Gemeinsame Agrarpolitik: Was bedeutet das EU- Vereinfachungspaket für die Natur?
Die Europäische Kommission hat Mitte Mai ein weiteres Reformpaket, eine sogenannte Omnibusverordnung, zur Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgelegt. Eine Vereinfachung der GAP ist in vielerlei Hinsicht dringend notwendig. Jedoch darf das nicht zulasten geltender Umweltstandards gehen. Aus naturschutzfachlicher Sicht führt die geplante Omnibusverordnung jedoch genau dazu: dem weiteren Abbau europäischer Umweltstandards.
Nach dem Wegfall von GLÖZ 8 (Guter Landwirtschaftlicher und Ökologischer Zustand) und der Aufweichung von GLÖZ 5, 6 und 7 im letzten Jahr (2024), sollen nun die GLÖZ-Standards 1, 2 und 4 überarbeitet werden. Die Auswirkungen der Regelungen im Jahr 2024 sind insbesondere für die Biodiversität dramatisch, da die verpflichtenden Brachflächen von vier Prozent der Ackerfläche weggefallen sind, sowie Aufweichungen von der Fruchtfolgegestaltung GLÖZ 7 dort zu einem geringeren Anspruch geführt haben.
GLÖZ – Standards über nationale Regelungen hinaus erhalten
Die GLÖZ-Standards legen einheitliche Umweltanforderungen auf europäischer Ebene fest und sorgen so für faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU. Zusätzlich wird ein ökologischer Mindeststandard festgelegt, der in den meisten Mitgliedstaaten nicht durch nationale Regelungen gewährleistet werden kann.
Es ist daher unerlässlich, an den bestehenden Regelungen festzuhalten. Auch für die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist es entscheidend, einheitliche Vorgaben zu schaffen, die gleiche Ausgangsbedingungen gewährleisten und die Annäherung nationaler Politiken an gemeinsame europäische Ziele fördern.
Die Konditionalitäten für die Agrarförderung nach 2027 sollten auf einfachen und klar strukturierten Regelungen basieren. Sie müssen verständlich für die Landwirtschaft, europaweit einheitlich und ambitionierter als bisher sein – über die jeweiligen nationalen Gesetzgebungen hinaus.
Bild 1: NABU/ GLÖZ 1 regelt, dass nicht mehr als vier Prozent der Dauergründlandfläche verloren gehen dürfen.
Bewertung der Vorschläge aus dem Reformpaket zur GAP
Die aktuellen Vorschläge der Europäischen Kommission würden zu einer Verschlechterung der Situation des Grünlands (GLÖZ 1) führen, den Schutz von Moor- und Feuchtgebieten verringern (GLÖZ 2) und die generelle Verknüpfung von Agrar- und Umweltrecht auflösen.
GLÖZ 1: Grünland erhalten
Besonders die vorgesehenen Änderungen beim Dauergrünland sind ein weiterer Abbau von wichtigen Leitplanken für den Schutz der Natur: Grünland ist ein zentraler Lebensraum für zahlreiche Arten und ein wichtiger Kohlenstoffspeicher, um Klimaziele zu erreichen. Die Ausweitung der erlaubten Umbruchsfläche bringt für die Betriebe keine tatsächliche bürokratische Entlastung mit sich.
Dank bestehender GAP-Regelungen konnte der jahrzehntelange Rückgang des Grünlands zumindest auf niedrigem Niveau gestoppt werden. Nun sollen zentrale Vorgaben der GLÖZ-1-Regelung deutlich gelockert werden: Künftig dürften in jeder Region bis zu zehn Prozent des Grünlands umgebrochen werden – doppelt so viel wie bisher. Zusätzlich sollen ökologische Betriebe vollständig von dieser Regelung ausgenommen werden, obwohl die Regelungen zum ökologischen Landbau diese Art von Grünlandschutz nicht vorsehen. In Deutschland sind immerhin 20 Prozent des Grünlands ökologisch bewirtschaftet.
Da nicht in allen Mitgliedsstaaten Regelungen zum Schutz des Grünlands neben der GAP bestehen, ist es wichtig, hier ambitionierte europäische Grundanforderungen beizubehalten.
Das Argument, die Vorschrift zu lockern aufgrund des Rückgangs der auf Grünland basierenden Tierhaltung, ist aus Sicht des NABU nicht tragbar. Tiere stehen immer öfter in Ställen und bekommen keinen Weidegang mehr. Diesen Trend aufzuhalten, ist Aufgabe der Politik. Denn der Erhalt des Grünlands ist eine gesellschaftliche Aufgabe – zielführender wäre es also weidehaltende Betriebe stärker zu fördern, um diese Lebensräume für eine Bewirtschaftung attraktiv zu machen.
GLÖZ 2: Moore und Feuchtgebiete schützen
Moore und Feuchtgebiete sind wichtige Verbündete im Klimaschutz und zur Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise. Intakte und wiedervernässte Moore speichern Kohlenstoff. Feuchtgebiete können bei Starkregenereignissen Wasser aufnehmen und in Trockenzeiten Wasser länger bereitstellen. Wasser in der Landschaft zu halten, um besser auf Extremereignisse vorbereitet zu sein, ist ein zentrales Thema der Landwirtschaft. Deswegen muss Landwirtschaft auf Moor- und Feuchtgebietsflächen natur- und klimaverträglich ablaufen. Ein europäischer Mindeststandard ist sinnvoll und bietet eine Grundlage, um weitere nationale Regelungen aufzusatteln. Dieser sollte erhalten bleiben und nicht, wie durch die Omnibus-Verordnung vorgesehen, an nationale Regelungen angepasst oder förderfähig werden.
Da ambitionierter Moorschutz anspruchsvoll ist und die Betriebe vor große Herausforderungen stellt, sollten attraktive Förderprogramme auf den GLÖZ 2 Standard aufgesattelt werden, zum Beispiel zur Etablierung von Paludikulturen, die Umstellung auf eine andere Art der Weidetierhaltung oder der Ausstieg aus dem Marktfruchtanbau und die damit verbundene Umwandlung von Ackerland in Grünland. Die Einhaltung eines Mindeststandards sollte jedoch nicht finanziell ausgeglichen werden.
GLÖZ 4: Gewässerrandstreifen erhalten
In GLÖZ 4 wird festgelegt, dass zu Gewässern ein Abstand der Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln von drei Metern eingehalten werden muss. Die geplanten Änderungen durch die Omnibusverordnung sind hier noch nicht klar definiert. Gewässerrandstreifen schützen Gewässer vor dem Eintrag von giftigen Stoffen und sollten unbedingt erhalten bleiben. Ab zehn Metern Breite liefern sie zusätzlich wichtigen Lebensraum für die aquatischen Lebenwesen im Gewässer.
Grundanforderungen an die allgemeine Betriebsführung (GAB): Verbindung von Agrarförderung und Umweltgesetzen aufrechterhalten
Die Verknüpfung von Landwirtschaft und Naturschutz in der Gemeinsamen Agrarpolitik durch die GABs besteht seit 25 Jahren. Diese Rückabwicklung wäre ein krasser Rückschritt für die Verknüpfung von Agrar und Umwelt. Umweltgesetze können dadurch über die GAP kontrolliert und sanktioniert werden.
Wir als NABU unterstützen Vereinfachungen beziehungsweise Weiterentwicklung der aktuellen Regelungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik ausdrücklich, wenn damit unnötige Bürokratie – nicht aber Umweltstandards – abgebaut wird.
GAP nach 2027
Die geplanten Vereinfachungen sind ein Signal in Richtung der bevorstehenden GAP-Reform. Der Aufschlag dafür wird in den kommenden Wochen erwartet und ist stark mit der neuen Struktur des Mehrjährigem Finanzrahmen verknüpft. Natur- und Klimaschutz geraten zusehends aus dem Fokus der Diskussionen. Die Kommission strebt eine vollständige Trennung der GAP von den Zielen des Green Deals an. Ernährungssicherung wird mit pauschalen Flächenprämien gleichgesetzt. Die 2. Säule zur Förderung des ländlichen Raums und von Agrarnaturschutzmaßnahmen droht sich in einem größeren Topf zu verlieren.
Was wir brauchen, ist mehr Natur- und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Wir brauchen zukunftsfähige Betriebe, die Nahrungsmittel naturverträglich produzieren. Dazu ist die Politik mehr denn je gefordert, die Betriebe in diese Richtung zu leiten: mit ambitionierten politischen Zielen und einer ausreichenden Finanzierung. Aktuell bietet sich mit der Verbindung von der Gemeinsamen Agrarpolitik und der EU-Wiederherstellungsverordnung eine Chance, beides unter einer Hut zu bringen! Zusätzlich wird ein von der Agrarförderung unabhängiges Budget gebraucht: Ein eigenständiger EU-Fonds zur Wiederherstellung der Natur.
2 Kommentare
Jörg
04.07.2025, 09:56Und was macht der Nabu und die grossen einflussreichen Unweltverbände mal wieder? Man empört sich mal kurz und das wars dann. Ansonsten wird weiterhin tatenlos zugeschaut, wie sich die Agrardiktatur deutschland-, europa- und weltweit festigt und weiterhin unsere Natur zerstört. Kein Protest, gar nichts, nur weiterhin Tatenlosigkeit. In Brandenburg sollen 500 (von 600 Wölfen im Bundesland) massakriert werden. Kein Wort vom Nabu oder anderen Naturschutzverbänden dazu. Man könnte es sich ja mit der Jagdlobby verderben (die Naturschützer übrigens eh nicht ernst nimmt).
AntwortenLaura Henningson
04.07.2025, 12:17Danke für den Kommentar. Es wäre nett, wenn Sie etwas Geduld hätten. Ich schaffe es nicht immer, sofort die Kommentare zu bearbeiten. Herzlichen Dank
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