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Schiffsbesuch

Am Freitag bekam ich Besuch von drei Herren und einer Dame. Das traditionelle Plattbodenschiff „Johanna von Amrum“ ankerte um die Mittagszeit bei ablaufendem Wasser am Rande der Schutzzone im Neufahrwasser. Das war kein Zufall, denn ich war mit der Crew verabredet. Nach etwa einer Stunde war das Wasser dann so weit abgelaufen, dass ich durch das Wasser waten und an Bord gehen konnte.

Dort traf ich auf Willem, Gerrit und Manfred. Willem und sein Sohn Gerrit navigieren die wunderschöne „Johanna von Amrum“ durch Flüsse, Kanäle und das Wattenmeer. Manfred ist Filmproduzent und dreht derzeit für den NDR eine Folge der Dokuserie „Land im Gezeitenstrom“.

 

Dafür soll Trischen nicht fehlen und so erzähle ich, nachdem ich an Bord geklettert war, über meine Arbeit, meine Motivation als Vogelwartin zu arbeiten und was momentan auf Trischen los ist. Anschließend sitzen wir gemütlich bei Kaffee, belegten Brötchen und frischem Obst zusammen und klönen über dies und das und natürlich über das Wattenmeer.

Auf einem traditionellen Schiff kann man gut in Erinnerungen schwelgen von Zeiten als es noch so viele Plattfische gab das man sie tatsächlich fast mit der Hand fangen konnte, als das Meer noch so unendlich reich erschien. Wir reden darüber wie es heute geworden ist und was wir uns für die Zukunft wünschen.

Die Zeit verging wie im Flug und schon stießen die ersten kleinen Wellen der Flut an den Rumpf. Zeit für mich zu gehen. Vorsichtig klettere ich nach unten, wo der Schlick doch etwas tiefer war als gedacht, und stapfe zurück zum Strand.

 

Fast ein bisschen wehmütig wieder nur für mich zu sein, ging ich dann zurück zur Hütte. Die „Johanna von Amrum“ machte sich auch schon kurze Zeit später auf den Weg nordwärts, denn morgen soll es für sie in die Eider gehen. Als Vorgeschmack kann man hier schon einmal die „Johanna von Amrum“ sehen.

Ich bin gespannt auf die Folge und werde hier berichten, wenn der Sendetermin feststeht.

 

 

 

Wie man Vögel zählt

Liebe LeserInnen,

immer wieder fragen mich Leute: Wie zählst du denn diese vielen Vögel? Doch wohl nicht einzeln? Könnten es statt 12.250 denn nicht auch 12.260 sein?

Also soll es heute ums Zählen gehen, zumal es eine der zentralen Tätigkeiten der Vogelwarte ist. Erst einmal zum grundlegenden Equipment. Ich benötige für eine Zählung mein Fernglas, das Spektiv, eine Zähluhr und ggf. die Fotokamera.

Als erstes schätze ich ab wie groß die Vogelgruppe in etwa ist. Meistens weiß ich das vorab schon recht genau, da ich ja schließlich täglich in die Flächen schaue. Bei einer Gruppe mit bis zu 1.000 Tieren kann man durchaus noch jeden einzelnen Vogel zählen, sofern sie für einige Zeit ruhig sind. Bei Schwärmen, die in Bewegung sind, würde das zu lange dauern. Da muss dann eventuell sogar nur schnell geschätzt werden. So war das teilweise bei den Weißwangengänsen, als große Gruppen schnell hintereinander die Insel überflogen.

Ist die Gruppe größer (über 1.000 Vögel), dann zähle ich am Rand der Gruppe eine kleine Teilgruppe aus. Zum Beispiel zähle ich 10 Vögel einzeln. Dann schaue ich mir an wie viel Platz diese 10 Vögel einnehmen (wie ein Klecks auf einem Bild). Diesen Vogelklecks lege ich dann schrittweise über die restliche Gruppe und zähle dann in 10er Schritten durch. Da Vogelschwärme aber nicht immer gleich dicht sitzen, passe ich die Klecksgröße während der Zählung immer wieder an. Dort wo die Vögel lockerer sitzen, wird er größer, dort wo sich dicht gedrängt sitzen wird er kleiner.

Generell gilt dabei immer: Je kleiner die zu zählende Gruppe, desto genauer das Ergebnis. Man kann sich schon vorstellen, wenn drei Personen gleichzeitig 43 Regenbrachvögel auf einer Wiese zählen, dann ist das Ergebnis bei den drei Personen wahrscheinlich sehr ähnlich. Wenn drei Personen aber 13.200 Eiderenten auf dem Wasser zählen, dann haben die drei Personen wahrscheinlich recht unterschiedliche Ergebnisse. Dieses Problem ist natürlich bekannt und wird bei den Auswertungen der Ergebnisse berücksichtigt.

Eine andere Methode ist das Auszählen von fotografierten Vögeln. Das mache ich hier auf Trischen zum Beispiel bei den Seeschwalben oder Lachmöwen. Da ich die Kolonien nicht gut einsehen kann und zu sehr störe wenn ich hingehe, warte ich in der Distanz auf einen Moment das möglichst alle Vögel der Kolonie auffliegen. Wenn ich Glück habe, fliegt die Rohrweihe oder der Seeadler über – dann sind sie alle in der Luft! Das Bild werte ich dann am Computer aus.

Seeschwalben am Computer ausgezählt

Und manchmal verbinde ich mehrere Techniken miteinander. Wenn ich in diesen Tagen die Möwen zähle, dann gehe ich auf die Düne, zähle Silber- und Heringsmöwen auf dem Boden. Am Ende mache ich ein Foto von den fliegenden Möwen über mir und addiere später alles zusammen.

Also eigentlich gar nicht so schwierig aber dennoch benötigt es etwas Übung und Erfahrung für eine gute Vogelzählung.

 

Alle Jahre wieder

Liebe LeserInnen,

wir alle kennen diese Tage oder Wochenenden, an denen wir immer das Gleiche vorhaben. Alle Jahre wieder, feiern wir unsere kleineren und größeren Traditionen an festgelegten Tagen. Mit der Familie oder mit Freunden gehen wir wandern, feiern, machen Musik oder treffen uns zu einem gemütlichen Abendessen. Am ersten Wochenende im Mai kommen jedes Jahr deutschlandweit Menschen zu so einer Tradition zusammen. Sie wollen an einem Tag so viele Vogelarten wie möglich entdecken: das Birdrace.

Auch freue mich jedes Jahr auf diesen Tag, an dem ich mit Freunden von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang auf dem Fahrrad durch Nordfriesland fahre. Der Tag beginnt damit, bei geöffnetem Küchenfenster nach draußen zu lauschen während auf dem Herd der Kaffee brodelt. Und meistens endet er damit, in der späten Dämmerung, nach einem gemeinsamen Essen und Bierchen unglaublich müde aber glücklich nach Hause zu radeln und ins Bett zu fallen.

In diesem Jahr läuft Alles etwas anders ab. Zum einen durften wir nur zwischen 5 und 22 Uhr racen, damit die Menschen mit Ausgangssperren keine Nachteile erfahren und man kann sich zu virtuellen Teams zusammenfinden um auch in Coronazeiten in Teams ungebremst den Vögeln „nachjagen“ zu können. 2582 Menschen waren gestern in 943 Teams dabei.

 

Und was war das für ein genialer Tag!

Nach den schweren Sturmtagen und kalten Wintertemperaturen der letzten Woche, war gestern der erste windstille Morgen mit milden Temperaturen und Sonne. Nur am Abend kam der Regen. Und los ging es dann auch mit gutem Kleinvogelzug und ein paar tollen Überraschungen. Insgesamt habe ich 52 Vogelarten gesehen, wovon 17 Singvögel waren. Morgens sang ein Fitis vom Hüttengeländer und das Sommergoldhähnchen kam so nahe, dass es fast auf meinem Schoß gelandet wäre.

Steinschmätzer, Ring- und Singdrossel, Garten- und Dorngrasmücke, Rotkehlchen und Zaunkönig hielten sich rund um die Hütte auf. Nachmittags ein weiteres Highlight: Ein Kranich flog über die Südspitze der Insel, drehte dann nach Westen ab und kam schön nahe der Hütte vorbei, verfolgt von Brandgänsen die den Kranich offensichtlich unheimlich fanden. Später dann doch noch ein Paar Spießenten und am Abend gleich drei Seeadler auf einmal. Die Gesamtartenliste finden Sie hier.

 

Ein Tag voller Überraschungen – das ist für mich Birdrace. Und manche Arten von denen man ganz genau weiß das sie vor Ort sind, sieht man dann den ganzen Tag nicht. Gestern war das für mich der Knutt. Zigmal habe ich die Wattflächen abgesucht, aber kein Knutt weit und breit. Und wer fliegt heute Morgen an der Hütte vorbei?

Sie können es sich denken.

 

 

Und nun?

Liebe LeserInnen,

ich denke jeder der in der Natur Tiere beobachtet hat kennt das. Man entdeckt etwas, ein Tier, kann es aber noch nicht genau sehen. Es hüpft im Gebüsch oder raschelt im Unterholz. Dann! Eine „Sekundenbeobachtung“ und das Objekt der Begierde ist weggeflogen oder abgetaucht oder einfach auf mysteriöse Weise plötzlich verschwunden. Eigentlich habe ich schon eine Idee was es für eine Tierart war, bin mir aber eben nicht so ganz sicher. Und nun? Was stelle ich mit so einer Beobachtung an?

ornitho

In der Vogelbeobachtung werden die Sichtungen gerne im zentralen Online-Forum „ornitho.de“ gemeldet. „Ornitho“ ist seit dem Jahr 2011 online und jeder kann sich anmelden, um die eigenen Vogelsichtungen dort einzutragen. Auch die auf Trischen aufgenommen Vogelsichtungen trage ich in Ornitho ein. Am Ende der Saison kann ich dann meine Daten dort abrufen und zusammenfassen. Aber auch andere Interessierte können meine Beobachtungen dort ansehen.

Aber was geschieht mit solchen Sekundenbeobachtungen? Und macht es denn Sinn das Rotkehlchen in meinem Garten immer wieder auf ornitho zu melden? Und ist das Forum was für mich, oder doch eher für professionelle Beobachter?

Diese und andere Fragen habe ich an Martin Kühn gestellt. Martin ist für die Kreise Nordfriesland und Dithmarschen Regionalkoordinator bei ornitho. Wenn ich auf Trischen Beobachtungen mache, bei denen ich mir nicht ganz sicher bin, dann rufe ich ihn an. Heute aber habe ich ihn angerufen, um mit ihm über ornitho und „Sekundenbeobachtungen“ zu sprechen:

Und dann kamen die Beiden doch noch einmal zurück und ich konnte sie wunderbar beobachten…

 

die Saison geht weiter

Liebe LeserInnen,

seit vorgestern weile ich wieder auf Trischen. Am Montag konnte ich gemeinsam mit meinem Mann René, der mich ein paar Tage nach Trischen begleitet, von Büsum aus übersetzen. Diesmal fährt uns Patrick, mit der „See-Eule“ des ITAW. Die Überfahrt ist wunderbar, bei sehr ruhiger See und strahlendem Sonnenschein.

Kurz vor Hochwasser, gegen 12 Uhr, legen wir an der Südspitze an und gehen zur Hütte. Nach einer kleinen Kaffeepause gehen wir gemeinsam zurück zum Anlegeplatz, die leeren Wasserkanister für die nächste Versorgungsfahrt dabei. Das Wasser ist schneller abgelaufen, als wir erwartet haben. Die „See-Eule“ sitzt schon ein klein wenig auf Grund, bewegt sich aber noch. Mit aller Kraft versuchen wir sie in tiefere Bereiche zu schieben. Ein Wettlauf gegen die Zeit, denn mit jeder Minute zieht sich das Wasser weiter zurück. Nach etwa 15 Minuten wird klar: Das wird nichts mehr, Patrick muss bis zum nächsten Hochwasser bleiben. Das bedeutet etwa 10 Stunden warten. Im Wattenmeer haben eben immer die Gezeiten das letzte Wort.

Nach einer ersten Inspektion des Strandes und der Vogelwelt, endet der Tag ganz gemütlich in der Hütte und einem nächtlichen Spaziergang zur Südspitze. Bei absolutem Vollmond ist die „See-Eule“ schließlich gegen 23:30 Uhr gut losgekommen und unerwartet spät ging der erste Tag für uns zu Ende.

Nach zwei Wochen hat sich auf Trischen einiges verändert. Die ersten Seeschwalben sind angekommen und bereichern die Geräuschkulisse der Insel. Außerdem flitzen jetzt jeden Tag Rauchschwalben flach über die Wiesen. Die Rotschenkel, Brandgänse und Möwen balzen fleißig und auch die Austernfischer stehen jetzt überall schon als Paare zusammen.

Fast täglich kommt auch der Seeadler vorbei. Seine Präsenz wird durch das Auffliegen aller Vögel angekündigt, so dass ich oft erst den Trubel höre und ihn dann erst im riesigen Vogelschwarm entdecke. Heute hatte ich das Glück, den wohl gefährlichsten Prädator der Insel gut vor die Kamera zu bekommen.