Warten auf das Meer

Die Gestirne stehen ungünstig und der Wind weht aus der falschen Richtung. Jedenfalls ist das gerade für mich und Axel, den Inselversorger so. Eigentlich wollte er am Samstag mit seinem Boot nach Trischen kommen, um mir Lebensmittel und Post zu bringen. Aber es soll nicht sein. Seit Samstag klingelt täglich kurz nach Hochwasser mein Telefon und Axel sagt mir, dass er nicht ablegen kann. Zu wenig Wasser unterm Kiel. Letzte Woche ein kleines „Land unter“ und diese Woche das. Aber so ist es nur mal mit der Spring- und der Nipptide. Und wenn dann zusätzlich eben auch noch der Wind das Wasser raus ins offene Meer, anstatt rein Richtung Küste drückt, dann bekomme ich erstmal keinen Besuch auf Trischen.

Wenn das Wasser so wenig aufläuft, bleiben viele Bereiche des Watts und auch flache Sankbänke trocken, die bei einem mittleren Tidenhochwasser überpült werden. Somit haben die Vögel sehr viel Platz um bei Hochwasser zu rasten. Das bedeutet, dass auf Trischen weniger Vogelgetümmel ist.

Kormoran im Prachtkleid (A. de Walmont)

Treue Gäste wie die Ringelgänse, Brandgänse, Austernfischer und viele andere waren natürlich trotzdem zu sehen. Einen groben Überblick wie viele Vögel in den Kolonien der Löffler und Kormorane im Norden der Insel sitzen, bekam ich, zu deren Leid und zu meinem Glück, durch einen Seeadler, der kurz alle in Unruhe versetzte und alle Vögel zeternd auffliegen ließ.

 

 

Axel ist übrigens zuversichtlich für morgen. Und wenn alle Tampen reißen und alle Vorräte aufgegessen sind, dann habe ich einen Notfallplan (Falls das Wasser nicht kommen will). Trotz niedrigem Wasserstand, hat der Spülsaum einiges zu bieten. Und diesmal gibt es gleich ein Dreierlei. Menü der Woche:

zur Vorspeise: Kohl.

zur Hauptspeise: Kohl.

zum Nachtisch: Kohl.

Anne de Walmont

Vogelwartin 2019