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Möwen mit Geschichte

Auf Trischen brüten in etwa 3.000 Brutpaare von Möwen. Die beiden häufigsten Möwenarten sind dabei die Silber- und Heringsmöwe. Wie bei allen Brutvögeln im Nationalpark, zählen wir die Brutpaare der Möwen um frühzeitig zu bemerken ob sich die Bestände verändern. Das ist eine sehr gute Sache. Aber trotzdem bleiben viele Fragen offen: Wie alt werden die Vögel? Wie gut überleben sie das kritische Kükenalter? Welche Gebiete in Schleswig-Holstein oder Europa suchen sie auf? Kehren die Jungvögel wieder in das Brutgebiet zurück, in dem sie geschlüpft sind?

Solche und weitere Fragen können mit Hilfe der Vogelberingung beantwortet werden. Vogelberingung gibt es schon seit dem Jahr 1900. Dem gefangenen Vogel wird dabei ein Metallring ums Bein gelegt. Diesem Ring ist eine individuelle Nummer eingestanzt und schadet dem Vogel nicht. Es gibt entsprechend große Stahlringe für große Vögel (z.B. Seeadler oder Störche) und ganz kleine und leichte Aluringe für die ganz Kleinen (z.B. Meisen oder Rotkehlchen).

In den letzten Jahrzehnten kamen dann noch Kunststoffringe hinzu. Diese haben den großen Vorteil, dass die Ringkennung mit dem Fernglas oder einer guten Fotokamera aus der Ferne abgelesen werden kann, ohne den Vogel dafür zu fangen oder zu stören. Auf diese Weise werden manche Vögel über viele Jahre immer wieder abgelesen. Jede Ablesung bringt uns dabei weitere Erkenntnisse über das Leben der Vögel. Sie erzählen uns quasi ihre eigene Geschichte.

 

Möwenberingung auf Trischen

Nun wurden vor einigen Tagen auf Trischen etwa 400 Küken der Silber- und Heringsmöwen mit eben diesen Farbringen ausgestattet. Die Organisation übernimmt dabei die Nationalparkverwaltung in Absprache mit der Vogelwarte Helgoland. Ich habe in den Tagen nach der Beringung die Küken am Strand beobachtet und sie dort quasi das erste Mal abgelesen. Jetzt bin ich sehr gespannt, wo diese Vögel jetzt überall wiedergesehen werden.

Möwen am Strand – eine ist beringt.

 

Vielleicht entdecken Sie beim nächsten Besuch an der Nord- oder Ostseeküste ja auch eine beringte Möwe. Melden sie diese gerne an die Vogelwarte Helgoland oder geben sie dem örtlichen Naturschutzverband Bescheid! Denn jede Ablesung hilft bei der Beantwortung wichtiger Fragen in der Vogelforschung.

Viel Spaß beim beobachten!

Es ist Sommer

Es ist schon eine ganze Weile her das ich von Trischen berichtet habe. Wie schön, dass Sie nach wie vor dabei sind und dem Blog treu bleiben! Ich war selber eine Weile auf dem Festland und bin nun glücklich wieder einige Tage auf der Insel zu verbringen.

Seit meinem letzten Inselaufenthalt hat sich einiges verändert. Die Küken der Möwen und Seeschwalben sind inzwischen groß geworden, manche können sogar schon richtig gut fliegen. Die Salzwiesen und Dünen sind mir allerdings als erstes ins Auge gefallen, denn sie erstrahlen jetzt in bunten Farben. Vor allem der Halligflieder durchzieht weite Teile der Salzwiese in zartem Violett. Und überall dazwischen strecken die Salzwiesenpflanzen ihre Blüten in den Himmel. Diese Blütenpracht zieht viele Insekten an. Überall fliegen plötzlich Falter und Heuschrecken auf, wenn ich von der Hütte durch die Wiese zum Dünenübergang laufe. Etliche Fliegen, Ameisen und Schwebfliegen umkreisen die Hütte. Verschiedenste Käfer huschen davon, sobald ich versuche mich ihnen zu nähern.

Es ist auf Trischen richtig sommerlich geworden

Auch die Geräuschkulisse hat sich stark verändert. Vor kurzem haben noch die Rotschenkel den Ton angegeben. Jetzt dominieren abends, wenn die Vögel und auch der Wind etwas zur Ruhe gekommen sind die Heuschrecken. Die Luft ist erfüllt von ihrem zirpen und surren.

Also habe ich mich mal ein bisschen auf die Suche gemacht und habe auf Anhieb drei verschiedene Heuschrecken gefunden. Der Weißrandige Grashüpfer, Roesels Beißschrecke und die Kurzflüglige Schwertschrecke.

 

 

Diese drei Arten habe ich sogleich an die FÖAG gemeldet. Die arbeiten nämlich an einem neuen Atlas für Heuschrecken in Schleswig-Holstein. Also, liebe LeserInnen aus Schleswig-Holstein, wenn auch Sie sich auf die Suche nach Heuschrecken in Ihrer Nähe machen möchten, dann schauen Sie doch einfach mal hier.

Und Allen LeserInnen sende ich viele Grüße von Trischen und wünsche Ihnen schöne Heuschreckenkonzerte an ruhigen Sommerabenden!

Hightech auf Trischen

Bis vor wenigen Jahren wurden die Brutvögel im Nationalpark Wattenmeer ausschließlich durch VogelwartInnen, amtliche oder ehrenamtliche OrnithologInnen erfasst. Nicht immer eine einfach Aufgabe, vor allem wenn es um große Vogelkolonien geht. Diese großen Brutkolonien werden vor allem von Möwen, Seeschwalben, Kormoranen und Löfflern gebildet. Zudem sind eben diese Kolonien oft in Gebieten, welche schlecht zu erreichen und einzusehen sind. Für genau diese Standorte wird seit einigen Jahren eine Technik erprobt, welche die Vogelzählung vereinfachen soll. Eine Drohne fotografiert diese Vögel aus der Luft. Anschließend werden die Fotos am Computer angeschaut und die Brutpaare ausgezählt.

noch ist die Drohne am Boden

 

Werden Drohnen in der Nähe von brütenden und rastenden Vögeln fahrlässig eingesetzt, können sie große Störungen verursachen. Die Vögel können nicht unterscheiden ob es sich um einen Greifvogel handelt, oder ob es eben „nur“ eine Drohne ist. Deshalb ist das fliegen lassen von Drohnen an den meisten Stellen nicht erlaubt.

Auf Trischen und an den anderen Koloniestandorten im Nationalpark wird die professionelle Erfassung durch die Drohne deshalb auch intensiv wissenschaftlich begleitet, um ihre Wirkung auf die Vögel zu untersuchen.

Auf Trischen war es dann vor Kurzem soweit. Zwei Mitarbeiter von BioConsult waren mit mir auf Trischen um dort die Möwen, Kormorane und Löffler zu befliegen. Die Drohne ist insgesamt drei Mal in die Luft gegangen. In 70 Meter Höhe hat sie sie Insel in geraden Bahnen überflogen und dabei über 3.000 Fotos gemacht!

Ich selber habe während der Flüge ein Protokoll von der Hütte aus erstellt und genau notiert welche Vögel wie reagierten. Insgesamt war die Störung recht gering. Einige Austernfischer flogen für einige Minuten hinter der Drohne her, Möwen und Kormorane sind dagegen nur kurz in die Luft gegangen und haben sich auch gleich wieder hingesetzt. Nun warte ich gespannt was die Drohne fotografiert hat und wie viele Brutpaare ausgezählt werden.

 

Trotz der technischen Zählung werde ich die Tiere auf Trischen natürlich weiter beobachten. Denn viele Erkenntnisse, welche ich im Gebiet erlange, können durch die Drohne nicht ersetzt werden. Der Bruterfolg zum Beispiel, also wie viele Küken flügge werden oder eben kleine Vogelarten oder versteckt brütende Arten. Und so werden künftig wohl auch weiterhin VogelwartInnen und VogelzählerInnen im Nationalpark Brutvögel erfassen, so wie es eben schon immer gemacht wurde.

Mein sympathischer Nachbar

Jetzt, in den ersten Junitagen, bekommen viele Vogelarten auf Trischen ihren Nachwuchs. In den letzten Tagen konnte ich schon erste Familien von Austernfischern im Watt beobachten. Auch die Möwenküken schlüpfen in diesen Tagen und die Küken der Löffler sind zum Teil schon richtig groß.

Rund um die Vogelwärterhütte fällt jedoch eine Vogelart ganz besonders auf: der Rotschenkel.

früh morgens am Dünenübergang

In direkter Nachbarschaft zur Hütte haben sie ihre Nester angelegt, so dass ich sie dort jeden Tag intensiv beobachten konnte. In den letzten Tagen habe ich endlich auch die „Kleinen“ durch das Gras huschen sehen. Damit die Elternvögel den Überblick behalten nutzen sie alle hohen Ansitzwarten, die ihnen zur Verfügung stehen. Da die höchste Ansitzwarte die Vogelwärterhütte selbst ist, sitzen sie auch regelmäßig direkt vor dem Fenster oder an der Treppe. Von hier oben können sie sehen, wo die Küken sich aufhalten oder ob sich eine Gefahr nähert. Und ich selber kann diese zarten Vögel auf den Sitzwarten wunderbar beobachten.

Durch anhaltendes Rufen führen sie ihre Küken durch die Salzwiese oder warnen sie bei Gefahr. Dieses Rufen fängt jeden Tag pünktlich zu Sonnenaufgang an. Einen Wecker benötige ich somit meistens nicht.

Die Küken sind sogenannte Nestflüchter. Das bedeutet, dass sie kurz nach dem Schlupf laufen und auch selbständig nach Nahrung suchen können. Meistens legen Rotschenkel vier Eier, im Abstand von 2 Tagen. Damit die Küken aber alle gleichzeitig schlüpfen, fängt das Weibchen erst mit dem vierten Ei an zu brüten. Ansonsten würden die älteren Küken schon davonlaufen, während das zuletzt gelegte Ei noch gar nicht geschlüpft wäre.

Dieses Jahr ist für die Rotschenkel auf Trischen ein gutes Jahr. Viele Familien sind unterwegs und sobald sich eine Möwe nähert fliegen etliche laut rufende Rotschenkel hinter ihr her, bis sie sich wieder davon machen. Je mehr Vögel an einem Ort brüten, desto besser funktioniert eben auch die Feindabwehr.

Das ist schön zu beobachten und so nehme ich den frühmorgendlichen Wecker auch gerne an.

1,2,3, ganz Viele…

Eine zentrale Aufgabe einer Vogelwartin ist, na klar, Vögel beobachten und dokumentieren. Das mache ich natürlich nicht einfach so nach Lust und Laune, sondern habe da genaue Vorgaben.

Nicht nur auf Trischen, sondern an ganz vielen Stellen im Wattenmeer werden zum Beispiel regelmäßig rastende Vögel erfasst. Das ist eine nicht ganz leichte Übung, denn hier gibt es vor allem im Frühjahr und im Herbst wirklich viele Vögel zu zählen. Diese nutzen die nahrungsreichen Wattflächen, um auf dem Zug zwischen ihren Winter- und Brutgebieten „aufzutanken“. Viele Vögel verbringen den Winter an der Westküste Afrikas. Im Frühjahr fliegen sie von dort aus zu uns ins Wattenmeer. Sie legen dabei hunderte oder gar tausende Kilometer zurück. Im Wattenmeer bleiben sie für einige Wochen, um sich mit Muscheln, Schnecken und Würmern ordentliche Fettpolster anzufressen. Diese brauchen sie, für den anstrengenden Weiterflug nach Norden. Für die Brut fliegen manche Vögel nämlich bis in die Tundragebiete im Norden Skandinaviens oder Russlands. Nach der Brut geht ihre Reise dann umgekehrt wieder zurück, so dass wir im Herbst wiederum viele Rastvögel bei uns beobachten können.

Ohne Rastplatz wäre so eine lange Reise für die Vögel nicht zu schaffen. Für sie ist ein intaktes Wattenmeer mit reichlich Nahrung überlebensnotwendig. Gut, dass es als Nationalpark und Weltnaturerbe geschützt ist.

Also plane ich meine erste Rastvogelzählung für Trischen und greife dazu erst einmal zum Tidenkalender. Ich schaue nach, wann Hochwasser ist. Denn bei Niedrigwasser tummeln sich die Vögel auf den weiten Wattflächen um zu fressen. Erst die aufkommende Flut zwingt sie, sich auf den Rastplätzen zu versammeln. Hier kann ich sie dann zählen.

Anfänglich geht die Zählung gut los. Gut zu erkennen sind die großen Brachvögel und die auffälligen Kiebitzregenpfeifer. Dann mache ich mich an die kleineren Vogelarten wie Sandregenpfeifer und Alpenstrandläufer. Da wird es schon etwas schwieriger. Zudem kommt das Wasser schneller in die Bucht gelaufen als ich erwartet habe. Ich muss mich schon ganz schön beeilen. Ich bin noch nicht ganz fertig, wird es in der Gruppe plötzlich unruhig und größere Schwärme fliegen hoch und auf die andere Seite der Insel aus meinem Blickfeld heraus.

„Na toll. Das war wohl nichts!“.

Also nehme ich mir wieder den Tidenkalender und plane eine neue Zählung am Abend. Diesmal bin ich schlauer und fange früher an. Und so klappt es diesmal auch schon viel besser. Etwa 5.000 Vögel habe ich an dem Abend gezählt. Ein kleiner Einblick, wenn man bedenkt das im Wattenmeer jährlich Millionen von Zugvögeln Rast machen. Dennoch sind die Zählungen wichtig, um Veränderungen in den Vogelbeständen frühzeitig zu erkennen. Nur so können wir wissen, ob es der Vogelwelt im Wattenmeer gut geht.

Weitere Informationen zu Rastvögeln im Wattenmeer…