NABU-GAP-Ticker: Trilog der Superlative

Brüssel, 20.05.2021. Noch immer laufen die Verhandlungen zwischen EU Parlament, Agrarministerrat und EU Kommission zur finalen Ausgestaltung des europäischen Rahmens der künftigen GAP. Auf diesen sgn. Trilogen baut am Ende die nationale Umsetzung durch die Strategiepläne etwa in Deutschland auf, welche momentan parallel im Bundestag diskutiert wird. Inzwischen gab es mehrere Verhandlungsrunden und eine Vielzahl von technischen Arbeitsgruppen, Trilogen, politischen Trilogen und Super-Trilogen konnte eine Einigung noch nicht herbeiführen (siehe hier). Nun soll es die nächste Superlative richten, in Form eines (in den Worten des EU-Agrarkommissars Wojciechowski) Jumbo-Trilogs vom 25. bis 26.Mai. Inzwischen ist der Zeitdruck so groß, dass es dieses Mal tatsächlich klappen könnte, auch weil die EU Agrarminister persönlich anwesend sein werden, um die Verhandlungen zu begleiten.

Wo hakt es noch?

Davor bleiben jedoch noch einige Streitpunkte zur Klärung, für welche die Verhandler bisher keine Lösung finden konnten. Die zwei größten Problemfälle bleiben weiterhin die sgn. Konditionalität und hier vor allem die Frage wie viel Fruchtfolge in Zukunft verpflichtend sein soll. Auch die Antwort auf die Frage, welchen Anteil ihrer Fläche Empfänger von GAP Geldern zukünftig für den Naturschutz verpflichtend zur Verfügung stellen müssen, steht noch aus. Daneben ist auch noch ungeklärt, wie viel Geld die Mitgliedstaaten für freiwillige Umweltleistungen, etwa in Form von Öko-Regelungen in der 1. Säule bereitstellen müssen. Je höher der Prozentsatz, desto geringer würden künftig die pauschalen Flächenprämien ausfallen, aber umso höher wäre das Potential für breitflächige Naturschutzmaßnahmen, die idealerweise attraktiv vergütet werden sollten. Das Parlament fordert weiterhin 30%, der Rat möchte nur bis maximal 25% gehen und das auch nur ab 2025 (davor nur 22,5%) und mit einer Vielzahl von möglichen Schlupflöchern für die Mitgliedstaaten. Die am weitreichendste wäre eine sgn. Versuchsphase für die Jahre 2023 und 2024 in denen die Mitgliedstaaten de-facto gar nicht verpflichtet wären einen bestimmten Betrag in diese sgn. Öko-Regelungen zu investieren.

Weiter Rechentrickserei bei Klimaausgaben

Eine sehr technische Frage, aber eine für den Umweltschutz sehr bedeutsame, ist jene, welche Ausgaben aus der GAP künftig als Investition in Klima- und Naturschutz zählen sollen. Aus dem gesamten EU Haushalt sollen künftig 30% in Klimaschutz fließen und ab 2024 7,5% in den Schutz der Biodiversität (10% ab 2026). Um zu berechnen, wie stark die einzlnen EU Fonds zu diesem übergeordneten Ziel beitragen, braucht es einen Methodik, die Klima- und Naturschutzausgaben erfasst.

Für die Berechnung der Klimaausgaben aus der GAP hatte die EU-Kommission 2018 einen hochgradig problematischen Mechanismus vorgeschlagen. Dieser würde letztendlich darauf hinausgelaufen, dass 40% der pauschalen Flächenzahlungen als Klimaschutz deklariert würden, ohne sinnvolle Begründung. Die dieser Annahme zu Grunde liegenden sgn. „Rio-Marker“ werden auch auf andere EU-Fonds und Programme angewandt und auch für das EU Wiederaufbaupaket „Next.Generation.EU. Anders als bei der GAP hat sich die politische Diskussion bei den anderen Programmen jedoch weiterentwickelt. So wurden technische Bewertungskriterien aus der sgn. Taxonomie-Verordnung übernommen und Kategorien für Investitionen verfeinert. Allein bei der GAP sollen jedoch pauschale Prozentsätze an komplette Programme angelegt werden, ohne einen Hauch einer Ahnung wie die Mitgliedstaaten die Mittel aus diesen in Zukunft einsetzen. Letzteres spielt aber gerade bei den Direktzahlungen nur untergeordnet eine Rolle, sie sind als Instrument de-facto keine Klimaschutzmaßnahme. Das sehen nicht nur NGOs so, sondern auch Wissenschaftler und der EU Rechnungshof (siehe hier).

Leider bestehen sowohl die Agrarminister als auch die EU Kommission auf diesen veralteten Vorschlag. Dass die EU Kommission unter Klimakommissar Timmermans hier ein so schwaches Bild abliefert ist eine herbe Enttäuschung. Man kann schon fast von Glück sprechen, dass die Verhandler sich für die Integration des neuen EU Biodiversitätsziels (siehe hier) in die GAP nur auf eine sehr allgemeine Formulierung durchringen konnten und den Ball erstmal an die EU Kommission zurückspielen.

Was bedeutet der Trilog für die deutsche Umsetzung?

Parallel zum Trilog beschäftigt sich der Bundestag mit der deutschen Umsetzung des EU Rahmens. Gewisse Entscheidungen werden so vorgegriffen, etwa, dass 25% der 1.Säule künftig in die Öko-Regelungen fließen sollen. Mögliche Abweichungen nach oben, die evtl. im Trilog noch beschloßen werden, sollen während der laufenden Gesetzgebung noch eingearbeitet werden. Da im Juni die letzten Sitzungswochen vor der Bundestagswahl stattfinden, wäre eine Einigung in Brüssel Ende Mai also eigentlich höchste Eisenbahn. Andernfalls dürfte der Zeitplan der Bundesregierung massiv engleisen (siehe hier), im Extremfall die endgültige Entscheidung über den Strategieplan auf die Zeit nach der Bundestagswahl fallen.

Zeitdruck war jedoch noch nie ein guter Ratgeber und es droht die Gefahr, dass die letzten verbliebenen ambitionierten Teile der Grünen Architektur auf dem Altar einer schnellen Einigung geopfert werden. Das würde die Unkenrufe stärken, welche den Kompromiss von Bund und Ländern zum Strategieplan wieder verwässern möchten. Auch für die anderen EU Mitgliedstaaten wäre das ein verheerendes Signal zum einfachen Weiter-so wie bisher. Zum endgültigen Scheitern der Agrarreform wäre es dann nicht mehr weit.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

2 Kommentare

Ruth Uhlmann

20.05.2021, 16:26

Es wäre unendlich wichtig nicht nur für unsere Umwelt, sondern auch für das Ansehen der EU als Institution, wenn hier endlich einmal nicht tumbe Lobbypolitik, sondern reelle, zukunftsweisende (und das können nur oekologische sein) Entscheidungen getroffen würden....

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Regula

22.05.2021, 21:20

Schaut lieber nicht nach Süden, da ist die GAP Diskussion noch "heisser". https://cap-for-future.eu/2021/05/16/empoerung-ueber-die-oesterreichische-landwirtschaftspolitik/

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