NABU-GAP-Ticker: Jumbo-Trilog macht sich klein

Brüssel, 31.05.2021. Eigentlich war der Jumbo-Trilog, der die finale Einigung zum europäischen Rahmen der künftigen GAP bringen sollte, nur für zwei Tage angesetzt (siehe hier). Am Mittwoch-Abend war jedoch klar, dass er auch Donnerstag weitergehen würde und auch am Donnerstag-Abend lag eine Einigung noch in weiter Ferne (siehe hier). Nach der zweiten Verlängerung war am Freitagmorgen dann Schluss mit dem Verhandlungsmarathon, zu weit lagen die drei EU Institutionen Rat, Parlament und Kommission inhaltlich auseinander.

Ein Streitpunkt bei dem es bis zuletzt kaum Fortschritte gab, war die Frage, wie viel Geld der 1.Säule zukünftig in den Umweltschutz fließen sollte anstatt in die pauschalen Direktzahlungen. Die dafür vorgesehenen Öko-Regelungen sind die große umweltpolitische Neuerung der neuen GAP und sollen das gescheiterte Greening ablösen. Ihr Erfolg hängt jedoch von der inhaltlichen Ausgestaltung der darin enthaltenen Maßnahmen ab und von ihrer finanziellen Ausstattung. Für Letztere fordert das Europäische Parlament einen Mindestanteil von 30% der 1.Säule, die EU Agrarminister jedoch nur 20%. Die EU Kommission scheint sich auf die Seite des Parlaments geschlagen zu haben. Anstatt für den offensichtlichen Kompromiss, also 25% zu gehen, baute der Rat jedoch immer weitere Hintertüren in seine Kompromissvorschlägen ein. Diese hätten im Worst-Case dazu führen können, dass die Mitgliedstaaten in den ersten Jahren der neuen Programmierungsperiode nur 18% für die Öko-Regelungen ausgegeben hätten (siehe hier). Parlament und Kommission wollten da nicht mitgehen. Sogar der ansonsten sehr zurückhaltende EU Agrarkommissar fand am Ende sehr klare Worte in Richtung der EU Agrarminister (siehe hier und hier).

Ausnahmen und Ausnahmen von Ausnahmen

Auch bei anderen aus Naturschutzsicht brennenden Fragen gab es kaum Annäherungen. Dies betrifft etwa den wichtigen GLÖZ9 Standard innerhalb der Konditionalität, welcher festlegt, wie viel Fläche Landwirt*innen zukünftig verpflichtend für die Natur zur Verfügung gestellt werden müssen, um weiter Agrargelder bekommen zu können. Hier wurden sowohl von allen Seiten immer mehr Ausnahmen vorgeschlagen etwa für Grünlandflächen, Kleinbetriebe, Ackerflächen von Betrieben mit hohem Grünlandanteil, Regionen mit hohen Waldanteilen sowie für sgn. benachteiligte Gebiete. Mit diesem Verhandlungsstand würde ein fast willkürlicher Flickenteppich bei der Anwendung entstehen, der umweltpolitisch wenig wirkungsvoll wäre und in der Landwirtschaft auf wenig Verständnis stoßen dürfte.

Noch ist es nicht vorbei …

Nach dem Ende der Verhandlungen schoben sich Vertreter der verschiedenen Institutionen zunächst gegenseitig die Schuld für das vorläufige Scheitern in die Schuhe. Letztendlich ist aber klar, dass alle drei Institutionen sich wieder an den Verhandlungstisch setzen müssen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft gab sich optimistisch, dass noch vor dem Ende ihrer Amtszeit eine Einigung möglich ist, die wäre spätestens Ende Juni. Fraglich ist nur, ob die Beteiligten sich die Zeit nehmen, um mit besseren Vorschlägen aufzuwarten. Sollte am Ende wirklich das Stückwerk stehen bleiben, welches letzte Woche im Gespräch war, wäre das ein fatales Zeichen. Weder Umwelt- und Naturschutz noch der Landwirtschaft wäre damit geholfen.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

1 Kommentar

Hans ILSE

01.06.2021, 05:58

Vielen Dank, Herr Prescher, für Ihre ausführlichen Informationen und Einschätzungen, die ich mit großem Interesse lese. Hans

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