NABU-GAP-Ticker: Tauziehen um Umweltschutz in Brüssel

Brüssel, 8.April 2020. In unseren letzten Blogeinträgen haben wir beschrieben, wie im Rahmen der gegenwärtigen Krise Angriffe gestartet werden, mit dem Ziel, Umweltstandards inner- und außerhalb der EU-Agrarpolitik abzubauen. Nennenswert ist unter anderem die jüngste Forderung der EU-Agrarminister an die Europäische Kommission, bestimmte Greening-Auflagen auszusetzen. Noch besorgniserregender ist die Forderung verschiedener Gruppen, vom europäischen Bauernverband COPA&COGECA bis hin zur europäischen Volkspartei, den European Green Deal zu verschieben. Inzwischen hat sich jedoch Widerstand gegen diese Vorstöße gebildet.

Reaktion auf Vorstoß der EU-Agrarminister

In einem Brief an die Europäische Kommission reagierten die großen Brüsseler Umwelt-NGOs, unter anderem die NABU Dachverbände BirdLife und EEB, auf die Forderungen des EU-Agrarrates. Manche Vorschläge der Agrarminister wie die Verlängerung von Deadlines und den Schutz des Binnenmarktes finden in dem Brief durchaus Unterstützung. Andere wie die temporäre Aussetzung der Greening Standards (u.a. zur Anbaudiversifizierung und den ökologischen Vorrangflächen) sowie zur Flexibilisierung gekoppelter Zahlungen werden darin jedoch verurteilt. Es gäbe keine Evidenz, dass die Umweltregeln momentan Landwirte davon abhalten, ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren. Die Abschwächung der Umweltstandards ist deshalb kein adäquater Ansatz, um existierende Probleme wie den Mangeln an Saisonarbeitern zu lösen.

Streit um Green Deal im Europäischen Parlament

Bisher waren vor allem die Stimmen laut, die eine Verschiebung des Green Deals und der darin enthaltenen Farm-to-Fork-Strategie forderten. Diese war ursprünglich für Ende März geplant, die Kommission hatte die Veröffentlichung jedoch nun angesichts der Corona Krise auf den 29.April verschoben.

Mehrere Abgeordnete der rechtslastigen EKR-Fraktion forderten etwa in einem gemeinsamen Brief eine weitere Verschiebung, genauso wie die EVP, die einen separaten Brief an die Kommission schrieb. Darin forderte sie zudem ein „Impact assesment“ des Green Deals bevor die Kommission weitere Entscheidungen träffe. Das wäre ein Vorgang der in der Regel mindestens ein Jahr dauert und das gesamte Vorhaben Green Deal für lange Zeit aufs Abstellgleis stellen würde.

Die Umwelt-NGOs hatten beide Vorstöße öffentlich stark kritisiert. Nun mehren sich auch im europäischen Parlament die Gegenstimmen. Ein erster Brief unter Führung des slowakischen EVP-Abgeordneten Michal Wiezik forderte die Kommission auf, beim Green Deal Kurs zu halten. Ein weiterer Brief, verfasst von einer parteiübergreifenden Gruppe folgte nun gestern. Darin fordern die Abgeordneten deutlich höhere Ambitionen innerhalb der Biodiversitäts-Strategie und vor allem klare Zielvorgaben für diese Dekade, u.a. zur Renaturierung degradierter Ökosysteme.

Dieser erste Schlagabtausch ist nur ein kleiner Eindruck von dem, was in den kommenden Wochen und Monaten kommen wird. Der erste Angriff scheint zwar abgewehrt, da die Kommission eine weitere Verschiebung der Biodiversitäts- und der Farm-to-Fork Strategie bisher ausgeschlossen hat. Es zeigt sich jedoch, wie schnell bisher Erreichtes im Umweltschutz zur Disposition gestellt werden kann und dass das Tauziehen um den Green Deal eher zunehmen wird. Umso wichtiger ist, dass dessen Unterstützer weiteren Verwässerungsversuchen entschieden entgegentreten.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

1 Kommentar

Ute Hasenbein

08.04.2020, 14:02

Man muss es einfach so benennen: angesichts der weltweiten Riesen-Probleme wie Klimawandel, Artensterben und jetzt das Corona-Virus (es wird nicht die letzte Pandemie sein, im Gegenteil!) ist das Agieren dieser ewig Gestrigen und Unbelehrbaren mit ihrer egoistischen, geldgierigen und ignoranten Haltung einfach nur noch kriminell! Ja, man geht über Leichen und sollte sie vor dem EUGh für Menschenrechte verklagen! Das hat nichts mit Politik zu tun, hier wird nicht dem Allgemeinwohl sondern dem schnöden Mammon gedient! Für mich (Atheistin) ist so etwas ein Frevel an der Schöpfung und damit Gotteslästerung. Wo bleibt das Umdenken? Angesichts einer bevorstehenden Wirtschaftskrise wäre genau JETZT der Zeitpunkt, das wieder Ankurbeln der Wirtschaft so nachhaltig wie nur möglich zu gestalten!

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