NABU-GAP-Ticker: Es kann nur besser werden für die Natur: Rumänien übergibt Ratspräsidentschaft an Finnland

21. Juni 2019. Im Fokus des letzten Treffens des Agrarrates unter rumänischer Ratspräsidentschaft, welches am 18. Juni in Luxemburg stattfand, stand ganz klar die gemeinsame Fischereipolitik. Dennoch stand auch noch einmal die GAP auf der Tagesordnung. Die Ratspräsidentschaft hatte im Vorfeld dazu ihren Fortschrittsbericht vorgelegt, in welchem der aktuelle Stand beschrieben wird. Aus Umweltsicht und im Bezug auf die grüne Architektur der GAP ist der Fortschrittsbericht ganz klar zu verurteilen und stellt keineswegs einen Fortschritt dar: So hatten Rumänien und weitere Mitgliedstaaten in den letzten Wochen und Monaten versucht, den Vorschlag der Kommission massiv abzuschwächen. Es ist deshalb immer noch offen, ob und inwieweit kleine landwirtschaftliche Betriebe von der Konditionalität betroffen sein werden, oder ob die Eco-Schemes für die Mitgliedstaaten freiwillig oder verpflichtend sein sollten.

Selbst der irische Agrarkommissar Hogan, welcher bei Umweltthemen eher moderat eingestellt ist, kritisierte den Bericht. Er machte in Luxemburg deutlich, dass es keine Verwässerungen im Umweltbereich geduldet werden können und forderte von den Mitgliedstaaten, sich an den Vorschlag der Kommission zu halten. Er hatte schon im April-Rat deutlich gemacht, dass die Direktzahlungen auf dem derzeitigen Niveau nur dann weiter gerechtfertigt werden können, wenn ein signifikanter Teil davon an Umweltleistungen geknüpft wird.

Die deutsche Agrarministerin Julia Klöckner blieb in ihrem Statement zur GAP bei ihren bereits im April gestellten Forderungen, dass die Eco-Schemes verpflichtend in allen EU Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen und ein EU-weit verpflichtender einheitlicher Mindestanteil an nicht-produktiver Fläche festgelegt werden soll (Unser NABU-Kommentar dazu hier). Beides ist definitiv ein kleiner Schritt in die richtige Richtung – auch aufgrund der Tatsache, dass einige Delegationen in den vergangenen Wochen darauf gepocht haben, die Eco-Schemes nicht nur für die Landwirte, sondern auch für die Mitgliedstaaten komplett freiwillig zu machen. Allerdings fehlen in den Vorschlägen der Bundeslandwirtschaftsministerin weiterhin konkrete Zahlen zur Ausgestaltung der Eco-Schemes und der nicht-produktiven Flächen. Diese werden letztendlich aber darüber entscheiden, ob das Artensterben auf Äckern und Wiesen gestoppt werden kann (mehr dazu hier).

Um das Ziel des Biodiversitätsschutzes im Rahmen der GAP zu erfüllen, sind jährlich mindestens 15 Milliarden Euro nötig – ein Viertel des Budgets, das derzeit für die GAP verwendet wird. Diese sollten dazu genutzt werden, Naturschutzleistungen von Landwirten und anderen Landnutzern zu honorieren. Im Rahmen der Konditionalität ist ein verpflichtender Anteil von 10% naturnaher, nicht-produktiver Fläche auf allen Betrieben nötig, um ausreichend grüne Infrastruktur für Vögel und Insekten sicherzustellen.

In eine ähnliche Richtung wie Julia Klöckner äußerte sich am Dienstag auch der französische Landwirtschaftsminister Didier Guillaume. Es sei wichtig, sich für die Umsetzung der Eco-Schemes und eine ökologische Transition des landwirtschaftlichen Sektors einzusetzen und dies nicht aus den Augen zu verlieren.

Am 1. Juli übernimmt Finnland die Ratspräsidentschaft und die Arbeitsgruppen des Rates werden ihre Arbeit zügig fortsetzen. Ein ehrgeiziges und koordiniertes Vorgehen wird erwartet. Der finnische Minister Jari Leppä hofft, dass die Verhandlungen sowohl die Landwirte als auch Umwelt und Klima noch stärker mit einbeziehen als in der Vergangenheit.

Es ist schwierig, den weiteren Verlauf der Verhandlungen zu überblicken. Da über den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) noch nicht entschieden ist und es damit voraussichtlich auch im Herbst noch keine Klarheit über die finanzielle Ausgestaltung der GAP geben wird, scheint derzeit absehbar, dass einige Mitgliedstaaten und somit auch der Rat weiter auf der Stelle treten werden. So lange nicht klar ist, wann – und ob – Großbritannien die EU letztendlich verlassen wird, bremst auch dies die Verhandlungen zum MFR. Trotzdem kann (und muss) es auch ohne eine Entscheidung über den im MFR zu einer Einigung im Rat kommen.

Ganz entscheidend ist nun, wie der Agrarausschuss als nächstes agieren wird (die Optionen haben wir in unserem letzten GAP-Ticker beschrieben). Fordert dieser zum Beispiel Nachbesserungen am Vorschlag der Kommission, welche ihre Arbeit voraussichtlich im November beginnen wird, wird sich der Reformprozess weiter verzögern. Dies bietet allerdings auch die Chance, dass ein besserer Vorschlag erarbeitet wird, der endlich die Transformation einleitet, die wir so dringend brauchen. Noch weitere sieben Jahre darauf zu warten und der Umweltzerstörung weiter zuzusehen, das können wir uns als Gesellschaft einfach nicht leisten.

Selbst wenn es nicht dazu kommt, dass die Kommission nachbessern bzw. keinen neuen Vorschlag erarbeiten muss, kann man frühestens Anfang kommenden Jahres unter der Ratspräsidentschaft von Kroatien mit einer Einigung in Rat und Parlament und dem Beginn der Trilog-Verhandlungen rechnen. Es scheint jedoch gut möglich, dass sich dies noch bis Mitte 2020 hinauszögern wird. Auch das Erarbeiten der Strategiepläne in den Mitgliedstaaten wird noch einmal einige Monate bis Jahre in Anspruch nehmen.

Man kann also davon ausgehen, dass der Beginn der neuen Reformperiode sich verzögern wird. Einige Delegationen, darunter Tschechien und Frankreich, forderten deshalb diese Woche in Luxemburg bereits Klarheit zu einer Übergangsregelung, um Sicherheit für die Landwirte zu gewährleisten. Für wie lange die Übergangsregelung gelten soll und wie sie aussehen wird, ist ungewiss.

Es bleibt die Hoffnung, dass der neue Agrarausschuss, dessen Zusammensetzung sich im Juli klären wird, deutlich progressiver ist als bisher. Damit hat das neu gewählte EU-Parlament die Möglichkeit zu zeigen, dass es das Ergebnis der Europawahl und die Sorge der EU-Bürger ernst nimmt und sich wirklich einsetzt für den Schutz unserer Natur und Umwelt!

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

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