NABU-GAP-Ticker: Der Agrarrat tritt auf der Stelle: Bürokratieabbau… und sonst?

17. Mai 2019. Am 14.05.2019 kam der Rat der Agrarminister wieder einmal in Brüssel zusammen. Stellvertretend für Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner nahm Staatssekretär Hermann Onko Aeikens teil. Ein wichtiger Punkt auf der Tagesordnung war die Diskussion des von der Kommission vorgeschlagenen neuen Umsetzungsmodells der GAP. Die wohl größte Neuerung des Vorschlags ist, dass die GAP von einer vorschriftenbasierten hin zu einer leistungsbasierten bzw. ergebnisorientierten Politik gehen soll, einhergehend mit mehr Flexibilität für die einzelnen Mitgliedstaaten. Das kann aus Umweltsicht zwar Vorteile haben, ist insgesamt aber kritisch zu sehen, da die Umweltleistungen stark von der Ausgestaltung der nationalen Strategieplänen der Mitgliedstaaten abhängt. Außerdem spielt mit hinein, inwieweit die Ziele erreicht werden und wie diese kontrolliert werden. Nach dem Vorschlag der Kommission sind jährliche Kontrollen in Form von Vorlagen eines Ergebnisberichts vorgesehen, welche sich auf jährliche Etappenziele der Länder und eine Reihe von dazugehörigen Indikatoren beziehen. Dies war, neben der Festlegung von Einheitsbeträgen ein wichtiges Thema bei der Ratssitzung, zu dem die Ratspräsidentschaft im Vorfeld einen Vorschlag und Fragen erarbeitet hatte.

Insgesamt wurde die Leistungsorientierung des Kommissionsvorschlags von den Mitgliedstaaten begrüßt. Einige äußerten jedoch Sorge, dass dies zu noch mehr Bürokratie für Landwirte und einem höheren Verwaltungsaufwand führen könnte und plädierten für Vereinfachung. Darunter neben Deutschlandzum Beispiel auch Österreich, Italien, Frankreich, Polen und Litauen.

Um den bürokratischen Aufwand der Mitgliedstaaten zu verringern, stehen nun verschiedene Vorschläge im Raum, die bei den Mitgliedsstaaten auf viel Unterstützung stießen:

  • Seltenere Vorlage von Ergebnisberichten: Die Mitgliedstaaten müssen die Leistungsnachweise nicht jährlich sondern nur alle zwei Jahre (dafür plädierte z.B. Deutschland) oder sogar nur zweimalig während der gesamten Programmperiode (z.B. von Frankreich befürwortet) vorgelegt werden. Diese Idee unterstützten viele andere Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, Lettland, Italien, Polen, Litauen, Griechenland und Slowenien.
  • Vereinfachtes Indikatorensystem bzw. Anwendung von insgesamt weniger Indikatoren – dafür sprachen sich u.a. Österreich und Italien aus. Tschechien schlug vor, die Anzahl der Etappenziele zu reduzieren.
  • Mehr Flexibilität beim Abweichen vom Zielwert. Rumänien schlug im Vorfeld vor, dass die Mitgliedsstaaten in den ersten Jahren bis zu 35% vom Zielwert abgewichen dürfen, was dann langsam reduziert werden soll. Viele MS hielten dies für sinnvoll, darunter die osteuropäischen Staaten Tschechien, Slowenien, Bulgarien und Ungarn, aber auch Portugal, Spanien und Schweden.

Zu dem zweiten Punkt, dem Konzept der Einheitsbeträge, äußerten sich die meisten Mitgliedstaaten skeptisch und forderten mehr Flexibilität, darunter auch Frankreich und Deutschland: Die nicht-flächenbezogenen Interventionen der zweiten Säule und die Sektorprogramme der ersten Säule seien nicht vergleichbar und schwer planbar.

Die Niederlande äußerten sich besorgt im Hinblick auf das Instrument der Eco-Schemes: Die Teilnahme der Landwirte sei schwer vorhersehbar und es könnte z.B. passieren, dass sich mehr Landwirte bewerben als geplant, für die Kürzungen von Zahlungen sehr demotivierend wären. Deshalb forderte sie mehr Flexibilität in der ersten Säule, damit richtige Anreize gesetzt werden können.

Schweden warnte vor einem zu schnellen Abschluss der Reform, insbesondere auch weil es in der Grünen Architektur noch viel zu diskutieren gibt, da der Kommissionsvorschlag hier vieles offen lässt.

Die rumänische Präsidentschaft hat heute ein Treffen mit Kommissar Hogan und für Juni sind weitere bilaterale und trilaterale Treffen geplant. Dennoch wird es immer zweifelhafter, ob der Rat noch vor Übergabe des Vorsitzes an Finnland im Juli das Ziel einer ersten Übereinkunft erreichen wird. Eine Übergangsregelung ab 2021 wird damit immer wahrscheinlicher und man kann davon ausgehen, dass die Mitgliedsstaaten anfangen, sich darauf vorzubereiten.

All dies zeigt wieder einmal, dass die konservativ dominierten Agrarressorts  nach fast einem Jahr Verhandlungen immer noch meilenweit von einer echten Reform entfernt sind. Umso wichtiger ist die Europawahl,  die uns Bürgerinnen und Bürgern der EU die Chance eröffnet, den Wunsch nach einer naturschutzgerechteren Agrarpolitik an den Wahlurnen deutlich zu machen.

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

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