Hochwasser Beiträge

Nest frei!

„Freies Nest mit Meerblick an handwerklich versiertes Vogelpaar zu vergeben. Wegen Wasserschaden sind einige Ausbesserungen nötig, aber die Grundsubstanz des Nestes ist gut erhalten. Das Nest liegt günstig, nur wenige Meter von nahrungsreichen Wattflächen entfernt“. So in etwa würde sich wohl die Annonce lesen, wenn es in der Vogelwelt eine Zeitung gäbe.

Was sich hier wie ein Scherz liest, passiert aber tatsächlich.

 

Die Geschichte dazu

Am 12. Juni kam es auf Trischen zu erhöhten Wasserständen von + 0,5 Metern über dem sogenannten Mittleren Tidehochwasser (MTHW). Das hohe Wasser führte zu dramatischen Ereignissen, welche ich von der Hütte aus beobachten konnte. Ich sah, wie Austernfischer und Flussseeschwalben ihre Nester, bzw. die darin befindlichen Eier verloren.

Die noch kleinen Küken der Rotschenkel sammelten sich derweil auf höheren Gras-Bulten. Diese Bulten würden aber auch bald unter Wasser sein, da es zu dem Zeitpunkt noch 40 Minuten bis zum Hochwasser dauerte und das Wasser stieg und stieg. Für mich persönlich war das ein ganz schön schwerer Moment, denn auf meinen beiden Schultern saßen plötzlich Engelchen und Teufelchen. Der eine sagte: “Schnapp dir schnell einen Jutebeutel und rette die Küken vor dem Ertrinken!“. Der andere sagte: „Nein tu das nicht. Du wirst sie noch weiter ins Wasser scheuchen und alles nur noch schlimmer machen!“. Hin- und hergerissen habe ich mich für Letzteres entschieden: Natur Natur sein lassen. Eine gute Entscheidung, da die Küken – erst eines, dann alle weiteren – unter lauten Rufen der Elternvögel sich tapfer durch das Wasser in die höhere Salzwiese gekämpft haben. Und dann war endlich Hochwasser erreicht und das Schlimmste überstanden.

 

 

Immer wieder kam und kommt es an der Nordseeküste zu kleinen sommerlichen Sturmfluten. Die Brutvögel der Strände und Salzwiesen reagieren darauf natürlicherweise mit Nachgelegen, um den Verlust auszugleichen. Es ist jedoch bekannt, dass es (bedingt durch den Klimawandel) immer häufiger zu Sommersturmfluten kommen wird. Eine Tatsache, die wir schon heute beobachten können. Diese Ereignisse können im schlimmsten Fall zu einem Totalausfall einer ganzen Brutsaison führen, vor allem wenn die Küken bereits geschlüpft sind und die Flut nicht überleben. Darüber ob und ab wann sich diese Veränderungen auf ganze Vogelpopulationen auswirken, kann man nur vermuten.

Nun blieben die beiden Nester von Austernfischer und Flussseeschwalbe also leer und verlassen zurück. Aber siehe da: Bald schon hatten die Austernfischer in genau die gleiche Nestmulde wieder drei Eier gelegt. Und in der Nestmulde der Flussseeschwalbe hatten sich Lachmöwen neu eingerichtet. Die Mulde wurde vorab noch etwas aufgepolstert und los ging es mit der Brut. Schauen Sie auf den Bildern bei der Seeschwalbe und der Lachmöwe mal genau hin. Sie können eine kleine Nestmarkierung (ein kleiner Holzpfahl) entdecken die zeigt das es sich um ein und dasselbe Nest handelt. Nun hoffe ich, dass das Wasser bis zum Spätsommer nicht mehr so hoch aufläuft und die beiden Vogelpaare erfolgreich ihre Brut beenden können.

 

 

Die schöne Branta

Liebe LeserInnen,

manche Vogelarten finden wir spannend, schön oder einfach faszinierend. Vielleicht weil sie niedlich, farbenfroh oder selten sind. Andere Arten finden wir dagegen langweilig oder manche sogar eher unsympathisch. Diese sind vielleicht überall zu sehen, weniger farbenfroh oder tun Dinge, die wir nicht gut finden, zum Beispiel andere kleinere und niedlichere Vögel fressen.

Ich bin ehrlich: Eine von diesen Arten war für mich immer die Ringelgans. Sie ist zwar nur zeitweise im Wattenmeer anzutreffen, aber dann immer in großer Anzahl. Sie ist grau-schwarz und tut im Grunde einfach nur das was Gänse eben tun. Fressen, umherfliegen und wieder fressen. Also nicht sehr aufregend. Na, jedenfalls habe ich ihnen nie viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Aber das hat sich auf Trischen verändert. Da sie momentan täglich direkt aus dem Hüttenfenster zu beobachten sind, habe ich mir sie noch einmal ganz genau angeschaut. Die Ringelgänse sind im Gegensatz zu anderen Gänsen sehr zierliche Vögel. Der schwarze Kopf und Hals mit dem schicken weißen Ring sieht einfach super aus. Zudem sind sie sehr gesellige Vögel und agieren unglaublich viel miteinander. Man merkt richtig, wie sie sich untereinander mit ihren Gesten und Rufen verständigen. Hier eine kleine Hörprobe:

Die bei uns vorkommende Ringelgans, Branta bernicla, ist eine von drei Unterarten. Sie brütet in Nordsibirien und überwintert an der europäischen Atlantik- und Nordseeküste. Im Frühjahr fliegen sie von dort aus zu uns ins Wattenmeer. Ende April bis Anfang Mai versammelt sich hier dann fast die gesamte Weltpopulation (!) der Branta bernicla, bevor sie weiter gen Norden ziehen.

Momentan halten sich auf Trischen etwa 1.000 Ringelgänse auf. Nur noch wenige Tage, und die Gänse werden Trischen verlassen, um sich auf den Weg Richtung Norden zu machen. Bis dahin werde ich sie noch öfter durchzählen, um die maximale Anzahl zu erfassen.

Ich freue mich hier die Gelegenheit zu haben mir die Ringelgänse in Ruhe ansehen zu können. Und das ist jetzt schon einer meiner Vorsätze für das Festland: „mir Zeit zu nehmen ganz genau hinzuschauen“. Denn die vermeintlich langweiligen und häufigen Vogelarten sind oft schöner und interessanter als man denkt. Aber in jedem Fall sind sie es alle wert immer wieder bestaunt zu werden.

 

 

Die Lerchen singen trotzdem

Kaum eine Woche auf Trischen, durfte ich eines der aufregendsten Naturspektakel miterleben, welches man hier erfahren kann: Land Unter. Der Begriff „Land Unter“ kommt eigentlich von den nordfriesischen Halligen, deren niedrig gelegene Wiesen bei besonders hohen Wasserständen von der Nordsee überspült werden. Hier auf Trischen wurde beim gestrigen Hochwasser +1,00m gemessen. Das bedeutet, der Pegel der Nordsee war auf Trischen 1 Meter höher als normalerweise.

 

Spätestens jetzt kann man nachvollziehen, warum die Vogelwärterhütte auf starken Stelzen gebaut ist. Ich hatte noch nie in meinem Leben ein echtes Land Unter erlebt und war stundenlang mit staunen beschäftigt. Je höher das Wasser stieg, desto dramatischer wurden die Szenen, die sich um die Hütte und auf der ganzen Insel abspielten. Alle Vögel der Insel drängten sich immer enger auf den verbliebenen, höher gelegenen Inselflächen zusammen. Immer wieder stoben große Schwärme in den Sturm, um nach neuen Rastplätzen zu suchen. Währenddessen fegten fast stündlich Schneewehen über die Insel. Und was machen die Lerchen? Die singen einfach fröhlich weiter ihr Lied, als ob nichts wäre.

Statt vieler Worte, stelle ich ein paar Fotos und ein kleines Video ein.

Heute habe ich in einer Regenpause den Weststrand inspiziert. Der Spülsaum liegt teilweise an den obersten Kanten der Dünen, manchmal auch auf den Dünen. Nur wenige cm mehr und die Nordsee hätte manche der Dünen komplett überspült. Hier und da kann man auch kleine Abbrüche an den Dünen sehen. Viel neues Treibgut liegt dabei, vor allem viele Holzbalken und Pfosten.

Der Sturm, der seit drei Tagen anhält, hat sich heute ein klein wenig beruhigt. Dennoch hagelt und schneit es immer wieder. Deshalb höre ich jetzt besonders gern den Lerchen zu, die bestimmt vom nahen Frühling singen.

Hochwasser setzt Brutvögeln zu

Der heutige Tag begann mit einem schönen, lauen Sommergewitter: Ein bisschen Regen und Wind, ein bisschen Blitz und Donner. (Vom Wetterbericht für Trischen natürlich nicht angesagt) Doch zum Mittag hin, frischte der Wind immer mehr auf…

Das Landunter der Saison – ein Nachtrag

Wenn einen morgens früh das unter der Hütte plätschernde und rauschende Wasser weckt, dann ist das ein untrügerisches Zeichen: Das höchste Landunter der Saison.