Eine (See)schwalbe macht noch keinen Sommer
Die ersten Wochen meines Aufenthalts auf Trischen war ich zugegebenermaßen äußerst sonnenverwöhnt, was den Start natürlich erleichterte. Ein ungewöhnlich trockener, klarer April bescherte mir viele milde Tage und viele Sonnenstunden. Doch letzte Woche kam er endlich – der langersehnte Regen. Es wurde grau, nass und windig. Ein Wetter, bei dem sich selbst eine Naturschutzwartin überwinden muss, die gut eingeheizte Hütte zu verlassen.
Doch die Überwindung lohnte sich, wie so oft hier draußen. Letzten Sonntag vernahm ich das erste „kiääh“ einer Flussseeschwalbe – ein Laut, der mir ein breites Lächeln ins Gesicht zauberte. Nicht nur, weil die eleganten Seeschwalben meine Lieblings-Artengruppe unter den Vögeln ist, sondern auch weil damit eine weitere Brutvogelart auf Trischen angekommen ist.
Ich richtete sofort meinen Blick gen Himmel – und da waren sie: anmutig jagten sie Fische über einem der Priele südwestlich der Insel. Ihr geschickter Flug, das schnelle Wenden, das plötzliches Stürzen aufs Wasser – ein Schauspiel, das ich stundenlang beobachten könnte.

Endlich Angekommen: Zwei Flussseeschwalben auf Trischen
Gestern folgte dann der nächste erfreuliche Moment: Die ersten Zwergseeschwalben trafen auf Trischen ein. Wie der Name schon vermuten lässt unsere kleinste Seeschwalbe. Auch sie gehören zu den Brutvögeln der Insel. Also doch: Die Brutsaison auf Trischen beginnt – oder besser gesagt, sie ist schon in vollem Gange.
Während die Seeschwalben noch mit waghalsigen Balzflügen um Partner werben und sich gegenseitig kleine Fische als „Hochzeitsgeschenke“ überreichen, sind andere Arten längst einen Schritt weiter. Die Graugänse brüten bereits fleißig, und auch beim Sandregenpfeifer geht es voran: Letzte Woche entdeckte ich zufällig ein Gelege mit vier Eiern, nur etwa 50 Meter von meiner Hütte entfernt. Ein „richtiges“ Nest bauen die kleinen Sandregenpfeifer nicht, sie formen lediglich eine Mulde in den Sand und legen ihre Eier hinein. Dieses Sandregenpfeifer-Paar hat seine Nistmulde unter einer „Haube“ aus altem Gras angelegt, sodass es gut geschützt ist vor Wind, Regen und Sonne.

Ein Sandregenpfeifer auf Nahrungssuche

Gelege des Sandregenpfeifers
Die Brutvögel des Wattenmeers sind allesamt Bodenbrüter und damit vielen Gefahren ausgesetzt: Sturmfluten, Nesträuber und Störungen durch Menschen und freilaufende Hunde gefährden Nester und Küken. Doch Trischen bietet einen entscheidenden Vorteil: Viele der Gefahren und Störfaktoren bleiben außen vor. Störungen durch den Menschen oder Bodenräuber wie Füchse, Marderhunde oder Wanderratten gibt es hier nicht. Vor allem letzteres macht ihren Artgenossen an der Küste das Leben schwer und sorgt für große Verluste.
Natürlich kann auch Trischen keinen vollständigen Schutz bieten, denn vor Sommerhochwassern und hungrigen Möwen sind die Gelege und Küken hier auch nicht sicher, aber die Chancen für eine erfolgreiche Brutsaison stehen gut.
Und auch wenn eine (See)schwalbe noch keinen Sommer macht – sie zeigt uns doch: Es geht los!
Ich freue mich auf die kommenden Monate, auf viele Küken, flinke Jungvögel und hoffentlich viele erfolgreiche Bruten. Drücken wir gemeinsam die Daumen, dass das Wetter mitspielt, die Sturmfluten zur Brutzeit ausbleiben und am Ende des Sommers viel Nachwuchs die Insel verlassen wird.
Bis bald, eure
Mareike Espenschied