Jagd Beiträge

Europaparlamentarier: Bleischrotmunition jetzt verbieten!

Europaparlamentarier: Bleischrotmunition jetzt verbieten!

Nach der erfolgreichen Abstimmung im REACH-Regelungsausschuss – der Kommissions-Vorschlag zur Verbot von bleihaltiger Schrotmunition wurde mit 90% Zustimmung angenommen – ist der Abstimmungskrimi noch nicht zu Ende. Als nächstes befasst sich der zuständige Umweltausschuss des Europäischen Parlaments mit der Regelung, danach gibt es eine Abstimmung im gesamten Parlament. Normalerweise ist die Zustimmung des Parlaments und seiner Ausschüsse nach einer so eindeutigen Abstimmung durch die Mitgliedsstaaten eine reine Formalie. Beim Thema Bleischrot ist das anders, denn es geht um gewichtige finanzielle Interessen.

Wissenschaftler fordern Verbot bleihaltiger Jagdmunition

In einem offenen Brief fordern 75 Wissenschaflter aus Europa und der ganzen Welt das Ende bleihaltiger Jagdmunition. Adressaten sind aktuell vor allem die Mitgliedsstaaten der Europäischen Unition, die am 3. September über ein Verbot von Bleischrot in Feuchtgebieten abstimmen. Den offenen Brief können Sie auf dieser Internetseite (http://www.europeanscientists.eu/open-letter-2020) im englischen Original lesen, hier veröffentlichen wir eine deutsche Übersetzung.

Zahl des Monats: Schutz von 234 Vogelarten gefährdet

Frisch aus unserer NABU-Pressestelle:

Schwächung der EU-Naturschutzrichtlinien verhindern / Online-Protestaktion gestartet

Berlin – Am 8. Juni will die EU-Kommission beraten, ob sie die EU-Naturschutzrichtlinien ändert. Dabei geht es auch darum, ob bislang geschützte Tierarten wieder gejagt werden dürfen: Mindestens 234 Vogelarten, darunter Rotkehlchen, Weißstorch und Habicht, könnten dann ihren Schutz in der EU verlieren.

Stieglitz_Kerstin_Kleinke[1]

Der Stieglitz, Vogel des Jahres 2016, ist ein beliebter Käfigvogel. Doch sein Fang ist illegal, dank der EU-Vogelschutzrichtlinie. Foto: Kerstin Kleinke

Einflussreiche Lobbys aus dem Agrar- und Forstbereich erhoffen sich von einer Änderung der EU-Naturschutzrichtlinien mehr Freiheiten. In einem im Februar bekannt gewordenen Papier schlagen deutsche Landnutzerverbände unter anderem vor, dass künftig nicht mehr alle 451 wild vorkommenden Vogelarten unter die EU-Vogelschutzrichtlinie fallen sollten, sondern nur noch besonders Bedrohte. Verlierer wären mindestens die 234 Arten – darunter viele Zugvögel – die als „nicht vom Aussterben bedroht“ gelten. Diese könnten dann nach Belieben der Regierungen, z.B. von Malta, Zypern, aber auch den deutschen Bundesländern, wieder zum Abschuss freigegeben werden.

Daher ruft der NABU bis zum Pfingstmontag zu einer Protestaktion in den sozialen Medien auf. Sie richtet sich an den zuständigen EU-Kommissar Karmenu Vella, sich dem Lobbydruck nicht zu beugen, sondern statt dessen mehr für die Durchsetzung und Finanzierung der bestehenden Naturschutzrichtlinien zu tun.

Hier geht es direkt zur Online-Aktion. Mehr Informationen zum Thema gibt es hier (www.NABU.de/naturschaetze).

Die NABU-Zahl des Monats stellt einmal monatlich einen interessanten statistischen Aspekt aus dem Themenbereich des NABU vor. Sie kann unter  hier abonniert werden und findet sich als feste Rubrik einmal monatlich im NABU Umweltpolitik-Newsletter.

Offener Brief an die deutsche Forstlobby

Die Naturschutzverbände haben in den letzten Monaten viele Initiativen unkommentiert gelassen, mit denen versucht wurde, hinter den Brüsseler Kulissen die EU-Naturschutzrichtlinien mit falschen Behauptungen zu diskreditieren, um damit eine Lockerung der Regeln zu erreichen. Dennoch halten es NABU, BUND, DNR und WWF für nötig, jetzt mit einem offenen Brief (PDF-Download) gegen so einen Lobbyversuch zu protestieren. Ihnen liegt nämlich ein Schreiben vor, das eine Reihe von deutschen Interessensverbänden, koordiniert vom Deutschen Forstwirtschaftsrat, im November an EU-Umweltkommissar Vella geschickt haben.

Welterbe Buchenwald Grumsin Foto: Klemens Karkow.

Welterbe Buchenwald Grumsin Foto: Klemens Karkow.

Darin werden zunächst neun EU-Umweltminister (darunter die deutsche Bundesministerin Barbara Hendricks) der „Schönfärberei“ und der „Unkenntnis über die Realitäten auf der Fläche“ beschuldigt. Diese hatten zuvor die Europäische Kommission schriftlich dazu aufgefordert, die Naturschutzrichtlinien nicht zu verändern (wir berichteten).

Anschließend wird in dem Schreiben der Forstlobby eine durchaus anerkannte Studie über die Auswirkungen von Natura 2000 im Wald („FFH-Impact“ – Teil 1, Teil 2, und englische Zusammenfassung) für unhaltbare Positionen missbraucht. Diese laufen darauf hinaus, dass mögliche Versäumnisse in der Natura-2000-Umsetzung vor Ort, z.B. bei der Managementplanung und der Beteiligung von Landnutzern, dem Text der Richtlinien selbst angelastet und somit Änderungsbedarf im EU-Recht begründet wird. Gleichzeitig wird aber auch eine noch größere Freiheit der Mitgliedstaaten („Subsidiarität“) bei der Umsetzung gefordert…

Warum gibt es die EU-Vogelschutzrichtlinie? Ein Gastbeitrag von Alistair Gammell

Die Aktion „NatureAlert“ zur Rettung der EU-Naturschutzrichtlinien wird in den nächsten Tagen die Marke von 300.000 aktiven Unterstützern erreichen. Sie ist die größte gesamteuropäische Naturschutzkampagne unserer Zeit. Gleichzeitig sammeln auch die Gegner des Naturschutzes digitale Unterschriften und hoffen, dass Kommissionspräsident Juncker ernst macht mit seiner Idee, die EU-Vogelschutzrichtlinie abzuschaffen und eine „modernere“ Naturschutzgesetzgebung zu kreieren.  Zu den Anführern dieser Gegenkampagne gehören diejenigen deutschen Lobbyverbände, die vorgeben, die Interessen von Bauern, Waldbesitzern und Jägern zu vertreten. Letztere stellen sich damit sogar explizit gegen ihren eigenen europäischen Dachverband FACE, der sich neulich wieder klar für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien ausgesprochen hat.

Alistair Gammell

Alistair Gammell (Foto: BirdLife)

An dieser progressiven Haltung der europäischen Jagdvertreter hat Alistair Gammell großen Anteil, über dessen Gastbeitrag ich mich heute sehr freue. Alistair hat drei Jahrzehnte für unseren britischen BirdLife-Partner, die Royal Society for the Protection of Birds (RSPB) gearbeitet und war deren erster Direktor für Internationales. Mit großen Einsatz hat er das wichtige Abkommen zwischen BirdLife International und FACE zur Vogeljagd mitverhandelt  und damit einen jahrzehntelangen Konflikt im Sinne des Naturschutzes weitgehend befriedet. Alistair war aber auch einer der „Paten“ der EU-Vogelschutzrichtlinie selbst, um deren Entstehungsgründe es in seinem Beitrag geht:

Hat man die Vogelschutzrichtlinie, und später die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie, deshalb geschaffen, weil verwirrte Eurokraten es nicht lassen konnten, sich in die Naturschutzpolitik einzumischen, die ganz wunderbar ohne diese Einmischung funktionierte, wie es einige glauben machen wollen? Oder war es, weil Vogeljagd und Vogelfang zunahmen und, zusammen mit der zunehmenden Zerstörung von Lebensräumen, untragbar wurden und eine immer größere Bedrohung für Europas Zugvögel darstellten, deren Lebensweise keine Grenzen kennt?

Frühlingsjagd in Malta – der Kommissar ist gefragt

Der Europaabgeordnete Stefan Eck hat mit seiner niederländischen Kollegin Anja Hazekamp (beide gehören zur Fraktion Europäische Linke) Mitte April zum Beginn der Zugvogeljagd auf Malta eine wichtige Anfrage an die EU-Kommission gestellt. Er will wissen, weshalb die Vogeljäger auf Malta immer noch Tausende von bedrohten Vögeln, insbesondere Wachteln und Turteltauben, auf ihrem Frühjahrszug in die Brutgebiete abschießen dürfen.

150413-birdlife-malta-turteltaube-geschossen-malta_Klein

Geschossene Turteltaube (Foto: BirdLife Malta)

Malta besteht seit Jahren auf einer Ausnahmeregelung der EU-Vogelschutzrichtlinie, die eigentlich die Jagd auf Zugvögel im Frühjahr verbietet. Erst kürzlich haben die Jäger ein nationales Referendum dazu äußerst knapp für sich entschieden. Nach Ansicht des NABU, von BirdLife Malta und vieler anderer Umweltverbände verstößt die Frühjahrssaison jedoch gegen die strengen Bedingungen für solche Ausnahmen. Gerade die Population der Turteltaube ist massiv im Rückgang begriffen (wie heute auch der britische Guardian meldete), es werden zuviele Tiere zum Abschuss freigegeben und vor allem gelingt es den Behörden offensichtlich nicht zu verhindern, dass gleichzeitig illegal eine große Zahl anderer, auch in Malta streng geschützter, Vögel geschossen werden. Daher müsste der maltesische (!) EU-Umweltkommissar Karmenu Vella eigentlich zügig dagegen vorgehen – seine Antwort auf die Frage der MdEPs dürfte daher interessant werden, wir werden berichten.