NABU-Agrar-Blog: Nationaler GAP-Strategieplan eingereicht – Nachbesserungen erforderlich!
15.3.2022. Nach jahrelangen Verhandlungen wurde der Nationale Strategieplan (NSP) zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von Deutschland mit zwei Monaten Verspätung am 21. Februar 2022 in Brüssel eingereicht. Die neue Bundesregierung stellte den von der Vorgänger-Regierung vorbereiteten Plan ohne große Änderungen fertig. Das 1799 Seiten lange Dokument beinhaltet u.a. die Dokumente zum Planungsprozess durch die im Vorfeld durchgeführte SWOT-Analyse, die Ausgestaltung der Konditionalitäten (GLÖZ-Standards), das neue Instrument der Ökoregelungen (ÖR), wichtige Definitionen zur landwirtschaftlichen Tätigkeit und zum Grünland, die Ziele und Maßnahmen zur Zielerreichung, das Budget der einzelnen Interventionen und die länderspezifischen Maßnahmen der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM). Der deutsche Strategieplan liegt nun der Europäischen Kommission zur Prüfung vor. Der NABU erhofft sich von dieser deutliche Hinweise zur Nachbesserung in Bezug auf die Erreichung der Green-Deal-Ziele. Im Folgenden soll dargestellt werden, wie sich der Schutz der Artenvielfalt, der Klimaschutz und der Ausbau des Ökolandbaus und Schutz des Grünlands für die GAP-Förderperiode ab 2023 verhält.
Wiederherstellung der Biodiversität
Der NABU fordert, wissenschaftlichen Studien folgend, einen Anteil von 10 Prozent nicht-bewirtschafteter Flächen in der Agrarlandschaft zu verankern, um die Herstellung der Artenvielfalt zu ermöglichen. Darunter fallen ökologisch wertvolle Strukturen wie z.B. Hecken, Brachen, kleine Feuchtgebiete und Feldgehölze, die als Lebens-, und Nahrungsraum genutzt werden. Ab 2023 müssen 4 Prozent der Ackerfläche genau als solche Strukturen bereitgestellt werden (GLÖZ 8). Darüber hinaus gibt es eine Ökoregelung,die das Aufstocken dieser Strukturen durch Brachen, Blühstreifen und Altgrasstreifen finanziell honoriert. Im Vergleich zum Status Quo (1,5-2 Prozent) wird sich der Anteil von Flächen für die Artenvielfalt deutlich erhöhen. Das zur Verfügung gestellte Budget der Ökoregelung reicht allerdings nicht aus um 10 Prozent flächendeckend zu realisieren.
Darüber hinaus werden in einigen Bundesländern weitere Maßnahmen wie z.B. mehrjährige Blühstreifen angeboten. Hier ist in der Gesamtmenge der Maßnahmen unbedingt erforderlich, diese einem flächendeckenden Monitoring zu unterziehen, die Auswirkungen auf die Artenvielfalt in der geplanten Evaluierung 2024 zu messen und ggf. nachzuschärfen.
Schutz des Grünlands
Der Schutz des Grünlands wird im NSP an unterschiedlichen Stellen adressiert. Die Grünlanddefinition bildet eine wichtige Grundlage – diese wurde allerdings nur marginal verändert. So ist eine nasse Wiese, die zu mehr als 50 Prozent von Seggen und Binsen bestanden ist, immer noch nicht förderfähig. Dies hat der NABU über viele Jahre hinweg gefordert, denn diese nassen Wiesen sind besonders wertvoll für die Biodiversität und leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Unter GLÖZ1 wird der quantitative Grünlandverlust aufgehalten- die Fläche darf nicht um mehr als 4 Prozent zurückgehen. Dies ist sehr positiv, allerdings gibt es keine bundeseinheitlichen Maßnahmen zum Schutz des artenreichen Grünlands außerhalb von Schutzgebieten. Dieses verschlechterte sich, auch innerhalb von Schutzgebieten, in den letzten Jahren zunehmend. In den Schutzgebieten wird das FFH-Grünland durch GLÖZ 9 vor Umbruch bewahrt. Viele wertvolle und auch bereits erfolgreiche Grünlandmaßahmen findet man in den 2. Säule Programmen der einzelnen Bundesländer. Auch hier wird die Gesamtmenge an Maßnahmen in der Evaluation 2024 zeigen, ob das artenreiche Grünland ausreichend Schutz durch den NSP erfährt.
30 Prozent Ökolandbau bis 2030?
Die neue Bundesregierung hat das Ziel der angestrebten Ökofläche auf 30 Prozent bis 2030 hochgesetzt. Die aktuell skizzierte Finanzierung dessen zeigt sich in den Geldern, die die Länder für die 2.Säule zur Verfügung stellen. Im NSP heißt es, dass dadurch 14 Prozent ökologischer Landbau möglich sei. Das ist viel zu wenig, denn bereits jetzt beträgt die Fläche 10 Prozent. Der Zuwachs bis 2027 wäre so auf 4 Prozent begrenzt. Hier muss das Budget der Bundesländer deutlich angepasst werden und der Ausbau des Ökolandbaus auch über die GAP hinaus durch eine Ernährungsstrategie angeregt werden.
Klimaschutz kommt zu kurz
Eine Studie des Umweltbundesamts bewertet die Klimaschutzwirkungen des NSP als unzureichend. Die vorgegebenen Klimaschutzziele im Bereich Landwirtschaft und auch im Bereich Landnutzung (LULUCF) können damnach durch den aktuellen Strategieplan nicht erreicht werden. Ein wichtiger Hebel für mehr Klimaschutz könnte der neu eingeführte GLÖZ 2 zum Schutz von Mooren und Feuchtgebieten sein. Der Ansatz geht in die richtige Richtung. Jedoch geht er aus Sicht des NABU nicht weit genug. Ackerbau mit einer Bodenwendung von 30cm soll in dieser Kulisse nämlich weiterhin möglich sein. Der Beitrag zum Klimaschutz geht damit gegen Null – denn durch eine tiefe Bodenbearbeitung wird der gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt. Diese Regelung sollte so angepasst werden, dass sie zum effektiven Schutz des Klimas beiträgt, z.B. indem eine Bodenbearbeitung nur bis 10cm möglich ist und, langfristig, Moorböden nur als Grünland mit hohen Wasserständen bewirtschaftet werden dürfen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in der zukünftigen GAP mehr Gelder für Naturschutz bereitgestellt werden. Jedoch reichen diese Gelder bei Langem nicht aus, um die Transformation der Landwirtschaft und der drängender Natur- und Klimakrise gerecht zu werden. Neben unzureichender Finanzierung ist auch die Konditionalität nicht stringent genug und die Ökoregelungen nicht „öko“ genug, um einen Wandel in die Fläche zu bringen. Auch der Ausstieg aus den Direktzahlungen wird nicht ausreichend vorbereitet, so wird bspw. der Ansatz des Aufwuchses der Ökoregelungen zur Honorierung öffentlicher Leistungen nicht angewandt. Die Europäische Kommission muss Nachbesserungen von Deutschland und den anderen Mitgliedsstaaten einfordern, um die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie bis 2030 erreichbar zu machen.
Diese Probleme der Agrarwirtschaft kann die GAP nicht allein lösen, dennoch ist sie ein wichtiger Hebel, der die Zeichen in die richtige Richtung setzen muss! Die Landwirtschaft steckt mehr denn je in einer tiefen Krise, diese muss endlich konsequent angegangen werden: Für unsere Natur, für eine sichere und gesunde Ernährung und für Frieden in Europa und der Welt!
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2 Kommentare
Angelika Heitmann
16.03.2022, 19:45Die Zusammenfassung ist völlig richtig, jedoch sehen wir jeden Tag, dass die Politiker mit anderen Themen beschäftigt sind ( derzeit der wirklich fürchterliche und menschenverachtende Ukraine-Krieg ) und dafür viel Geld ausgeben. Dass jedoch das Bundeslandwirtschaftsministerium ohne Rücksicht auf die schon so schlimm reduzierte Biodiversität nun ohne zu zögern noch die letzten Brachflächen für die Landwirtschaft opfert, macht mich wütend. In den Köpfen ist nicht angekommen, dass wir bezüglich des Zustandes unserer Biodiversität schon kurz vor dem Abgrund stehen. Essen ist wichtig, aber die Politik / wir sorgen durch unser egozentrisches und rücksichtsloses Handeln zielstrebig für einen "ausgeräumten Planeten". Wo kommt dann das Essen her? Naturschutz fängt im Kopf an! Leider ist unsere Politik noch meilenweit davon entfernt.
AntwortenRainer Schurr
18.04.2022, 19:1710 Jahre lebte und wirkte ich an der Nordseeküste. zwischen Cuxhaven und Stade. Vermaisung für Biogasanlagen war dort das Stichwort. Daneben Silage- und Mastfutter für die Milchkuhhaltung. Bald 80 % der Agrarfläche war hochenergetischer Mais oder überpowertes Viehfutter-Getreide. Trachten wir wieder nach wertvollem Korn für Brot, Gemüse und Salatanbau für uns Menschen. Gerne esse ich auch einmal ein leckeres Steak vom Deutsch-Angus. Alles geht zusammen. Seien wir verantwortungsvoll. Grüße aus dem Mittleren Neckartal, Rainer Dipl.-Ing. Landespflege (HfWU Nürtingern-Geislingen)
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