltet worden. In einigen Mitgliedstaaten wird eine weitere Entwässerung verlangsamt bzw. bedarf einer vorherigen Prüfung und Genehmigung. Die notwendige Wiedervernässung, die dazu führen würde, dass der Kohlenstoff gebunden bleibt, wird nicht gesetzliche vorgeschrieben, sondern bleibt freiwilligen Förderprogrammen überlassen.
  • Im Bereich Tierhaltung zeigt sich ein erschreckendes Bild. In den kommenden Jahren werden €17,4Mrd. als sogenannte „gekoppelte Einkommensstützung“ zum Erhalt des Tierhaltungssektors beitragen. Von diesem Budget gehen 70 Prozent direkt in die Produktion von Fleisch und Milch in die intensive Produktion. Negativ fällt insbesondere Wallonien auf, wo diese Subventionen 14 Prozent des gesamten GAP-Budgets ausmachen. Hier handelt es sich umweltpolitisch eindeutig um Fehlanreize, die so von der Kommission nicht hätten genehmigt werden dürfen. Denn gerade in diesem Bereich sind sowohl der Transformationsbedarf als auch das Einsparpotential an Treibhausgasen besonders hoch. Ein Abbau der Intensivtierhaltung führt zudem zu saubereren Gewässern und gesünderen Böden, vom Tierwohl ganz zu schweigen. Deutschland hat mit dieser Reform die gekoppelte Einkommensstützung eingeführt – allerdings nur für die Förderung extensiver Tierhaltung (Schafe, Ziegen, Mutterkühe), die bei Weidehaltung zum Erhalt von artenreichem Dauergrünland betragen kann. Dieses Budget ist sehr gering und ist in erster Linie als eine sozioökonomische Förderung ausgestaltet, um es den oftmals existenzbedrohten Betrieben überhaupt zu ermöglichen weiter zu bestehen. Aus naturschutzfachlicher Sicht eine gute Maßnahme.

Biodiversität

  • Eine sehr wichtige Maßnahme im Bereich zum Schutz der Artenvielfalt, ist die Einführung des GLÖZ 8 Standards. Hier müssen Betriebe einen Anteil (in Deutschland 4 Prozent) der Ackerfläche als Flächen für die Artenvielfalt aus der Produktion herausnehmen. Um den Rückgang der Artenvielfalt aufzuhalten bzw. zu stoppen, wären jedoch 10 Prozent mit diesen Lebensraumflächen (z.B. Hecken, Blühstreifen, Brachen, Gewässerrandstreifen) notwendig. In den Strategieplänen wird dieser angestrebte Anteil im Ergebnisindikator R.34 dargestellt:

Es ist unschwer zu erkennen, dass in keinem der untersuchten Strategiepläne ein Anteil von 10 Prozent erreicht werden wird. So wird für die Wiederherstellung der Artenvielfalt auch in den kommenden 5 Jahren kein ausreichender Beitrag durch die GAP geleistet. Besonders dramatisch ist jedoch, dass auch die Einführung des GLÖZ 8 Standards aufgrund des Ukrainekriegs um ein Jahr verschoben wurde und ab 2023 sich der Status der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft sogar noch einmal verschlechtern wird.

Ausblick GAP 2028

Mit Blick auf die nächste GAP-Förderperiode ab 2028 empfiehlt der Bericht den Abbau der nicht zielgerichteten Subventionen wie der Direktzahlungen in Form von Flächenprämien und der Zahlungen, die eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft unterstützen. Gefördert werden sollten vielmehr der Umbau zu einer klimaneutralen und biodiversitätsfördernden Landwirtschaft. Wichtig wird es auch sein, die GAP in eine umfassende nachhaltige Ernährungspolitik einzubinden. Denn nur durch Maßnahmen auf der Ebene der Erzeugung lassen sich die vielen Herausforderungen im Bereich Landnutzung, Ernährung und Gesundheit nicht lösen.

 

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