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Das Rätsel der Sandbank

Liebe LeserInnen,

das Buch „Das Rätsel der Sandbank“ von Erskine Childers, welches ich per Post vom Willem (Kapitän der Johanna von Amrum) bekommen habe, ist ein toller und spannender Roman. Zwei junge Engländer segeln Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Wattenmeer, um einem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Das perfekte Buch, wenn man ebenfalls seine Zeit auf einer Sandbank verbringt und die Ausführungen zu Ebbe und Flut besonders gut nachempfinden kann. Ein Buch welches ich allen Freunden des Meeres und des Wattenmeeres empfehlen kann.

Auch wenn nicht ganz so abenteuerlich, wurde auf der Sandbank Trischen auch ein „Rätsel“ gelüftet. Der Verursacher der Tierspuren, wurde gestern von meinem derzeitigen Besuch in den Salzwiesen im Norden der Insel gesehen und sogar fotografiert:

 

 

Bei scheinbar bester Gesundheit durchstreifte der Fuchs also gestern den Norden der Insel. Somit ist er (oder sie) mittlerweile mindestens zwei Wochen auf der Insel, da ich die ersten Spuren schon am 3. August gefunden habe. Ich bin sehr gespannt, wie es mit dem Tier weitergeht und ob ich es noch einmal zu Gesicht bekommen werde.

 

Tierspuren

Liebe LeserInnen,

die Insel Trischen ist für die Vogelwelt ein ganz besonderer Ort. Zum einen finden sie hier einen bunten Mix an Habitaten, das heißt Lebensräumen, vor. Der Strand mit den Dünen, die oberen dichter gewachsenen Salzwiesen und die unteren eher lockerwüchsigen Salzwiesen. Diese Bereiche bieten ihnen optimale Bedingungen zur Brut oder zur Rast. Die Salzwiesen sind voller Insekten und Raupen. Daneben ist Trischen von reichhaltigen Wattflächen umgeben. Zweimal am Tag fallen diese trocken und eröffnen damit das große Buffet für die Vögel mit Muscheln, Kebsen, Schnecken und Würmern. In den Prielen, den Wasserläufen, die auch bei Ebbe noch die Insel umspülen schwimmen Krabben und Fische.

Neben all dem Reichtum an Lebensräumen und Nahrung ist für die Vögel auch die Insellage entscheidend. Es gibt hier nämlich keine Säugetiere (abgesehen von Fledermäusen, die hier vorbeifliegen), welche den am Boden brütenden Vögeln gefährlich werden könnten. Die Prädation durch Säugetiere wie Fuchs, Marderhund, Iltis oder Ratten stellt am Festland mittlerweile die größte Gefahr für Bodenbrüter dar. Ein großes Problem, welches nur schwer zu beheben ist. Inseln sind damit besonders wichtig geworden. Denn hier sind die Bodennester sicher.

Warum erzähle ich das alles?

Ich habe vor wenigen Tagen Trittsiegel von einem hundeartigen Säugetier am Strand entdeckt. Zuerst dachte ich die Spuren wären von einer großen Möwe gewesen, die auch manchmal so ähnlich Abdrücke im Sand hinterlassen, wenn sie sich zum Flug abstoßen. Aber als ich noch mehr Spuren fand war ich mir sicher, hier ist ein Säugetier gelaufen. Ich gestehe, ich war im ersten Moment ganz erschrocken. Ein befreundeter Biologe und Jäger hat sich meine Fotos angesehen und tippt auf Marderhund oder eventuell auch Fuchs. Er war wie ich erstaunt, dass das Tier so weit übers Watt rausgelaufen und dann ja noch ein gutes Stück geschwommen ist.

Im Jahr 2019 hat meine Vorgängerin zwei frisch tote Marderhunde am Strand gefunden. Und nun einer der aber noch lebt – oder lebte? Das weiß ich nicht genau. Einige Tage nach dem Spurenfund gab es weiter nördlich noch einmal Spuren – seitdem habe ich aber nichts mehr gesehen.

Ich bin jedenfalls sehr froh, dass die Brutzeit vorbei ist und alle Küken schon gut fliegen können. Mal sehen, ob ich noch einmal Spuren oder sogar das Tier selbst finden werde?

Drifter gefunden

Gleich zu Anfang der Saison habe ich am Strand etwas gefunden, was aussieht wie eine Rakete. Als ich die Aufkleber des ICBM (Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg) sah ahnte ich bereits, dass es sich um einen Forschungsgegenstand handelt. Also habe ich die Telefonnummer, welche darauf stand, angerufen. Ich habe mit Dr. Thomas Badewien gesprochen, der im Bereich Marine Sensorsysteme des ICBM arbeitet und habe ihm ein paar Fragen gestellt.

Thomas, was habe ich da am Strand gefunden? Das Ding namens „Eddy 2005“ sieht ja aus wie eine Rakete.

Das ist ein Drifter. Das ist so was ähnliches wie eine moderne Flaschenpost. Der Drifter treibt mit der Oberflächenströmung im Meerwasser und empfängt über GPS die Position, wo sich der Drifter befindet und sendet gleichzeitig über Satellitenkommunikation diese Position zu uns zurück. Somit können wir die Oberflächenströmung im Meer mit einer zeitlichen Auflösung von 10 Minuten verfolgen. Die Form ist so gewählt worden, dass sie einen Makroplastik-Partikel simuliert. Das heißt, man kann verfolgen, wo genau dieser Partikel langschwimmen würde. Dafür sind unten Flügel angebaut, die bewirken, dass der Drifter hauptsächlich durch die Strömung beeinflusst wird und nicht nur durch den Wind. Sozusagen ein Strömungssegel, welches den Windeffekt bremst.

Wie seid ihr dazu gekommen diese Drifter zu bauen?

Angefangen hat alles im Makroplastik-Projekt, wo nummerierte Holzdrifter ausgebracht wurden, welche dann irgendwo anlanden. Bei den Holzdriftern wussten wir aber immer nur den Start und Endpunkt. Aber wir wollten auch den Weg dazwischen kennen und haben dann die GPS-Drifter entwickelt. Unser Doktorand Jens Meyerjürgens hat viel technisch ausprobiert und letztlich ein tolle Lösung gefunden.

Wie lange sind die GPS-Drifter in der Nordsee unterwegs?

Die Drifter haben eine Einsatzzeit von etwa 8 Monaten. Wir hatten eine Kampagne Mitte März, von der auch „Eddy 2005“ stammt. Diese wurden bei Spiekeroog und Wangerooge ausgebracht.

Dann war er ja gar nicht so lange unterwegs – etwa 2 Wochen.

Ja das kommt gut hin. Es ist eben sehr stark Wind- und Strömungsabhängig.

Was ist der Hintergrund des Projektes?

Wir wollen wissen, welche Wege Makroplastik in der Nordsee nimmt. Und als Zweites wollen wir schauen, wo es Ansammlungsgebiete von Plastik und Schadstoffen gibt.  Diese Ansammlungen gibt es ja nicht nur an Land sondern auch auf dem Wasser. Und wo gibt es Gebiete, wo die Partikel eher auseinandertreiben. Was sind das für Prozesse? Darüber weiß man relativ wenig. Wir haben zum Beispiel eine erhöhte Ansammlung von Plastik auf Mellum. Warum ist das so? Warum genau hier?

Wie geht es dann mit den Ergebnissen weiter? Werden diese an Behörden oder Verbände gegeben, um dann gezielt in solchen Gebieten den Plastikmüll abzufischen?

Genau. Dann könnte man gezielte Kampagnen in solchen Gebieten starten. Der nächste Schritt ist, unsere Drifter mit verschiedenen Sensoren auszustatten, um auch die Wege von Schadstoffen (z.B. Paraffin) verfolgen zu können. Ein weiterer Ansatz ist, die Drifter mit Temperatur- und Leitfähigkeitssensoren auszustatten, auch um den Salzgehalt zu bestimmen. Damit wollen wir schauen, wie der Bereich zwischen Atmosphäre und Ozean aussieht. Also etwa den obersten Meter im Meer. Darüber weiß man ganz wenig, weil jedes Mal wenn man mit einem Schiff oder einem Boot hinfährt, diese Strukturen durch Verwirbelungen zerstört werden. Unsere Drifter könnten genau in diesem Bereich Daten sammeln. Das ist sehr spannend im Zusammenhang mit CO2-Speicherung oder Sauerstoffverfügbarkeit.

Du beschäftigst dich sehr intensiv mit dem Thema „Plastik im Meer“. Was müsste deiner Meinung nach da passieren?

Das großflächige Abfischen von Plastik aus dem Ozean halte ich für keine gute Variante. Man würde mehr biologische Masse rausfischen, die sich zwischen den Partikeln aufhält, als Plastik selbst. Man sollte bei den großen Flüssen ansetzen, die den Müll in den Ozean spülen. Mit gezielter Technik, wo man Plastikteile optisch detektiert und dann gezielt rausfischt. Das sind Varianten, die viel zielführender sind, als im riesigen Ozean zu fischen. Eine generelle Vermeidungsstrategie ist wohl das Beste und danach gezielt abfangen.

Und warum heißen eure Drifter „Eddy“? Warum nicht Rosa oder Thomas?

Eddy kommt aus dem englischen und bedeutet Wirbel. Und da dachten wir, unsere Drifter treiben in den Wirbeln des Ozeans herum – das passt gut.

 

Vielen Dank an Thomas Badewien für die Aufklärung zum gefundenen Drifter „Eddy 2005“, der schon auf dem Weg zurück zum ICBM ist, um bald wieder im Einsatz zu sein.

 

Sandfänger

Liebe LeserInnen,

die Insel Trischen wandert nicht nur kontinuierlich Richtung Osten, sie wird im Laufe der Zeit auch immer ein bisschen kleiner. Verluste entstehen vor allem an der Westseite wo die Wellen der Nordsee den Sand abtragen. Dieser lagert sich teilweise auch wieder an, vor allem an den Inselenden im Norden und Süden. Über den Sommer bauen sich aber auch am Weststrand entlang der Dünen wieder kleinere Sanddepots auf. Jeder Erhebung, jede Muschelschale, jedes Stückchen Strandgut und jede Pflanze dient dabei als Sandfänger. Vor allem die Pflanzen, wie Meersenf und Salzmiere machen dabei einen guten Job. Dort wo sie wachsen, haben sich im Laufe der Wochen richtige kleine neue Dünen aufgebaut. Dabei zwingt der angehäufte Sand die Pflanzen, immer wieder durch ihn hindurch nach oben zu wachsen.

Auch der Strandhafer auf den Dünen selbst hat schon viel Sand gefangen, sodass die Dünen kräftig in die Höhe gewachsen sind. Und je nachdem wie die Winterstürme ausfallen, werden diese Sanddepots im kommenden Frühjahr noch da sein. Oder sie werden wieder zurück in der Nordsee sein. Aber in jedem Fall werden in jedem Frühjahr Meersenf und Salzmiere für eine ganz wunderbare Stranddynamik sorgen, welche den Strand sehr lebendig und abwechslungsreich macht.

neue Primärdünen – entstanden durch Meersenf

 

Schade eigentlich das unsere „Badestrände“ oftmals so leergeräumt sind. Denn an vielen Orten reinigen Kurverwaltungen die Strände früh morgens, bevor die Badegäste kommen. Warum eigentlich? Weil man meint das der Gast das so haben möchte? Einen „sauberen“ Strand? Dabei wird aber ja nicht nur Müll, sondern auch alles organische Material entfernt, welches essenziell ist für Pflanzen wie Meersenf und Salzmiere. Ohne nährsalzhaltige Spülsäume können sie nicht wachsen. Und im Übrigen sind auch viele Kleintiere, z.B. Käfer, auf Spülsäume angewiesen. Wäre es nicht schöner, wenn wir den Strand so vorfinden wir er ist? Im Wald fegt man ja auch nicht die Blätter und Nadeln vom Weg. Man hätte in jedem Fall viel mehr zu entdecken.

 

Ich kann nicht aufräumen

Liebe LeserInnen,

vorab ein kleines Update zu meinen Mitbewohnern, den Rauchschwalben. Am 22. Juli flog das erste Küken für einige Zeit aus dem Nest. Ich habe es wegen seinen letzten, lustig abstehenden, Dunen am Kopf „Flusi“ getauft. Die drei Geschwister hatten offenbar noch keine Lust und sind erst am nächsten Tag losgeflogen. Jetzt kreisen Flusi 1-4 täglich für ein paar Stunden rund um die Hütte, sitzen mal im Löckgebüsch, welches gleich nördlich der Hütte ist und ruhen sich dort oder im Nest wieder aus.

Und vor wenigen Tagen habe ich zufällig noch weitere Mitbewohner entdeckt. Ich wollte das Zwischendeck der Hütte ein bisschen aufräumen, da sich dort allerlei Dinge angesammelt hatten. Auf dem Zwischendeck wird Brennholz verwahrt, aber auch Markierungsstecken und auch ein bisschen Strandmüll der später entsorgt werden soll.

Na, jedenfalls räume ich dort ein paar Kisten zur Seite und in dem Moment als ich einen mit Reisig gefüllten Korb greifen will entdecke ich darin ein Bachstelzennest. Erschrocken stelle ich schnell die letzten Kisten wieder zurück, wo sie vorher standen, und verlasse das Zwischendeck.

Am nächsten Tag habe ich mich dann auf halber Treppe in einem Tarnzelt verschanzt, um die Elternvögel beim Füttern der Küken zu fotografieren. Erst kam immer nur das Weibchen. Das Männchen (gut an dem kräftig schwarzen Brustlatz zu erkennen) hielt sich im Hintergrund. Dann endlich kam auch er mit Futter im Schnabel. Etwa alle 10 Minuten haben die beiden fette Beute gebracht. Dicke Larven und verschiedenste Insekten.

 

Es wird wohl noch ein paar Tage dauern bis die kleinen Bachstelzen ausgeflogen sein werden. Und bis dahin stelle ich mir vor, wie ich triumphierend zu meinen Eltern sage: „Ich kann nicht aufräumen – die Bachstelzen brüten doch noch!“