Kann es wirklich Liebe sein? – Vogelbalz auf Trischen, Teil 4

Zugegebenermaßen personifiziert der ein oder andere Beitrag die Vögel auf Trischen sehr stark. Das ist kein Ausdruck meiner Einsamkeit, sondern vielmehr glaube ich, so vielen Menschen einen Zugang zu der faszinierenden Vogelwelt geben zu können.

Dennoch fragt sich wohl mancher, ob es so etwas wie „Liebe“ oder „Treue“ denn im Tierreich überhaupt gebe. Nun, diese Frage ist von philosophischer Natur. Ihre Antwort lautet nicht „Ja“ oder „Nein“ und wird sicher stark davon abhängen, wen man fragt. Wird diese Frage gestellt, darf man sich nicht davor scheuen, diese Begriffe aber auch generell in Frage zu stellen.

Aus einer strikt evolutionsbiologischen Sicht handelt es sich um Fortpflanzungsverhalten, das sich im Laufe der Evolution so ergeben und etabliert hat. Bei den jeweiligen Lebewesen hat es die Funktion, möglichst erfolgreich zu reproduzieren. Es erhält bzw. entwickelt sich dabei über tausende von Generationen in einem sich häufig selbst aufrechterhaltenden und verstärkenden Prozess.

Dieser ausgeklügelte Zusammenhang zwischen Umwelt, Erbgut, Verhalten und Reproduktionserfolg hat letztlich bei uns Menschen den gleichen Hintergrund wie bei den anderen Tieren (von der kulturellen Evolution einmal abgesehen). Diejenigen Gene und dasjenige Verhalten mit einem selektiven Vorteil bleiben bestehen oder setzen sich durch. Dabei gibt es nicht die non plus ultra Strategie sondern viele verschiedene. Es geht also für das Individuum und seine Gene bloß darum, zu überleben, Ressourcen für sich und den Nachwuchs zu sichern und Konkurrenten abzuwehren. So wirkt Evolution, getrieben von Selektion, Mutation und Rekombination.

Das mag unromantisch klingen, aber wie wir am besten wissen, ist es das im Endeffekt eigentlich nicht. Dann nennen wir es doch einfach „Liebe“; ein Glück ist uns die evolutionsbiologische Theorie dahinter nicht andauernd bewusst.

Im Bezug auf die Vögel auf Trischen bleibt letztlich eigentlich nur noch eine Frage zu klären:

Erkennen wir uns in den Vögeln, oder die Vögel in uns?

Jonas

Naturschutzwart Trischen 2018