NABU-GAP-Ticker: Agrarausschuss stimmt gegen Umweltschutz

3. April 2019. Am Ende ging es dann ganz schnell und anstatt des angesetzten ganzen Tages, dauerte die gestrige Abstimmung im Agrarausschuss zur GAP-Strategieplanverordnung nur knapp 2 ½ Stunden. Schließlich stand ein Ergebnis, das weder Umweltschützer noch Bio-, Klein- und Jungbauern glücklich machte (für deren Reaktionen (auf Englisch) siehe hier: IFAOM, CEJA und Eurovia). Auch der NABU reagierte scharf auf das Abstimmungsergebnis, welches als reine Klientelpolitik bezeichnet werden muss. Nur der europäische Bauernverband Copa-Cogeca gab sich zufrieden (PDF-Download auf Englisch).

Finales Abstimmungsergebniss im Agrarausschuss. Mit 17 Gegenstimmen wurde der abgeänderte Text der Berichterstatterin Herranz-Garcia (EVP) angenommen.

 

Das Abstimmungsergebnis im Detail

Der final verabschiedete Bericht des Agrarausschusses entspricht im Groben den vorab vereinbarten Kompromissen, die bereits letzte Woche in diesem Blog kritisiert wurden. Getrieben von den Liberalen und Konservativen wurde die Konditionalität für Zahlungen aus der GAP zusammengestrichen und wichtige Elemente für den Naturschutz, wie die ökologischen Vorrangflächen, in die Freiwilligkeit verlagert. Durch zusätzliche Ausnahmeregelungen wurden die verbliebenden Elemente der Konditionalität zudem noch weiter geschwächt. Im Gegensatz zur Konditionalität sind die Eco-Schemes freiwillig für Landwirte und wurden nur mit einem geringen Budget von 20% der ersten Säule ausgestattet. Gleichzeitig sollen diese nun auch Tierwohlmaßnahmen abdecken. Die Politikbereiche Tierwohl und Umweltschutz werden so in Konkurrenz um die überschaubaren finanziellen Mittel gesetzt.

Das Level an Umweltambition in der ersten Säule bleibt damit unter dem des Kommissionsvorschlages und fällt sogar hinter der gegenwärtig gültigen GAP-Verordnung zurück. Stattdessen wird der Großteil der ersten Säule wie bisher für die Direktzahlungen reserviert, obwohl die Mehrheit der Wissenschaft diese als ineffizient und schädlich bezeichnet. Diese ungleiche Budgetverteilung steht auch im kompletten Gegensatz zu den Empfehlungen des Europäischen Rechnungshofes. Dieser hatte erst vor kurzem noch die  fehlende Datengrundlage für den Bedarf einer Einkommensunterstützung für die Landwirtschaft kritisiert.

Ähnlich ist das Bild in der zweiten Säule. Auch hier sollen weiterhin nur 30% für den Umweltschutz reserviert werden und die Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete sind nun nach den Vorstellungen des Agrarausschusses wieder teilweise darauf anrechenbar. Bei letzteren handelt es sich um eine weitere Form der pauschalen Einkommensunterstützung und nicht um gezielte Umweltleistungen. Für den Naturschutz gehen so gegenüber dem Kommissionsvorschlag weitere finanzielle Mittel verloren.

Selbst bei der Erfassung der Ausgaben für den Klimaschutz gab die Ausschussmehrheit nicht nach und lehnte einen bereits sehr moderaten alternativen Mechanismus, vorgeschlagen von den Grünen und Linken, ab. Stattdessen werden weiterhin pauschal 40% der Direktzahlungen als Klimaschutzausgaben angesehen, völlig unabhängig davon was auf der subventionierten Fläche passiert.

Ausschussmehrheit stimmt gegen Vermeidung von Korruption

Ein Änderungsantrag, vorgeschlagen von Maria Noichl (SPD), der Interessenskonflikten innerhalb der GAP zukünftig vorbeugen sollte, flog ebenso durch. Dieser hätte verhindern sollen, dass nationale und regionale Entscheidungsträger, die über die Verteilung der GAP-Gelder entscheiden, gleichzeitig Zahlungsempfänger aus dieser sein dürfen. Dagegen stimmten jedoch die liberal-konservative Mehrheit und aus den deutschen Reihen die Abgeordneten Peter Jahr (CDU), Albert Deß (CSU), Norbert Lins (CDU) sowie Ulrike Müller (FW).

Wie geht es weiter?

Da die Zeit bis zur Europawahl nicht mehr ausreichen wird für eine Plenarabstimmung liegt der Ball nach der Europawahl bei dem neugewählten Parlament, welches zum ersten Mal im Juli zusammentreten wird. Dieses kann sich entscheiden, die Arbeit des alten Parlaments einfach weiterzuführen. Dann würden die Berichte des Agrar- und des Umweltausschusses direkt in die Vollversammlung des Parlaments gehen. Das neue Parlament kann aber auch entscheiden, komplett von vorne zu beginnen. Die Abstimmungsergebnisse in den Ausschüssen des bisherigen Parlaments wären damit hinfällig. Angesichts der Ergebnisse von gestern wäre das vielleicht die beste Lösung.

 

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

 

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