Wenn das Wasser kommt…

Liebe Blogleser*Innen,

sanft schaukelt die Hütte im Wind, das laute Tosen des Sturms dringt bis zu mir nach drinnen. Es herrscht Windstärke 7 mit Böen bis 9 Bft aus West. Mit Einsetzten des Sturmes bin ich aus dem Schlaf geschreckt, habe das Schaukeln und den prasselnden Regen gegen das Fenster genossen. Endlich Regen! Wie der Rest Deutschlands hat ihn auch Trischen dringend gebraucht.

Doch der Sturm hat auch Schattenseiten, denn er hat das Wasser gebracht. Mit Wasserständen zwischen 0,75 und 1,0m über MHW (Mittleres Hochwasser) wurde die Insel überflutet. Bereits die Nacht über müssen die Wasserstände hoch gewesen sein, doch mittags konnte ich live mit ansehen, wie das Wasser aus allen Richtungen näherkam.

Langsam, aber stetig lief das Wasser in die Priele, füllte diese aus, bahnte sich seinen Weg in die Salzwiese und kroch langsam auf mich zu. Auch von der Strandseite sah es nicht besser aus. Die Brandung prallte gegen die Sandbänke, schwappte über sie hinweg und begrub langsam den Strand unter sich, bis von diesem nichts mehr zu sehen war. Am Ende ragte fast nur noch die Dünenkette aus dem Wasser hervor, hier und dort waren noch ein paar Grashalme der Salzwiesen zu sehen.


Ein Glück hatte ich bereits am Vorabend alles in Sicherheit gebracht, was ich in Sicherheit bringen konnte: den Handkarren und den Holzklotz zum Holzspalten. Denn auch unter der Hütte stand das Wasser bis knapp über die unterste Treppenstufe.

Für die Küken und die Gelege konnte ich leider nichts tun. Traurig musste ich mit ansehen, wie die Lachmöwen und Seeschwalben über der Kolonie auf- und abflogen, teils noch mit Fischchen für die Küken im Schnabel. Ein Teil der Küken rettete sich in die Dünen, ein paar konnte ich schwimmend auf dem Wasser beobachten. Für die Großmöwen ein gefundenes Fressen. Sie schwammen umher und klaubten mal hier, mal dort ein Küken aus dem Wasser oder aus der Salzwiese.

Auch unter den Rastvögeln herrschte ein haltloses Durcheinander. Sie flogen von der einen Seite, auf die andere, ständig auf der Suche nach einem (halbwegs) trockenen Plätzchen. An der Süd- und der Nordspitze saßen, dicht an dicht, die Eiderenten. Der Rest musste sich mit den nur schwach gefluteten Bereichen der Salzwiese begnügen und immer weiter in Richtung Dünen flüchten.

Ich fühlte mich ein bisschen wie die Rastvögel. Ruhelos lief ich von der Hütte zum Strand und wieder zurück, kletterte auf den Turm und wieder herunter, wechselte zwischen Kamera und Spektiv hin und her – mit dem Unterschied, dass ich trockene Füße hatte sofern ich wollte. Am liebsten wäre ich in die Salzwiesen gelaufen und hätte so viele Küken wie möglich eingesammelt. Aber ich hielt mich zurück, denn vielleicht hätte ich mit meiner Rettungsaktion noch größeren Schaden angerichtet. Stattdessen stand ich hilflos an meinem erhöhten Standpunkt und schaute zu – war gleichzeitig traurig und beeindruckt von der Kraft des Wassers, welches sich unnachgiebig seinen Weg bahnte.

Ihre Melanie Theel