April 2025 Beiträge

Ein unbedachter Schritt – oder: Die (unfreiwillige) Trischen-Taufe

Es gibt diese Situationen im Leben, in denen man sich ärgert, dass man vor einer Sekunde nicht erst 3 Sekunden nachgedacht hat – gestern war genau so ein Moment. Aber von Anfang an:
Die Sonne schien, ein leichter Wind wehte, und alles deutete auf einen perfekten Tag hin. Mein Plan: Die Route für die anstehende Brutvogelkartierung einmal vorab ablaufen. Einmal quer über die Insel, durch Salzwiesen und – durch viele Priele.

Weitläufige Salzwiesen auf Trischen, durchzogen von Prielen

Ich überquerte einen nach dem anderen – breite, flache, schmale, tiefe – kein Problem! Dann, etwa auf halber Strecke, mitten auf der Insel, stand ich vor einem kleinen, harmlos wirkenden Priel und setzte unbedacht zur Überquerung an. Doch bereits beim zweiten Schritt versank ich kniehoch im Schlick. Der dritte Schritt – und zack: Ich steckte bis zum Oberschenkel fest!
Was dann folgte, war ein verzweifelter und zunehmend frustrierender Befreiungsversuch: Ich zog, lehnte mich nach hinten, nach vorne, buddelte mit den Händen, doch keine Chance, der Stiefel steckte fest. Jeder Versuch, ihn zu befreien, führte nur dazu, dass er tiefer einsank. Mir blieb nichts anderes übrig, als herauszuschlüpfen und mich sockig und mit dem anderen Stiefel auf festen Untergrund zu retten.

Der Ort des Geschehens…

Kurzerhand trat ich den Rückweg zur Hütte an. Dort schnappte ich mir einen Spaten und ein Brett, um mehr Fläche zu haben und nicht erneut einzusinken. So ausgerüstet machte ich mich auf den Weg, zur Rettung meines geliebten, nagelneuen, supergemütlichen und teuersten Gummistiefels, den ich je besaß.
Zurück an der Stelle meiner kleinen Tragödie begann ich zu graben und zu hebeln, aber vergebens: Meine Rettungsaktion führte nur dazu, dass der Stiefel noch weiter im Schlick versank und trotz aller Mühe musste ich mich geschlagen geben. Am Ende konnte ich nur noch sagen: Leb wohl, geliebter Gummistiefel…

Kleidung, Fernglas und der übrig gebliebene Gummistiefel trocknen an der Hütte

Mein Fazit:

  1. Es ist nur ein Gummistiefel – zugegeben, der bequemste, beste und tollste, aber trotzdem: nur ein Gegenstand.
  2. Immerhin habe ich nicht mein Handy, meine Kamera oder mein Fernglas im Schlick versenkt.

Und 3. – Das Wichtigste: ICH bin unversehrt!

Die Insel hat mir einmal mehr gezeigt, wer hier die Stärkere ist und – ja, es ist ein Stück Wildnis, mit all seinen schönen und unangenehmen Seiten.
Ab jetzt werde ich den weisen Ratschlag meiner Vorgänger*innen stets beherzigen: Gehe niemals ohne Stock los. Und sobald es die Temperaturen zulassen, laufe einfach barfuß…

 

Bis bald,

Eure unversehrte Mareike

 

Ankommen auf Trischen – die ersten Tage auf der Insel

Vor etwa einer Woche bin ich auf Trischen angekommen, meiner neuen Heimat für die kommenden Monate. Bei strahlendem Sonnenschein legten wir an, was den Start umso schöner machte. Doch bevor ich richtig ankommen konnte, stand eine anstrengende Aufgabe an: Alles, was ich für meinen Aufenthalt brauche, musste zur Hütte geschleppt werden. Zum Glück gibt es zwei Handkarren und tatkräftige Unterstützung von zwei Freund*innen, sodass wir diese Herausforderung gemeinsam meistern konnten. Nachdem wir alles zur Hütte gebracht hatten, blieb nicht mehr viel Zeit und ich musste meine Helfer*innen und Axel verabschieden, denn mit dem nächsten Hochwasser mussten sie zurück ans Festland gelangen. Die darauffolgenden Tage habe ich mir die Zeit genommen, die Hütte gemütlich und wohnlich zu machen – schließlich wird sie für kanpp sieben Monate mein Zuhause sein.

Natürlich wollte ich auch die Insel erkunden und kennenlernen. Trischen ist ein besonderer Ort, geprägt von Natur, Wind und Wetter und gar nicht mal so klein, wie ihr es euch vielleicht vorstellt. Von der Hütte bis zur Nordspitze ist man etwa eine Stunde zu Fuß unterwegs – die vielen Stopps, um Vögel zu beobachten und kuriose Strandfunde zu entdecken nicht miteinberechnet. Einen ersten Überblick über die Insel konnte ich mir bei meinen täglichen Exkursionen schon verschaffen, aber noch ist nicht jeder Winkel ausgekundschaftet. Ich freue mich darauf in den nächsten Wochen, die Insel richtig kennenzulernen.

Die Hütte von der Nordspitze der Insel aus gesehen

Doch auch rund um die Hütte gibt es schon einiges zu entdecken. Fast jeden Morgen erwartet mich eine Überraschung, wenn ich die Tür meiner Hütte öffne. Einmal begrüßte mich ein Buchfink mit seinem typischen Ruf, den ich aus dem Wald nur allzu gut kenne. Er rastete kurz auf dem Hüttengeländer, bevor er, gestört durch mich, auch schon weiterflog. Am nächsten Tag saß eine Dohle auf meinem Aussichtsturm und beobachtete die Umgebung. Und am darauffolgenden Tag nahm eine Ringeltaube auf meinem Dach Platz und machte sich mit ihrem charakteristischen Gurren bemerkbar.
Doch neben diesen Überraschungen gibt es auch alte Bekannte, die mich täglich willkommen heißen. Rotschenkel, Feldlerche und Wiesenpieper balzen rund um die Hütte und füllen die Luft mit ihren Rufen und ihrem Gesang.

Rotschenkel im Morgenlicht

Die Ringelgänse nutzen die Salzwiesen, nahe der Hütte, als Rastplatz und fressen sich hier Fettreserven an, um gestärkt ihre Reise in die Brutgebiete fortzusetzen. Und meinen ersten Sturm mit Windstäke 8 und zumindest teilweise, nassen Füßen bzw. Hüttenstelzen, habe ich auch schon gehabt. Es ist ein wunderbares Schauspiel der Natur, das ich aus nächster Nähe erleben darf.

Langsam komme ich hier an. Ich stelle mich auf den Rhythmus der Insel ein, lasse mich von Sonnenauf- und Sonnenuntergang sowie den Gezeiten leiten. Das Leben auf Trischen ist anders, entschleunigt, aber voller intensiver Momente.
Ich bin gespannt, welche Überraschungen die Insel mir in den kommenden Monaten noch bereithält und welche Erlebnisse zur Gewohnheit werden. Eines ist sicher: Jeder Tag hier ist einzigartig, und ich freue mich darauf, die Natur weiterhin so hautnah zu erleben.

 

Bis bald!

Eure Mareike Espenschied
Naturschutzwartin 2025