meine Untermieter

Liebe LeserInnen,

beim Bericht über die Brutvogelkartierung hatte ich ja bereits meine neuen Mitbewohner, die Rauchschwalben, erwähnt. Diese sind immer noch bei mir und füttern mittlerweile fleißig die Küken im Nest. Angefangen hat alles am 5. Juni. In der Zeit fliegen viele Rauchschwalben über Trischen hinweg. Aber an dem Tag hat sich ein Männchen entschieden an der Hütte zu bleiben. In den darauffolgenden Tagen hat er viel gesungen, vor allem wenn andere Schwalben auf der Insel ankamen. Die meisten aber flogen weiter Richtung Norden. Drei Tage später ist ein Weibchen dann geblieben. Gemeinsam inspizierten sie die Hütte. Und schon am 10. Juni konnte ich die Beiden mit Nistmaterial beobachten. Nur wenige Tage hat es gedauert, bis die Nisthilfe an der Hütte ausgepolstert war und die Eier bebrütet wurden.

 

In den ersten Julitagen sind die Küken geschlüpft und ich hatte Gelegenheit eine kleine Aufnahme zu machen:

bei der Brut

Mittlerweile sind die Küken schon richtig groß geworden. Vier Stück sind es und man kann in der folgenden Aufnahme gut erkennen, wie sich die Federn an den Flügeln aus den Federkielen schieben. Da kann es beim „sich strecken“ schon ganz schön eng im Nest werden!

Fütterung

 

 

Paraffin am Strand

Liebe LeserInnen,

vor einigen Wochen habe ich jede Menge Paraffinklumpen gefunden, die sich über den gesamten Spülsaum verteilten. Zeitgleich bekam ich eine Anfrage vom BSH (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) ob ich von Paraffinfunden auf Trischen Proben nehmen kann. Das habe ich gemacht und wollte wissen, was es mit diesem Paraffin denn eigentlich auf sich hat. Dazu habe ich Nicolas Fitz interviewt, der als Chemie-Ingenieur im Bereich der Ölforensik des BSH arbeitet.

Nicolas, was ist eigentlich genau Paraffin?

Bei Paraffinen handelt es sich um eine Substanzgruppe von Kohlenwasserstoffen, die aus Erdöl gewonnen wird. Wenn wir von den uns bekannten Meeresverschmutzungen über „Paraffin“ sprechen, meinen wir „Paraffinwachs“, also ein Substanzgemisch in fester Form. Wie auch bei den meisten Mineralölen, lässt die geringere Dichte sie auf Wasser schwimmen.

 

Wofür wird Paraffinwachs genutzt?

Paraffinwachs kann als ein chemischer Rohstoff betrachtet werden, der enorm viele Anwendungsgebiete bedient. Kerzen sind sicherlich die bekannteste Anwendung, doch auch in vielen weiteren Industrieprodukten, Lacken/Farben, Holzschutz/Beschichtungen bis hin zu kosmetischen oder medizinischen Zwecken wird Paraffin eingesetzt.

 

Woher kommen die Paraffinbrocken am Trischener Strand?

Durch die oben beschriebenen vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten, plus durch den weltweit steigenden Konsum, entsteht eine sehr große Nachfrage nach diesem Rohstoff. Paraffin wird deshalb in großen Mengen in Chemikalien-Tankern transportiert und landet in den entsprechenden Häfen bei uns an, so auch z.B. in Hamburg.

Die Tanks der Schiffe müssen, wenn ein anderes chemisches Produkt transportiert werden soll, gereinigt werden. Das mit Paraffinwachs beladene Waschwasser wurde bisher auf offener See gelenzt. So gelangt Paraffinwachs in die Umwelt, verdriftet und landet auf diesem Wege auch im Spülsaum auf Trischen.

Ziel ist es anhand von Proben zu ermitteln woher das Paraffin kommt. Wie muss ich mir das vorstellen?

Im Falle von Mineralöl und dessen Produkten schauen wir auf eine große Gruppe chemischer Markersubstanzen. Diese bilden einen sehr charakteristischen Fingerabdruck des Öls. Dieses Vorgehen ist Teil der Ölforensik.

Im Falle von Paraffinwachs funktioniert das nicht in vergleichbarer Weise. Während der Herstellung des Paraffinwachses in der Raffinerie werden zu viele dieser Marker entfernt oder verfälscht. Eine Zuordnung analog zum Öl ist damit nicht möglich. Ein Verfahren für die Identifizierung von Paraffinwachs befindet sich noch in der Entwicklung. Wir arbeiten dran.

 

Ich habe immer gedacht das Einleiten von Paraffin auf offener See sei illegal?

Die maßgebliche gesetzliche Grundlage bildet das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL-Übereinkommen). Hier ist das Einleiten von Tankwaschwässern, unter bestimmten Bedingungen, nicht verboten.

Dieses Übereinkommen wurde zum 01.01.2021 verschärft. Kernpunkt der Verschärfung ist, dass die 1. Tankwaschung nach der Entladung nun im Hafen zur Entsorgung abgegeben werden muss. Es ist richtig anzunehmen, dass in dieser die größte Menge an Ladungsrückständen verbleibt. Und damit der Eintrag von Paraffinwachs in die Meeresumwelt sehr stark reduziert werden kann.

Kann Paraffin negative Auswirkungen auf die Meeresorganismen haben?

Reine Paraffine besitzen zunächst einmal keine akute Toxizität. Sie sind aber ein Fremdsubstrat in der Umwelt, was da nicht hingehört. Das Problem liegt eher in den „Begleitsubstanzen“. Paraffin als Rohprodukt kann noch problematische Substanzen aus dem Rohöl enthalten, aus welchem es gewonnen wurde. Ein weiterer Punkt sind die Chemikalien, die – erlaubt oder unerlaubt – zur Reinigung der Tanks eingesetzt wurden.

Die Unabhängige Umweltexpertengruppe des Havariekommandos (UEG) schrieb 2014 in ihrer Stellungnahme dazu:

In Tankschiffen werden vor allem industrielle Rohprodukte befördert, die meist keinen hohen chemischen Reinheitsgrad besitzen. So stammen die „Verunreinigungen“ der Paraffine mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aus dem Gewinnungsprozess der Paraffine. Diese Verunreinigungen können in Konzentrationen auftreten, die für sich ein Risiko für Mensch und Umwelt darstellen können.

Generell sollte also IMMER Vorsicht geboten sein bei solchen Funden. Auch wenn es wie Paraffinwachs aussieht, muss es das nicht sein! Das heißt, man sollte es nicht aufsammeln.

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/M/meeresschutz/Downloads/paraffin.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Vielen Dank, Nicolas Fitz, für die aufschlussreichen und ausführlichen Antworten. Und wie so oft, werfen Antworten wiederum neue Fragen auf: Wo kommt in meinem Haushalt Paraffin zum Einsatz? Wo und wie könnte ich es vermeiden? Welche Alternativen gibt es?

Und für jetzt hoffe ich erstmal, dass ich keine weiteren Verschmutzungen mit Paraffin finden werde.

 

Nest frei!

„Freies Nest mit Meerblick an handwerklich versiertes Vogelpaar zu vergeben. Wegen Wasserschaden sind einige Ausbesserungen nötig, aber die Grundsubstanz des Nestes ist gut erhalten. Das Nest liegt günstig, nur wenige Meter von nahrungsreichen Wattflächen entfernt“. So in etwa würde sich wohl die Annonce lesen, wenn es in der Vogelwelt eine Zeitung gäbe.

Was sich hier wie ein Scherz liest, passiert aber tatsächlich.

 

Die Geschichte dazu

Am 12. Juni kam es auf Trischen zu erhöhten Wasserständen von + 0,5 Metern über dem sogenannten Mittleren Tidehochwasser (MTHW). Das hohe Wasser führte zu dramatischen Ereignissen, welche ich von der Hütte aus beobachten konnte. Ich sah, wie Austernfischer und Flussseeschwalben ihre Nester, bzw. die darin befindlichen Eier verloren.

Die noch kleinen Küken der Rotschenkel sammelten sich derweil auf höheren Gras-Bulten. Diese Bulten würden aber auch bald unter Wasser sein, da es zu dem Zeitpunkt noch 40 Minuten bis zum Hochwasser dauerte und das Wasser stieg und stieg. Für mich persönlich war das ein ganz schön schwerer Moment, denn auf meinen beiden Schultern saßen plötzlich Engelchen und Teufelchen. Der eine sagte: “Schnapp dir schnell einen Jutebeutel und rette die Küken vor dem Ertrinken!“. Der andere sagte: „Nein tu das nicht. Du wirst sie noch weiter ins Wasser scheuchen und alles nur noch schlimmer machen!“. Hin- und hergerissen habe ich mich für Letzteres entschieden: Natur Natur sein lassen. Eine gute Entscheidung, da die Küken – erst eines, dann alle weiteren – unter lauten Rufen der Elternvögel sich tapfer durch das Wasser in die höhere Salzwiese gekämpft haben. Und dann war endlich Hochwasser erreicht und das Schlimmste überstanden.

 

 

Immer wieder kam und kommt es an der Nordseeküste zu kleinen sommerlichen Sturmfluten. Die Brutvögel der Strände und Salzwiesen reagieren darauf natürlicherweise mit Nachgelegen, um den Verlust auszugleichen. Es ist jedoch bekannt, dass es (bedingt durch den Klimawandel) immer häufiger zu Sommersturmfluten kommen wird. Eine Tatsache, die wir schon heute beobachten können. Diese Ereignisse können im schlimmsten Fall zu einem Totalausfall einer ganzen Brutsaison führen, vor allem wenn die Küken bereits geschlüpft sind und die Flut nicht überleben. Darüber ob und ab wann sich diese Veränderungen auf ganze Vogelpopulationen auswirken, kann man nur vermuten.

Nun blieben die beiden Nester von Austernfischer und Flussseeschwalbe also leer und verlassen zurück. Aber siehe da: Bald schon hatten die Austernfischer in genau die gleiche Nestmulde wieder drei Eier gelegt. Und in der Nestmulde der Flussseeschwalbe hatten sich Lachmöwen neu eingerichtet. Die Mulde wurde vorab noch etwas aufgepolstert und los ging es mit der Brut. Schauen Sie auf den Bildern bei der Seeschwalbe und der Lachmöwe mal genau hin. Sie können eine kleine Nestmarkierung (ein kleiner Holzpfahl) entdecken die zeigt das es sich um ein und dasselbe Nest handelt. Nun hoffe ich, dass das Wasser bis zum Spätsommer nicht mehr so hoch aufläuft und die beiden Vogelpaare erfolgreich ihre Brut beenden können.

 

 

historischer Fund?

Liebe LeserInnen,

vielleicht haben Sie auch schon mal etwas gefunden, was so ein bisschen wie ein Schatz war. Irgendwas Altes oder vielleicht Wertvolles? Aufregend, wenn man entdeckt das man etwas Spannendes gefunden hat.

So ein unberührter Strand wie auf Trischen bietet mir quasi mit jeder Tide neue Gelegenheit etwas Interessantes zu finden. Die meisten Dinge gehören natürlich eher der Kategorie Müll an, der auch manchmal spannend, aber weniger wie ein Schatz ist.

Heute möchte ich Ihnen ein paar „historische“ Strandfunde vorstellen, welche aus Metall sind.

Da gibt es zwei Gefäße, welche vermutlich mal einfache Konservendosen waren. Das Metall ist im Laufe der Jahre so stark aufgeblüht das die Dosen kaum noch zu erkennen sind. Ebenfalls aus dem Haushalt stammt das Bügel- oder Plätteisen, welches durch eine Schnur mit der Schere verbunden war. Auch wenn damit nicht mehr gebügelt oder geschnitten werden kann sind sie noch gut zu erkennen.

 

Auch in die Bügelflasche wird wohl nie wieder etwas eingefüllt werden. Hinzu kommen noch eine Harke und diverse Metallplatten welche vermutlich von alten Öfen stammen. Die runde Metallplatte scheint mal in einer Küchenhexe gelegen zu haben – aber da bin ich mir nicht so sicher.

 

Und Gestern habe ich kurz vor dem Dünenübergang zur Hütte ein 5-Mark-Stück von 1951 gefunden. Die Vorderseite ist noch gut lesbar, nur die Rückseite ist unkenntlich geworden. Das war mein bisher bester Fund aus dem Bereich Metall. Wertlos zwar, aber das ist egal. Denn irgendwie hat die Münze schon einen Hauch von „historisch“ an sich. Die schafft es jedenfalls ins Regal statt in den Mülleimer.

 

 

 

Wer brütet denn da?

Liebe LeserInnen,

es wurde in der Vergangenheit schon öfter über das Kartieren von Brutvögeln geschrieben. Dennoch möchte ich hier die vorläufigen Ergebnisse für diese Saison vorstellen, zumal die Brutvogelkartierung eine der zentralen Aufgaben im Frühjahr ist.

Ganz grob teilen sich die Brutvögel in zwei Gruppen: Koloniebrüter und Einzelbrüter.

Zu den Koloniebrütern gehören auf Trischen die Kormorane, Löffler, Seeschwalben und Möwen. Eher einzeln brüten dagegen Feldlerchen, Wiesenpieper, Austernfischer und Rotschenkel. Entsprechend verschieden sind dann auch die Methoden, wie diese Arten erfasst werden.

Die Koloniebrüter werden oft anhand von Fotos von auffliegenden Vögeln, Luftbildern (z.B. Drohne) oder Nesterzählungen ausgewertet. Oder es werden einfach alle Vögel gezählt und anschließend mit dem Korrekturfaktor 0,7 multipliziert, was dann die Brutpaarzahl ergibt.

Für die Einzelbrüter, welche hier vor allem in den Salzwiesen brüten, gehe ich die Fläche ab und notiere die einzelnen Brutpaare.

In vielfacher Hinsicht ein herausforderndes Unternehmen. Zum einen brüten auf Trischen sehr viele Vögel und zum anderen ist das Gelände unübersichtlich und teilweise schwer zu begehen. Man kommt nicht drum herum einige der vielen tiefen und schlickigen Priele, welche die Salzwiesen durchziehen, zu durchqueren.

 

Spannend war auch zu sehen, wie viele der alten Siedlungsspuren noch in den Salzwiesen erkennbar sind. Alte Schafdämme und Grüppen, das sind aufgeworfene erhöhte längliche Kuppen, sind heute noch gut zu erkennen. Aber dazu ein anderes Mal mehr. Hier noch eine Übersicht der Verteilung und eine Liste für ein paar ausgewählte Arten:

Kormoran 119 Nester

Löffler 179 Nester

Nonnengans 25

Sandregenpfeifer 3

Austernfischer 72

Rotschenkel 77

Lachmöwe 383

Sturmmöwe 26

Heringsmöwe 1702

Silbermöwe 1298

Mantelmöwe 9

Flussseeschwalbe 267

Küstenseeschwalbe 7

Zwergseeschwalbe 15

Feldlerche 31

Wiesenpieper 39

Rauchschwalbe 1

Ja, Sie haben richtig gelesen. Ein Brutpaar Rauchschwalben habe ich kartiert. Da ist ja klar wo die wohl brüten. Seit einigen Tagen habe ich nämlich neue Mitbewohner bekommen! Die stelle ich demnächst aber noch einmal ausführlich vor.