NABU-GAP-Ticker: Neue Studie – die Umweltbilanz der GAP lässt sich verbessern!

14. Dezember 2018. Nächste Woche finden die letzten Sitzungen des Jahres im EU-Agrar- und Umweltministerrat statt. Im Agrarrat am Montag (17.12) steht u. a. die Zukunft der Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) auf der Tagesordnung: Es soll eine Bilanz der Fortschritte gezogen werden, die unter der österreichischen Präsidentschaft im letzten Halbjahr für die GAP nach 2020 erzielt worden sind. Im Umweltrat am Donnerstag (20.12) wird neben der langfristigen Strategie zur Senkung der Treibhausgasemissionen und dem neuen LIFE-Programm erstmals auch die GAP nach 2020 diskutiert.Darüber, ob die Umweltminister überhaupt die Gelegenheit haben sollten, über Agrarpolitik zu sprechen, war lange gerungen worden.

Als Vorbereitungslektüre empfehlen wir den Ministerinnen und Ministern eine neue Studie: „CAP 2021-27: Proposals for increasing its environmental and climate ambition“. Das Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) macht darin Vorschläge zur Verbesserung der Umwelt- und Klimabilanz der GAP. Im Folgenden fassen Faustine Bas-Defossez, und Kaley Hart vom IEEP die Studie zusammen. Dieser Artikel wurde ursprünglich auf capreform.eu am 03.12.2018 veröffentlicht, direkte Link zum Artikel auf Englisch hier.

Wie kann die Umweltleistung der GAP nach 2020 verbessert werden?

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist der wichtigste EU-Finanzierungsmechanismus für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft. Jedoch reichen die bisherigen Bemühungen, diese Politik umweltfreundlicher zu gestalten, nicht aus, um den Druck auf die Biodiversität auf  landwirtschaftlich genutzten Flächen auszugleichen. Die EU hat kürzlich zudem ihre langfristige Strategie für eine klimaneutrale Wirtschaft veröffentlicht, zeitgleich bleiben die Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft, inklusive Viehwirtschaft, jedoch konstant auf hohem Niveau. Darüber hinaus ist die Landwirtschaft stark abhängig von gesunden Böden und Gewässern, von Bestäubern  und vom sorgfältigen Umgang mit natürlichen Ressourcen.

Paradox ist es daher, dass die Natur immer wieder als ein untergeordnetes Thema herabgespielt wurde im politischen Hin und Her, welches  einer Reihe von vergangenen Reformen der GAP vorausgegangen ist. Wo stärkere Umweltmaßnahmen vorgeschlagen wurden, waren  es genau diese Punkte, die später verwässert oder gar ganz gestrichen wurden – im Laufe der politische Vereinbarungen, die das Fundament jeder neuen Version der GAP legten. Während der Verhandlungen zur gegenwärtigen GAP haben nationale Regierungen und das Europäische Parlament so viele Möglichkeiten eröffnet, mit welchen eine ambitionierte Umsetzung des Greenings vermieden werden konnte, dass der Kernzweck des ursprünglichen Vorschlags am Ende fast untergegangen ist.

In Anbetracht des alarmierenden Rückgangs der biologischen Vielfalt, des bedenklichen Zustands der Gewässer und der schlechten Bodenqualität vielerorts, sowie des immer weiter schrumpfenden Zeitfensters in dem noch sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen in Europa ergriffen werden können, wäre es ein herber Rückschlag, wenn bei dieser Reform der GAP die Umweltambitionen nochmals so ähnlich untergehen. In der Tat sollte die GAP ein primäres Ziel  haben: den Übergang zu einer nachhaltigen Landwirtschaft in Europa zu unterstützen.

Das von der Kommission vorgeschlagene neue Umsetzungsmodell, welches einen eher ergebnisorientierten Ansatz für die Ausgaben aus der GAP mit sich bringt, ist eine interessante neue Idee. Wenn es gut umgesetzt würde, könnte es uns einen Schritt näher zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bringen und kohärentere, kreativere und innovativere Ansätze für eine ergebnisorientierte GAP liefern. Eine GAP, welche den Bedürfnissen der Landwirt*innen, die Bürger*innen und der Umwelt gerecht wird, und dabei auch die Fähigkeit hat, sich an lokale Bedingungen anzupassen.

Jedoch besteht die reale  Gefahr, dass die enttäuschende Erfahrungen während der letzten Reform sich dieses Mal wiederholen. Bei den letzen Verhandlungen wurde eine Reihe von relativ mutigen neuen Vorschlägen in ein schlichtes ‚weiter so‘  umgewandelt, häufig unter dem Vorwand von mehr Freiheit für Regierungen und Landwirte. Das Ergebnis war, dass ein Großteil der Umweltambitionen sowie auch der politischen Instrumente zu ihrer Umsetzung unterlaufen wurden.

Bisher nimmt der Ansatz der „Co-Gesetzgeber“ (Ministerrat und Europäisches Parlament) im Umgang mit den aktuellen Vorschlägen der Kommission ein ähnliches Muster an. Es scheint so, als haben sie sich die Zurücknahme von positiven Bestandteilen bzw. die Schwächung von Elementen, die eigentlich gestärkt werden müssten, zum Ziel gesetzt.

Aber das Spiel ist noch nicht vorbei. Da die Verhandlungen sich noch in der Anfangsphase befinden, lohnt es sich, die wichtigsten Veränderungen hervorzuheben, die nötig sind, um eine GAP zu schaffen,  welche verbesserte Umwelt- und Klimaleistungen an die Mitgliedsstaaten liefert. In den folgenden Paragraphen präsentieren wir die wichtigsten Schlussfolgerungen aus den 30 Handlungsempfehlungen, die im Bericht genannt werden (dies ist ein Auszug  der 30 Handlungsvorschläge; alles Details finden sich im Bericht).

Schlüsselaktionen zur Verbesserung der Umwelt- und Klimaleistung der GAP

In erster Linie muss die Gesetzgebung sicher stellen, dass die Mitgliedsstaaten ihre  Flexibilität sinnvoll einsetzen, in dem sie die Art und Weise überdenken, wie die EU-Unterstützung sich an ihren (u. a. Umwelt- und Klima-) Bedürfnissen ausrichtet. Die beiden Säulen müssen gemeinsam programmiert werden und kohärent zusammenarbeiten; negative Umwelt- und Klimaauswirkungen müssen vermieden werden. Politische Maßnahmen auf landwirtschaftlicher Betriebsebene müssen die relevante Unterstützung, Beratung und den Kapazitätsaufbau umfassen, und sie müssen Interessengruppen effektiv und transparent in den Prozess mit einbeziehen.

Zweitens, ausreichende Mittel für Umwelt- und Klimamaßnahmen sollten bereitgestellt werden; ein Mindestprozentsatz für die Zweckbindung von Umwelt- und Klimazielen in der ersten Säule sollte die 30%-Marke in der zweiten Säule wiederspiegeln. Alternativ könnte ein Mindestprozentsatz für Umwelt- und Klimazwecke für die gesamte GAP festgelegt werden.

Drittens, die Formulierung der Ziele der GAP sollte durch  konkrete, quantitative Angaben erfolgen, die mit bestehenden EU-Gesetzen verknüpft sind. Die Indikatoren, die den Fortschritt der Erreichung dieser Ziele messen, sollten präzisiert werden, um die Qualität und Größenordnung der getroffenen Maßnahmen besser ermitteln zu können.

Viertens, auf EU-Ebene sind strenge und gründliche Genehmigungs- und Überprüfungsverfahren erforderlich, damit die Mitgliedsstaaten gegenüber den Steuerzahlen ihrer Verantwortung, die Prioritäten und Bedürfnisse in ihren Ländern angemessen anzugehen, gerecht werden. Es sollten Kriterien festgelegt werden, die zeigen, wie die Kommission prüfen wird, ob die Mitgliedsstaaten tatsächlich ihre Umwelt- und Klimaziele durch ihre einzelnen  GAP-Maßnahmen erreicht haben. Zusätzlich sollte die Kommission sicherstellen, dass naturschutzfachlich wertvolle Lebensräume, die gleichzeitig auch landwirtschaftlich genutzt werden (z.B. durch extensive Beweidung), nicht von einer Unterstützung durch die GAP ausgeschlossen sind, und dass der Begriff „echter Betriebsinhaber“ nicht Landwirte und Landbesitzer diskriminiert, die einen nachweisbaren Beitrag zur Erfüllung der Umweltziele leisten.

In jeder Phase der Verhandlungen ist daran zu erinnern, dass ohne eine Stärkung der Vorschläge der Kommission die Gefahr besteht, dass sich der Status quo durchsetzt, oder schlimmer noch, dass wir uns von früheren Errungenschaften für die Umwelt verabschieden und einen Schritt rückwärts machen – dadurch würden wir nicht nur die Umwelt im Stich lassen, sondern den gesamten Landwirtschaftsektor.

 

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titelfoto: Europäische Union 2013

 

Keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte bleibe höflich.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und Pflichtfelder sind markiert.