Von den Bauernprotesten zur Hängepartie um die Brachen

Als Reaktion auf die Bauernproteste der vergangenen Wochen, die sich mittlerweile nicht mehr nur auf Deutschland begrenzen, sondern auf weitere europäische Länder übergegriffen haben, bemüht sich die Politik um eine zügige Lösung dieser Krise. Doch anstatt nun endlich die strukturellen Probleme der Landwirtschaft anzugehen, stehen erneut nur Scheinlösungen und Symbolpolitik im Vordergrund. Ein Beispiel: die erneute Aussetzung der Verpflichtung zum Anlegen von Brachen („GLÖZ 8“). Ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission fand am vergangenen Freitag unter den EU-Mitgliedsstaaten jedoch keine Mehrheit.

Grund zur Entspannung oder doch nur ein kurzes Aufatmen für die Natur? Eher Letzteres, denn es ist zu befürchten, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Denn eine große Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten befürwortet eine Aussetzung der verpflichtenden Ackerflächenstilllegung. Man hat sich – nach gut einer Woche der Verhandlungen zwischen Brüssel und Europas Hauptstädten – lediglich noch nicht darauf einigen können, ob man die Brachen durch andere Formen der nachhaltigeren Bewirtschaftung ersetzen oder einfach ersatzlos streichen möchte.

Warum enthält sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft?

Der Vorschlag der Kommission, der am vergangenen Freitag zur Abstimmung stand, erwies sich als dermaßen ambitionslos, dass er sogar hinter die schwachen Standards des sogenannten „Greenings“ aus der Vorgänger-GAP-Periode zurückgefallen wäre. So schien es zunächst selbstverständlich, dass der deutsche grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir diesem ökologischen Offenbarungseid nicht zustimmen würde. Doch so selbstverständlich war es dann wohl doch nicht – immerhin hat man sich im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) schließlich zu einer Enthaltung durchgerungen. Warum diese Zurückhaltung? Weil die Natur nicht damit drohen kann, mit Treckern durch die Städte zu fahren und die Infrastruktur zu blockieren? Weil dies noch mehr Ampel-Gezanke mit sich gebracht hätte?

Dass die Brachen als Biodiversitätsflächen unverzichtbare Mosaiksteinchen der Biotop-Vernetzung sind, muss an dieser Stelle nicht erneut betont werden. Ebenso wenig, dass die Abschaffung der Brachenregelung letztlich kein einziges strukturelles Problem der Landwirtschaft lösen wird. So geht es in der aktuellen Debatte letztlich auch nicht wirklich um die Brachen, sondern vielmehr darum, dass die Umsetzung des EU-Green-Deals, also die Ökologisierung der Landwirtschaft, konsequent verzögert wird.

Wie geht es nun weiter?

Update 13. Februar: Die EU-Kommission hat die Ausnahme nun selbst durchgesetzt und weicht damit ein weiteres Mal deutlich von den Zielen des Green Deals ab. Angesichts der anstehenden Europawahl am 9. Juni ist dies deutlich als Geschenk an die Agrarlobby und auf der anderen Seite als einen weiteren herben Verlust für die Artenvielfalt zu werten. Jetzt liegt es an den einzelnen Mitgliedstaaten, ob sie von der Ausnahme Gebraucht machen werden. Zumindest für Deutschland ist also offen, ob dieses Hickhack vorerst beigelegt ist oder die Biodiversitätsflächen tatsächlich der Symbolpolitik zum Opfer fallen werden.

 

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