Bunte Höhlenbrüter

Nach dem ernsten letzten Thema nun wieder etwas Schöneres. Auch wenn die Brutzeit schon fast vorbei ist, soll es noch einmal um eine Brutvogelart gehen, die erst jetzt ihre Jungen führt: die Brandgans (Tadorna tadorna). Sie ist im ganzen Wattenmeer als Brut- und Rastvogel zu finden, so auch auf Trischen. Jetzt im Sommer versammeln sich hier im Watt an der Elbmündung tausende Brandgänse, um zu mausern. Doch dazu ausführlicher in einem späteren Beitrag.

Brandgänse sind auffällig. Während die europäischen Gänse meist in gedeckten Braun-, Grau- und Schwarztönen gehalten sind, sind Brandgänse geradezu bunt. Auf dem größtenteils weißen Körper zeigen sich kastanienbraune Bänder, grünirisierende Kopf- und Armfedern, schwarze Streifen und ein leuchtend roter Schnabel, der beim Männchen einen Höcker trägt. So gesehen erinnern sie eher an bunte Erpel von Stockente, Löffelente und Co. Da verwundert es auch nicht sehr, dass sie hin und wieder auch Brandenten genannt. Doch im Gegensatz zu Enten sind Männchen und Weibchen der Brandgans nahezu gleich gefärbt. Sie passen also weder so richtig in die Gänse- noch in die Entenschublade. Dies spiegelt sich auch in den Verwandtschaftsverhältnissen. Brandgänse gehören weder zu den eigentlichen Gänsen mit Graugans und Co. noch zu den eigentlichen Enten mit Stockente und Co. Stattdessen bilden sie mit anderen recht bunten Enten/Gänsen, wie der Nilgans oder der Rostgans, eine eigene Gruppe innerhalb der Entenvögel: die Halbgänse.

Brandgänse sehen aber nicht nur bunt aus, auch ihr Balzverhalten ist auffällig. Im Frühjahr, mit Höhepunkt im Mai, in den frühen Morgenstunden sieht man, wie sich Brandganspaare auf den Dünen versammeln und seltsame Rituale vollführen. Die Männchen lassen beim rhythmischen Schnabelaufwerfen ihren Kopf vor und zurück kreisen und geben dabei pfeifend-zischende Laute von sich.

Nach erfolgreicher Balz wird natürlich gebrütet und auch die Nestlage mag für einen Entenvogel verwundern. Brandgänse sind nämlich Höhlenbrüter. Doch schaut man sich in der Verwandtschaft um, findet man das immer wieder, so bei der nah verwandten Rostgans oder auch bei Schellente und Gänsesäger, die teilweise auch an der deutschen Ostseeküste brüten. Während die beiden letztgenannten in Baumhöhlen gehen, nutzen Brandgänse Erdhöhlen jeglicher Art, von natürlichen Auswaschungen am Dünenfuß, über Kaninchen- bis zu Fuchsbauten ist alles dabei. Da es hier auf Trischen bekanntlich und zum Glück keine Kaninchen und Füchse gibt, ist das natürliche Bruthöhlenangebot sehr eingeschränkt. Doch Brandgänse sind da anscheinend nicht so wählerisch und nehmen alles, was irgendwie höhlenähnlich ist. So zum Beispiel Nischen unter Müllteilen oder sehr dichten, überhängenden Grasbulten. Für Gänse und Enten sehr typisch ist das Nest gut mit Daunen ausgepolstert.

Nach erfolgreicher Brut laufen jetzt im Sommer gleich nach dem Schlupf, als typische Nestflüchter, die flauschigen Daunenbälle durch die Gegend und zwar wie aufgezogen von links nach rechts, vor und zurück und suchen rastlos nach Nahrung, Würmern und Wattschnecken.

Tore

Naturschutzwart Trischen 2017