NABU-GAP-Ticker: Kroatische EU-Ratspräsidentschaft endet, Deutschland übernimmt

Brüssel, 1.Juli 2020. Punkt Mitternacht endete gestern die kroatische Ratspräsidentschaft und für die kommenden sechs Monate übernimmt Deutschland nun den Vorsitz, u.a. im Agrarrat. Am vergangenen Montag hatte die kroatische Präsidentschaft noch ihren Fortschrittsbericht zu den Verhandlungen zur GAP post 2020 vorgestellt. Gestern wurde zudem bekannt, dass sich der Rat mit dem Europaparlament im sgn. Trilog zur GAP-Übergangsverordnung auf den letzten Metern einigen konnte.

Wenig Fortschritt bei GAP-Verhandlungen

Trotz der Einschränkungen durch Covid-19 (siehe hier) gingen die Verhandlungen im Rat zuletzt (virtuell) weiter. Der abschließende Fortschrittsbericht der kroatischen Ratspräsidentschaft (siehe hier) stellt eine Zusammenfassung des bisherigen Verhandlungsstands an, etwa zum Indikatorensystem der neuen GAP, wo sich die Mitgliedstaaten mehrheitlich Vereinfachungen wünschten.

In den vergangen sechs Monaten zeigte sich zudem, dass die Idee eines gemeinsamen Budgets für Umweltmaßnahmen nicht genügend Unterstützung unter den Ministern fand. Aus Umweltsicht ist dies positiv zu bewerten, der Vorschlag der 2019 noch von Finnland eingebracht wurde, hätte die Naturschutzfinanzierung eher verschlechtert (siehe hier). Auch spielten einige Mitgliedstaaten zuletzt immer wieder mit der Idee, die Direktzahlungen auf dieses Umweltbudget anzurechnen, was dieses letztendlich ins Absurde geführt hätte. Wie es mit der Umwelt- und Naturschutzfinanzierung in der GAP aus Sicht der Agrarminister nun weitergehen soll, bleibt jedoch unklar und es wird in dem Dokument auf den Green Deal verwiesen. Diese Frage wird also unter der nun beginnenden deutschen Ratspräsidentschaft ein heikles Themen bleiben.

Eine vorläufige Einigung gab es zur Konditionalität, wo offenbar eine Mehrheit sich dafür ausspricht, den wichtigen GLÖZ-9 Standard auf Ackerflächen zu beschränken statt ihn wie im Kommissionsvorschlag auf die gesamte landwirtschaftliche Fläche anzuwenden. Dieser Standard schreibt vor, wie viel Fläche Landwirte als nicht-produktive ökologische Vorrangflächen bereitstellen müssen, um Direktzahlungen beziehen zu können. Der NABU fordert hier einen Prozentsatz von 10% auf allen landwirtschaftlichen Flächen (siehe hier). Der nun diskutierte Kompromiss bleibt jedoch selbst hinter dem zurück, was die Kommission noch 2018 vorgeschlagen hatte und steht nicht im Einklang mit der jüngst veröffentlichten EU Biodiversitätsstrategie. Diese sieht ebenfalls ein Ziel von 10% Flächenanteil von Landschaftselementen in der Agrarlandschaft vor. Mit diesem Kompromiss ist dieses aber deutlich schwerer zu erreichen.

Einigung auf zweijährige Übergangsperiode

In den letzten Stunden unter der kroatischen Ratspräsidentschaft gelang zudem eine Einigung zwischen Agrarrat und Europaparlament zur sgn. GAP Übergangsverordnung. Nachdem bereits das Europaparlament dies gefordert hatte, ist nun klar, dass die neue GAP frühestens ab 2023 in Kraft treten wird und für die nächsten zwei Jahre die alten GAP Regeln weiter gelten. Dies war angesichts der Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess unvermeidlich. Aus Sicht des NABU ist aber zu kritisieren, dass bekannte Schwachstellen der Umweltregeln unter der alten GAP nicht behoben wurden. So gab es im Parlament im April die Chance etwa die unzulänglichen Regeln für die ökologischen Vorrangflächen zu verbessern (siehe hier). Der Agrarausschuss hatte sich jedoch dagegen ausgesprochen und dieser umweltpolitische Stillstand wurde in der gestrigen Einigung nun zementiert.

Deutsche Ratspräsidentschaft

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner drückt als frischgebackene Vorsitzende des Agrarausschusses bereits auf die Tube und hofft auf eine Einigung des Agrarrates zur GAP bis Oktober. Ob sich dies angesichts der immer noch divergierenden Positonen der Mitgliedstaaten u.a. zur Grünen Architektur bewerkstelligen lässt, bleibt jedoch zweifelhaft und hängt auch davon ab, ob die EU-Regierungschefs sich im Juli auf einen neuen EU Haushalt einigen können.

Trotz ihrer Mängel hat die Übergangsverordnung immerhin Zeit verschafft. Diese sollten die Minister und Abgeordneten nutzen, um etwa die Kohärenz der GAP mit dem Green Deal sicherstellen. Rat und Parlament sollten u.a. prüfen, wie die kürzlich vorgestellten EU Biodiversitäts- und Farm-to-Fork Strategien besser in die GAP integriert werden können. Vor allem das Parlament muss ferner den rückwärtsgewandten Ideen des Rats etwa bei der Konditionalität eine progressive Position entgegensetzen wie das der Umweltausschuss in seinem Bericht bereits 2019 getan hatte. Eine erste Positionierung des gesamten Plenums des Europaparlaments zur GAP wird momentan für den Herbst/Winter 2020 erwartet.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

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