NABU-GAP-Ticker: Finaler Trilog (dieses Mal wirklich)

Brüssel, 23.06.2021. Wir erinnern uns, eigentlich sollte der „Jumbo“-Trilog Ende Mai die Einigung zum künftigen europäischen Rechtsrahmen für die GAP ab 2023 bringen. Doch nach zweimaliger Verlängerung und fast viertägigen Verhandlungen kam es zum Abbruch. Vor allem die Differenzen zwischen Europäischen Parlament und Ministerrat über die künftige Umweltambition schienen zunächst unüberbrückbar. Die EU Kommission schlug sich am Ende recht klar auf die Seite des immerhin etwas ambitionierteren Verhandlungsteams des Parlaments. Die offiziell vom 24. bis 25.Juni laufende nächste Runde soll nun den Durchbruch bringen. Sie ist gleichzeitig auch die letzte Chance für die portugiesische Ratspräsidentschaft die Reform einzutüten, bevor ihre Amtszeit nächste Woche endet.

Fronten bleiben verhärtet

Die Fronten haben sich seit Mai nicht grundlegend verändert (siehe hier). Strittig ist unter anderem die Höhe des Budgets für die zukünftigen Öko-Regelungen in der 1.Säule sowie für Umweltausgaben in der 2.Säule. Auch bei der Konditionalität stehen noch viele Fragezeichen, z.B. bei den verpflichtenden Standards zur Fruchtfolge oder dem Nachfolger der ökologischen Vorrangflächen. Ob es zu einer Einigung kommt ist daher nicht gesetzt. Gleichzeitig besteht dringender Handlungsbedarf. Erst am Montag hat der EU Rechnungshof festgestellt, dass das bisherige Fördersystem, trotz eines Budgets von 100 Mrd.€ für den Klimaschutz, daran gescheitert ist, die Emissionen aus der Landwirtschaft zu senken (siehe hier).

Die Emotionen scheinen dagegen im Vorfeld hoch zu kochen. So attackierte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner recht unverblümt die EU Kommission, v.a. in Person des EU Klimakommissars >Frans Timmermans (siehe hier). Dies ist nicht das erste Mal, dass die beiden aneinandergeraten sind. Interessant ist hier jedoch der Hintergrund. Eine Presseerklärung des BMEL vom 15.Juni gibt Aufschluss darüber, was Julia Klöckner und die europäischen Amtskollegen womöglich erzürnte (siehe hier). Darin heißt es:

„Das Plenum [der Agrarminister] forderte die EU-Kommission mit Nachdruck auf, ihrer Rolle als Vermittler zwischen Rat und Parlament gerecht zu werden. Das sei bisher nicht ausreichend der Fall, sondern sie belaste die Verhandlungen immer wieder mit eigenen und vorher nicht besprochenen Aspekten, denen zum Teil die rechtliche Grundlage fehle.”

Tatsächlich hatte die EU Kommission sehr spät in den Verhandlungen (am 11.Juni) einen Vorschlag an die Unterhändler versendet, der die Ziele des „Green Deals“ in der GAP stärker verankern sollte. Dass die Ziele der besonders wichtigen Farm-to-Fork- und der Biodiversitätsstrategie noch nicht rechtlich verbindlich sind, hatten die Agrarminister in der Vergangenheit als Argument genutzt, um zu verhindern, dass diese die Leitplanken der zukünftigen GAP werden könnten. So sieht die Position des Rats vom Oktober indirekt vor, dass es der EU Kommission verboten sein solle, sich bei der Genehmigung der nationalen Strategiepläne auf den Green Deal zu beziehen.

Offenbarungseid des BMEL

Diesen Umstand sollte der  jüngste Vorschlag der EU Kommission beenden, wenn auch in einer sehr zaghaften Formulierung. In einer zusätzlichen Erwägung zum Gesetzesentwurf (deren rechtliche Bindungswirkung eher symbolisch wäre) heißt es:

„When assessing the proposed CAP Strategic Plans, the Commission should assess the contribution of the proposed CAP Strategic Plans to the Union’s targets for 2030 set out in the Farm to Fork Strategy and the EU Biodiversity Strategy”.

Konkret genannt werden anschließend die Ziele zur Pestizidreduktion, Landschaftselementen etc. Sobald später aus dem Green Deal konkrete Gesetze entstehen, sollen die Mitgliedstaaten die EU Kommission darüber informieren, ob die nationalen Strategiepläne noch im Einklang sind mit diesen Gesetzen und ggf. nachbessern. Noch sanfter geht es eigentlich nicht. Dass das Hause Klöckner und ihre Amtskollegen deswegen derart auf die Barrikaden gehen, zeigt endgültig, was diese vom Green Deal tatsächlich halten, nämlich nichts. Wie der Teufel das Weihwasser fürchten die Agrarminister, dass Brüssel ihnen zukünftig vorschreiben könnte, mehr von den Agrarmilliarden in den Umweltschutz zu stecken oder effektiver einzusetzen.

Das Europäische Parlament wollte die GAP eigentlich noch viel mehr am Green Deal ausrichten, die Konfliktlinien sind damit ziemlich deutlich. Wer am Ende oben raus kommt bleibt ungewiss, immerhin zeigen sich nun die wahren Gesichter der einzelnen Akteure, Fortsetzung folgt.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

Keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte bleibe höflich.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und Pflichtfelder sind markiert.