Haushalt 2024 – Harte Einschnitte für den Naturschutz

Prachttaucher, NABU/www.green-lens.de/S. Pfützke

Nach zwei Kürzungsrunden haben sich die Ampelparteien mittlerweile auf einen Haushalt für 2024 geeinigt. Aus Sicht des Naturschutzes gab es herbe Einschnitte, insbesondere beim Meeresnaturschutz. Für das nächste Jahr drohen weitere Milliardenkürzungen. 

Rückblick

Im September 2023 gab Christian Linder einen Kurswechsel in der Haushaltspolitik vor. Nach Ausnahmen, während der COVID-19-Pandemie und gestiegenen Energiepreisen in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sollte nun die Schuldenbremse für den Bundeshaushaushalt 2024 wieder eingehalten werden.

Im November 2023 erklärte dann das Bundesverfassungsgericht das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig. Somit fehlten im Klima- und Transformationsfonds (KTF) Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro. Linder entschied sich zu einer erneuten Kürzungsrunde.

Am 2. Februar hat der Deutsche Bundestag das Haushaltsgesetz für 2024 beschlossen.

Wie sehr ist der Naturschutz von den Kürzungen betroffen?

Das schlimmste zuerst – Meere

Den Meeresnaturschutz und die umweltschonende Fischerei trifft es besonders hart. Für beide Bereiche waren im Wind-auf-See-Gesetz ursprünglich jeweils fünf Prozent der 12,6 Mrd. EUR (d.h. zusammen circa 1,26 Mrd.) aus der letzten Offshore-Windenergie-Ausschreibung vorgesehen, um die massiven Umweltauswirkungen auszugleichen und eine überfällige Transformation der Fischerei- in Nord- und Ostsee zu starten. Dieser Anteil reduziert sich nun im zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetz um fast 60 Prozent. Jetzt fließen circa 786 Mio. EUR der für Meeresnaturschutz und umweltschonende Fischerei zweckgebundenen Mitteln als „Transformationskomponente“ in den Haushalt des BMWK.

Doch in der Diskussion geht es um mehr als nur Geld, werden doch gleichzeitig im Rausch der Planungsbeschleunigung etablierte Umweltstandards wie die Umweltverträglichkeitsprüfung beim Ausbau der Windenergie auf See abgebaut. Dabei zeigt sich, wie auch bei den mangelhaft umgesetzten Artenhilfsprogrammen die fehlende Verlässlichkeit politischer Versprechen und  die geringe Halbwertzeit von entsprechender finanzieller Kompensation.

Nicht ganz so schlimm wie gedacht – Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz

Die Sonderrahmenpläne für „Ökolandbau und Biologische Vielfalt“ der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) waren schon von der ersten Kürzungsrunde betroffen. Wie auch die Sonderrahmenpläne für die „Förderung der ländlichen Entwicklung“ sollten sie in die Allgemeinen Rahmenpläne integriert und zusammen um rund 270 Mio. EUR gekürzt werden. Diese Kürzung fiel nun immerhin um 66 Mio. EUR geringer aus als vorgesehen (siehe Grafik).

Zwei weitere Förderprogramme wurden im BMEL-Teil des KTFs gestrichen. Der Waldklimafonds wird abgewickelt und alle nicht beauftragten Mittel in Höhe von 49 Mio. EUR werden gestrichen. Dies reißt bei geringem Einspareffekt eine bedeutende Lücke in die Innovationsfähigkeit beim Natürlichen Klimaschutz mit Wäldern. Auch ein Programm zum Schutz von Moorböden und der Verringerung Torfverwendung wurde um 66 Mio. EUR gekürzt.

Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz

Von den ursprünglichen 4 Mrd. EUR des ANK standen Ende 2023 noch 3,86 Mrd. zur Verfügung. Nach einer Kürzung um 277 Mio. sind es noch 3,582 Mrd. EUR. Dieser Betrag kann bis 2027 statt bis 2026 verwendet werden. Ursprünglich war diese Verlängerung als Mini-Verstetigung mit entsprechendem Mittelaufwuchs geplant. Letzterer wurde nun zurückgenommen.

Die verbleibenden Mittel werden auch verwendet, um aus dem BMEL-Haushalt gestrichene Waldmaßnahmen  über das ANK weiter zu finanzieren. Beispielsweise werden dieses Jahr mit bis zu 125 Mio. EUR die GAK-Maßnahmen „Naturnahe Waldbewirtschaftung“ und „Bewältigung der durch Extremwetterereignisse verursachten Folgen im Wald“ aus dem ANK fortgeführt, was schon vor den Kürzungsrunden im Gespräch war. Für den Erhalt dieses Fördertatbestandes hatte sich insbesondere die Lobby der Waldbesitzer und der Forstbranche energisch eingsetzt. Allerdings sollten die Förderbedingungen an die Grundsätze des Natürlichen Klimaschutz angepasst werden, denn bisher konnten hier auch potenziell biodiversitätsschädigende Praktiken gefördert werden. Ob sich dies unter Federführung des BMEL ändert ist fraglich. Auch für die Fortführung des BMEL-Programmes „Klimaangepasstes Waldmanagement“ sind 2024 bis zu 125 Mio. EUR im ANK vorgesehen.

Während die Kürzungen für den Natur- und Klimaschutz bitter sind, sollten sie umso mehr bei Landwirt:innen für Beunruhigung sorgen. Denn geplante Programme zur Wiedervernässung land- und forstwirtschaftlich genutzter Flächen, Förderung von Feldgehölzen, für die Anschaffung von Geräten für klimaschonende Bodenbearbeitung oder die Entwicklung von Wertschöpfungsketten für Paludikulturen, wären vor allem ihnen zugutegekommen. Daher irritiert es umso mehr, dass dieses Thema auf den Protesten der letzten Wochen quasi keine Rolle spielte. Aber was wäre die Alternative zum freiwilligen und förderpolitischen Ansatz des ANK?

Für das ANK bedeuten die Kürzungen nun, dass fehlenden Förderrichtlinien so bald wie möglich veröffentlicht werden müssen. Bisher wurden neben Modellvorhaben nur eine Förderrichtlinie für Natürlichen Klimaschutz in Unternehmen, zwei für Kommunen (via KfW und ZUG), sowie ein ANK-Förderfenster für Anpassung an den Klimawandel veröffentlicht. Oben genannte Programme für Landwirt:innen, aber auch das 1000-Moore Programm, Klimawildnis, Kümmererstrukturen oder die Förderung klimabezogener Maßnahmen in der Wasserwirtschaft sind hingegen für „bald“ angekündigt oder verschollen.

Bei allem Unmut über die langsame Umsetzung des ANK sei aber auch erwähnt welche Mammutaufgabe sich hier nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung des Naturschutzes stellt. Personalkapazitäten mussten erst aufgebaut und Prozesse angepasst werden. Zudem haben sich die Bundesländer und das Bundesfinanzministerium oftmals nicht kooperativ gezeigt und mit Eigeninteressen die Umsetzung des ANK verzögert. Dass weitere Verzögerungen aber auch zu weiteren Kürzungen führen können, sollte Ansporn genug für alle Beteiligten sein.

 

Wie geht es weiter? – Der Haushalt 2025

Die Verhandlungen um den Haushalt für 2024 waren eine vertane Chance, und zwar schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.

Als sich nach dem Verfassungsgerichtsurteil für die kommenden Jahre eine Finanzierungslücke von 60 Milliarden auftat, wurde schnell auf den Bericht des Umweltbundesamtes verwiesen, welcher die Höhe der umweltschädlichen Subventionen auf 65 Milliarden beziffert – und zwar jährlich. Agrardiesel und KfZ-Steuerbefreiung werden hier miteinrechnet. Auch der Koalitionsvertrag sieht vor „zusätzliche Haushaltspielräume dadurch [zu] gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen“. Dass man dies idealerweise nicht einseitig, plötzlich und sozial-ungerecht tut, versteht sich eigentlich von selbst – steht aber ansonsten auch ausführlichst im erwähnten Bericht des UBA (Stichwort: Just Transition).

Neben zeitlichem Druck kam allerdings hinzu, dass der Abbau von Subventionen teils Gesetzesänderungen mit Zustimmungspflicht des Bundesrates erforderte (z. B. bei Einkommen- oder Mehrwertsteuer). Hier ist die CDU/CDU an einer Mehrheit der Regierungen beteiligt und hatte wenig Interesse an konstruktiver Oppositionsarbeit. Andere Wege versperrte die FDP und so wurde am Ende unter anderem die Landwirtschaft (und dann zur Entlastung der Landwirte die Fischereiwirtschaft) einseitig belastet.

Statt über eine Erhöhung der Einnahmen zu diskutieren sind für den Haushalt des kommenden Jahres nun erneut Kürzungen in Milliardenhöhe im Gespräch. Der Abbau umweltschädlicher Subventionen wäre dabei doppelt effizient, denn aktuell wird mit öffentlichen Geldern gegen diese angefördert. So gibt man zwei Mal Steuergelder aus, welche sich dann gegenseitig neutralisieren. Im Vergleich dazu sind Investitionen in den Naturschutz besonders effizient, denn intakte Ökosysteme sind nicht nur unser bester Schutz vor den Folgen des Klimawandels, sondern aktuell auch unsere einzige Senke für CO2. Und diese Negativemissionen werden insbesondere gebraucht, um unvermeidbare Restemissionen vor allem aus der Landwirtschaft auszugleichen. Auch das könnte auf Protesten des Sektors einmal erwähnt werden.

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