2021 Beiträge

Von echten und vermeintlichen Seltenheiten

Liebe LeserInnen,

egal mit welcher Tiergruppe man sich beschäftigt, es gibt immer häufige und seltene Arten. Und genau wie manche Menschen hinter seltenen Briefmarken her sind, sammeln andere Menschen Sichtungen von seltenen Vogelarten. Diese Leute fahren zum Teil viele Kilometer, „nur“ um einen seltenen Vogel zu sehen.

Und klar, auch ich freue mich, wenn ich Vogelarten sehe, die ich eben nicht so häufig zu Gesicht bekomme. Und so waren die letzten Augusttage auf Trischen schon ein bisschen aufregend, da ich (für mich) drei seltene Arten und eine vermeintlich seltene Art gesehen habe. Hier erst einmal die drei echten Seltenheiten:

 

Die Steppenweihe

Steppenweihen werden jährlich in Schleswig-Holstein gesichtet, aber eben lange nicht so häufig wie die anderen Weihen. Ihre Brutgebiete liegen viel weiter im Süd-Osten Europas und auch die Hauptzugroute liegt im östlichen Mittelmeer. Daher kommen immer nur wenige Vögel bis nach Deutschland. Mit ihrer kontrastreichen Zeichnung am Hals bestehend aus einem hellen Kragen mit dunkler „Boa“ ist sie gut zu erkennen. Ich hatte Glück, da die Steppenweihe erst nahe an der Hütte vorbeiflog, um dann an der Wiesenkante einen Rotschenkel zu erbeuten. So hatte ich Zeit ein Bild zu machen.

Steppenweihe mit Rotschenkel

Der Mornellregenpfeifer

Über die Sichtung der vier Mornellregenpfeifer habe ich mich besonders gefreut, habe ich doch über einen langen Zeitraum mehrfach versucht diese Vögel zu sehen. Für sie bin ich tatsächlich schon öfters irgendwo hingefahren, wo kurz vorher welche gesichtet wurden – immer ohne Erfolg; bis auf einmal. Diese vier waren also erst meine zweite Sichtung dieser Art. Mornellregenpfeifer kommen hier nur auf dem Zug vor, da ihre Brutplätze hoch im Norden, in den Tundren Schwedens und Norwegens sowie in Schottland, liegen. Ein Foto konnte ich leider nicht machen.

 

Der Ziegenmelker

Ziegenmelker sind nachtaktive Vögel und schlafen im Tageseinstand. Dieses Tier hatte sich dafür ein paar Hölzer ausgesucht, welche gleich neben der Treppe liegen. Und da saß dieser außergewöhnliche Vogel den ganzen Tag und hat sich bis zur Dämmerung nicht vom Fleck bewegt. Ziegenmelker sind unheimlich gut getarnt und imitieren einen Ast auf welchem sie längs draufsitzen, um quasi mit ihm zu verschmelzen. In der Nacht fliegen sie lautlos umher und jagen Insekten aus der Luft. In Deutschland sind sie recht selten. Scheinbar wurde rund um das Jahr 77 n. Chr. verbreitet, das die Vögel nachts an Eutern von Ziegen saugen – daher der bis heute bestehende etwas seltsame Name.

Und nun die Seltenheit, die doch keine war:

Die Weißbartgrasmücke

Beim morgendlichen Blick ins Lockgebüsch wird mir plötzlich anders: eine Grasmücke mit rotem Bauch – habe ich noch nie gesehen! Was kann das sein? Ich mache ein paar Fotos, bin immer noch ganz unsicher, tippe aber auf Weißbartgrasmücke. Ich schicke die Bilder zu Martin, der mir bei schwierigen Beobachtungen hilft und er ist im ersten Moment auch aufgeregt. Aber dann, bei genauerem Hinsehen, entpuppt sich die Seltenheit als ganz normale Klappergrasmücke, die wahrscheinlich an oder bei reifen Beeren gefuttert hat und sich dadurch rötlich eigefärbt hat.

Also nur Fehlalarm – war trotzdem toll!

Ab ins Grüne

Liebe LeserInnen,

ich hatte Besuch von Martin Stock und Moritz Padlat von der Nationalparkverwaltung. Wir haben in den Salzwiesen von Trischen Vegetationskartierungen und Sedimentationsmessungen gemacht.

In den Salzwiesen des Nationalparks gibt es an 14 Standorten über 150 sogenannte Dauerquadrate von 2×2 oder 10×10 Metern. Seit dem Jahr 1996 werden diese jährlich kartiert. Das heißt alle darin befindlichen Pflanzenarten werden notiert, sowie auch ihr jeweiliger Anteil an der Bedeckung im Quadrat. 15 solcher Quadrate sind auch auf Trischen, von denen aber schon zwei von den Dünen übersandet wurden. Viele Salzwiesen am Festland wurden mit Schafen beweidet. Seit 1991 hat man an vielen Stellen die Beweidung eingestellt. Die Dauerquadrate bieten die Grundlage, um zu schauen wie sich anschließend die Vegetation verändert. Trischen ist schon seit über 70 Jahren eine naturbelassene Insel in der Kernzone des Nationalparks. Hier wird die Vegetationsentwicklung unter natürlichen Bedingungen untersucht.

Salzwiesen entwickeln sich zudem in Abhängigkeit von Sedimentationsprozessen. Was bedeutet das? Jedes Mal, wenn die Nordsee höher aufläuft, bringt das aufgewühlte Wasser viele kleine Sand- und Schlickpartikel mit sich. Zwischen den Pflanzen beruhigt sich das Wasser – die Partikel sinken zu Boden und bleiben zwischen den Pflanzen liegen: Die Salzwiese wächst in die Höhe. Wie das genau gemessen wird und wofür solche Informationen wichtig sind sehen Sie hier:

 

Für alle LeserInnen, die noch nie etwas von den Halligen gehört haben: Eine Hallig hat im Gegensatz zu einer Insel keinen höheren Inselkern oder einen Deich. Die bewohnten Häuser stehen auf sogenannten Warften – das sind künstlich aufgeworfene Hügel. Abgesehen von diesen Warften besteht eine Hallig aus Salzwiesen, welche bei höheren Fluten überspült werden. Dann schauen nur noch die Warften wie Miniinseln aus dem Wasser heraus.

 

 

Fernglas oder Foto?

Liebe LeserInnen,

Vögel kann man auf verschiedene Weise erleben. Klassisch mit dem Fernglas oder dem Spektiv, über das Gehör oder indem man sie fotografiert. Ich persönlich beobachte am liebsten mit dem Fernglas oder lausche dem Zwitschern und Rufen. Hier auf Trischen fotografiere ich aber auch viel, was ich zuhause eher nicht mache. Zum einen damit ich später Erinnerungen an die Momente habe und auch zu Dokumentationszwecken.

Aber das mit dem Fotografieren ist nicht immer so ganz einfach. Meistens sitzen die Vögel nicht frei, in schönstem Licht – ganz so, als wollten sie auch gerne abgelichtet werden. Nein. Meistens huschen sie hinter einen Grasbuschel oder Ast, fliegen einfach weg, bewegen sich viel zu schnell oder drehen mir den Rücken zu. Als Laie habe ich dann manchmal auch noch die falschen Einstellungen an der Kamera gewählt, sodass das Bild dann verwackelt oder viel zu dunkel ist.

Und dann der Zwiespalt wenn ein interessanter Vogel auftaucht: will ich die Beobachtung einfach nur mit dem Fernglas genießen oder schnappe ich mir schnell die Kamera und versuche ein gutes Bild zu machen?

Vor einigen Tagen war wieder so ein Fall. Ich hatte einen tollen Vogel an der Hütte – ein Wendehals. Zuerst habe ich ihn auf dem Zwischendeck gesehen, als ich nach unten gehen wollte. Ich also schnell wieder hoch, rein in die Hütte, Kamera gegriffen, schnell die Einstellungen geprüft und dann wieder raus und vorsichtig Schritt für Schritt nach unten gepirscht. Aber der Wendehals war weg. Mist. Dann tauchte er plötzlich im Lockgebüsch auf, wo er aber immer im tiefen Geäst saß. Ich schoss ein paar schlechte Bilder (besser als nichts, für den Fall, dass er sich davon macht).

Als ich wieder oben war sah ich ihn im anderen, kleinen Lockgebüsch. Schon besser zu sehen, aber auch wieder hinter kleinen Ästen. So ein Ärger. Wieder mache ich Bilder, die ganz okay aber nicht großartig sind.

Ich beschließe dann erst einmal zu frühstücken, wenn das mit dem Fotografieren eben nicht klappen soll. Ein paar Minuten später entdecke ich ihn schon wieder, diesmal direkt vor meinem Fenster! Eine gute Chance. Ich öffne gaaanz langsam das Fenster, schiebe gaaanz langsam die Kamera durch den Spalt und kann dann doch noch ein Bild machen, welches mich zufrieden stellt. Na also.

na endlich!

 

 

vier Jahre später

Liebe LeserInnen,

nach der Beringung der jungen Silber- und Heringsmöwen ist es Aufgabe der Trischenwarte möglichst viele der Jungmöwen am Strand abzulesen. Das geht ganz gut mit ablaufendem Wasser, da sich die Möwen dann am Strand und auf den nahen Wattflächen aufhalten. Dabei sieht man dann natürlich nicht nur die jungen beringten Möwen, sondern auch Altvögel mit Ring. Je älter die Möwen sind, desto länger ist in der Regel auch deren „Lebenslauf“.

Eine solche Heringsmöwe möchte ich hier gerne porträtieren

Die Heringsmöwe mit dem Farbring „HXELV“ wurde am 7. Juli 2017 auf Trischen beringt. In dem Jahr ist sie hier geschlüpft und war am Beringungstag noch nicht flügge.

Das erste Mal wurde sie im September desselben Jahres in Cotesbach, Leicestershire in England gesehen. Danach war sie eine Zeit lang „verschollen“ und wurde dann im Juni 2018 wieder in Cotesbach gesehen. Dort verbrachte sie den Sommer und wurde dort Ende September noch einmal gesehen.

Nach ihrem Sommer in England flog sie für den Winter nach Frankreich. Anfang November 2018 tauchte sie nämlich in Mimizan in Frankreich auf, wo sie wahrscheinlich den Winter verbracht hat.

Im darauffolgenden Sommer, Im Juli 2019, wurde sie in St. Peter-Ording gesehen. Aber schon einen Monat später, im August 2019 war sie schon wieder in England, in Shawell was nur wenige Kilometer von Cotesbach entfernt liegt. Und genau wie im Jahr davor, verschwindet sie von dort Ende September.

Diesmal geht die Reise aber nicht nach Frankreich, sondern weiter gen Süden nach Portugal. Dort hält sie sich im Februar 2020 am Fluss Douro auf und wird im gleichen Jahr im September wieder in St. Peter-Ording gesichtet.

Dann wurde sie für ein Jahr nicht abgelesen und tauchte nun in diesem Jahr wieder bei mir auf Trischen auf. Hier habe ich sie exakt vier Jahre nachdem sie beringt wurde am 7. Juli 2021 abgelesen.

Ob sie in der Zwischenzeit Trischen verlassen hat oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht ist sie schon wieder in England? Oder direkt auf dem Weg nach Frankreich oder Portugal? Vielleicht wird sie ja wieder irgendwo entdeckt und abgelesen, dann kann ihre Reisegeschichte weitergehen.

 

Partyfund

Liebe LeserInnen,

bei jedem Gang entlang des Spülsaumes schaue ich natürlich nach interessanten Strandfunden. Schöne Muscheln, ein glatt geschliffenes Stück Holz oder natürlich ein Bernstein.

Vor einigen Tagen habe ich mal was ganz Anderes gefunden: ein Sixpack Radlerbier! Komplett unversehrt noch mit Banderole drum herum. Da habe ich mich aber auch gefreut. An der Hütte habe ich die Flaschen von Sand befreit, eine Flasche in den Kühlschrank gestellt. In ein Glas eingeschenkt (ich finde Bier aus PET-Flaschen ganz grauenvoll), schön kühl und perlend – ziemlich süß und klebrig aber dennoch ganz wunderbar! Ein richtiger Partyfund!

 

 

Und es ist nicht das erste Lebensmittel was noch genießbar am Strand ankam. Letztes Jahr war es eine Flasche Orangensaft. Dieses Jahr eine kleine Dose Cola und eine Dose Bohnen. Nun fehlt nur noch die berühmt Buddel Rum.

Ein spannender Strandfund, ein Getränk das ich sonst nicht gehabt hätte und dann auch noch Müll eingesammelt – eine gute Kombination. Auf der anderen Seite sind die allermeisten Plastikfunde aus dem Bereich „Lebensmittelverpackung“ auch tatsächlich Plastikflaschen: schnell ausgetrunken und dann weggeschmissen.

Und dabei lässt sich gerade die (schnell irgendwo gekaufte) Wasserflasche aus Plastik im alltäglichen Leben so einfach vermeiden. Es gibt unzählige wiederverwendbare Trinkflaschen im Handel. In allen Größen und Stilen, aus Glas oder Metall, isoliert, mit Trinkaufsatz oder ohne. Diese kann man immer und immer wieder verwenden: Kein Plastikmüll, keine Emissionen durch die Herstellung, kein aufwendiger Rücklaufprozess durch Recycling usw.

Und der Strand wäre auch sauberer, was mir allemal lieber wäre als das unverhoffte Bierchen.