NABU-Agrar-Blog: Wir nehmen Stellung zu GAP-Verordnungsentwürfen

Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) soll ab 2023 mit einer Laufzeit von fünf Jahren in Kraft treten. Die große Neuerung ist die Einführung der sogenannten „Grünen Architektur“. Hiermit ist das Zusammenspiel aus Grundanforderungen (Konditionalität bzw. Standards zum „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (GLÖZ)), den neuen Ökoregelungen (ÖR) in der ersten Säule und den bereits bewährten Agrarumweltmaßnahmen (AUKM) in der zweiten Säule der GAP gemeint. Deutschland erstellt wie die anderen Mitgliedstatten der EU einen Nationalen Strategieplan (NSP), der Ende 2021 nach Brüssel geschickt und von der EU-Kommission genehmigt werden muss. Nachdem die Bundesregierung im Juni die GAP-Gesetze im Bundestag verabschiedet hat, sind am 8.10.2021 die dazugehörigen Verordnungsentwürfe des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtshaft (BMEL) veröffentlicht worden. Dabei handelt es sich um die GAP-Konditionalitätenverordnung (GAPKondVO) und die GAP-Direktzahlungsverordnung (GAPDZVO). Im Folgenden nimmt der NABU dazu Stellung.

Die Maßnahmen der Grünen Architektur sollen zum Erreichen der Ziele des EU-Green Deals bzw. der EU-Biodiversitätsstrategie beitragen. Zusätzlich muss diese Reform den Ausstieg aus den Direktzahlungen in der nächsten Förderperiode (ab 2028) so vorbereiten, dass dieser ohne Bruch für die landwirtschaftlichen Betriebe vollzogen werden kann.

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Verordnungsentwürfe durchaus viele positive Neuerungen für den Umwelt- und Naturschutz enthalten. So ist beispielweise eine neue Kategorie „Feldraine“ als Landschaftselement (LE) eingeführt worden. Für die Biotopvernetzung ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Weiterhin erwähnenswert ist die Einführung einer Regelung, in der festgeschrieben wird, dass bis zu 25 Prozent der förderfähigen Fläche mit kleineren (nicht förderfähigen LE) bestanden sein kann. Eine ähnliche Regelung gibt es auch für Weideflächen- diese können in Zukunft auch mit Bäumen und Sträuchern bewachsen sein. Wichtig für Feldvögel ist eine Anpassung der Nutzungstermine auf Brachen an die Brut- und Setzzeiten.Ebenso zukunftsgerichtet ist die Förderung von Agroforstsystemen.

Trotz dieser positiven Entwicklungen kann insgesamt nicht davon ausgegangen werden, dass durch diese Reform der GAP der Systemwechsel hin zu einer echten Politik der Honorierung öffentlicher Leistungen vollzogen wird, da schlicht und einfach zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Diepholzer Moor. Foto: Marcus Bosch

Die wichtigsten NABU-Kritikpunkte im Überblick

  • Die Vorgaben zu den GLÖZ-Standards zu Gewässerrandstreifen (GLÖZ 4), Fruchtwechsel (GLÖZ 8) und nicht-bewirtschafteten Flächen (GLÖZ 9) sind mit zu vielen Ausnahmen versehen. Um hier einen positiven Effekt für die Natur zu erreichen, ist es dringend erforderlich, dass sich alle Betriebe daran zu halten haben. Hier muss dringend nachgebessert werden.
  • Gewässerrandstreifen (GLÖZ 4): Die EU gibt einen drei Meter breiten Streifen an den Gewässern vor – leider wird diese Vorgabe in den Verordnungsentwürfen dadurch ausgehebelt, dass die Regelung an die Düngeverordnung angepasst wird. Betriebe, die über eine Grenzstreueinrichtung verfügen, müssen lediglich einen Meter Abstand zu Gewässern halten (die meisten Betriebe verfügen mittlerweile über diese Technik). Um unsere Gewässer vor Nährstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträgen zu schützen, sind allerdings zehn Meter breite Streifen nötig. Diese hätten weiterhin den Vorteil, einen hochwertigen Lebensraum für Insekten zu bieten.
  • Fruchtwechsel (GLÖZ 8): Hier wird definiert, dass auf jeder Fläche im Folgejahr eine andere Kultur angebaut werden muss. Dieses wäre eine deutliche Verbesserung zum Status Quo. Leider wird im folgenden Absatz festgelegt, dass auch Zwischenfrüchte und Untersaaten als Hauptkultur anerkannt werden. Somit ist es weiterhin zulässig, Mais in Monokultur anzubauen. Dieser Absatz muss unbedingt gestrichen werden, um naturverträgliche Anbausysteme zu fördern.
  • Um die Umwelt- und Naturschutzziele zu erreichen, muss das Budget der Ökoregelungen ab 2023 mindestens 25 Prozent betragen – hier wurde eine Sonderregelung eingebracht, die es erlaubt, das Budget um 2 Prozent abzusenken, wenn die Länder mehr als 35 Prozent Agrarumweltmaßnahmen in der 2. Säule programmieren. Diese Regelung ist unbedingt zu streichen.
  • Entsprechend den Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) müssen die Ökoregelungen den Pfad der Umwandlung der Direktzahlungen hin zur Entlohnung von Gemeinwohlleistungen aufgreifen. Die Prämien müssten demzufolge mit einer Anreizkomponente ausgestaltet werden. Das Gesamtbudget muss auf 50 Prozent bis 2027 anwachsen.
  • Um die für den Erhalt der Artenvielfalt notwendigen 10 Prozent nicht-bewirtschafteten Flächen in der Agrarlandschaft umzusetzen, müssen die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel entsprechend aufgestockt werden. So, wie die Ökoregelung derzeit ausgestaltet ist, wären lediglich 2,4 Prozent der Ackerfläche und 4 Prozent der Grünlandfläche als nicht-bewirtschaftete Flächen finanzierbar.

 

Der NABU-Agrar-Blog

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2 Kommentare

Stefan

15.10.2021, 22:16

Die Kategorie "Feldraine" als Landschaftselemente ist nicht neu, siehe derzeit geltende Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung, § 8 Abs. 1 Nr. 6. Die Erfassung von Feldrainen als Landschaftselement erfolgt allerdings nur in seltenen Fällen, das es aufgrund der Berechnung der Direktzahlungen anhand der bewirtschafteten Fläche einfacher und lukrativer ist. diese Feldraine unterzupflügen und mit in die Bewirtschaftung zu nehmen.

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Angelika Heitmann

18.10.2021, 15:59

Als Nicht-Agrarexpertin, sondern nur als naturverbundener Mensch, bin ich einfach entsetzt über diese vielen Ausnahmeregelungen, die wohl dazu führen werden, dass sich die schlechte Situation für Wildpflanzen und Wildtiere nicht grundsätzlich verbessern wird, obschon wir alle wissen, wie dringend dies wegen des vorhandenen gewaltigen Artensterbens erforderlich ist. Es ist wie mit der Klimakrise, diese wird erst wahrgenommen, wenn es den Menschen an den Kragen geht. Traurig für die vielen keinen Lebensraum mehr findenden anderen Wesen auf unserem Planeten.

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