Heringsmöwe Beiträge

Wie der Ring ans Möwenbein kommt

Wie der Ring ans Möwenbein kommt

Letzte Woche ist mein wöchentlicher Blogartikel ausgefallen – aus gutem Grund: Die jährliche Möwenberingung stand an! Genauer gesagt die Beringung der Küken von Silber- und Heringsmöwen, die mit 2.000-3.000 Paaren pro Art die häufigsten Brutvögel auf Trischen sind. Sie brüten in gemischten Kolonien entlang des Dünengürtels, vom Süden bis in den Norden der Insel.

Silbermöwen (hellgraue Oberseite, rosa Beine) und Heringsmöwen (dunkelgraue Oberseite, gelbe Beine) sind die häufigsten Brutvögel Trischens

Der Beringer Bernd Hälterlein sowie Leonie und Volker als Helfer*innen wurden von Axel auf die Insel gebracht. Unsere Aufgabe für die nächsten drei Tage: möglichst viele Küken von Silber- und Heringsmöwen aufspüren und beringen. Das klingt einfacher, als es ist!

Wie ein Suchtrupp liefen wir nebeneinander die Dünen und angrenzenden Salzwiesen ab. Während über uns die aufgeregten Möwen-Eltern kreisten, vertrauten die Jungvögel ganz auf ihre Tarnung: Sie duckten sich unter Grasbüschel und verharrten regungslos, um nicht entdeckt zu werden.

Fast ausgewachsenes Heringsmöwenküken in der Salzwiese

Fanden wir ein Küken, übernahm Bernd routiniert die Beringung. Das linke Bein erhielt einen kleinen Metallring, das rechte einen größeren gelben Kunststoffring. Beide tragen individuelle Codes aus Buchstaben und Ziffern. So kann das Tier zukünftig eindeutig identifiziert werden. Auf diese Weise werden Kenntnisse zu Rastplätzen, Zugwegen, Brutplatztreue und Lebenserwartung gewonnen.

Der Metallring ist der Klassiker der Vogelmarkierung. Er wird vorsichtig mit einer speziellen Beringerzange um das linke Bein gelegt und so zusammengedrückt, dass er locker sitzt, aber nicht abrutschen kann. Der Farbring wird ebenfalls vorsichtig über das rechte Bein geschoben. Sein Vorteil: Er ist schon aus größerer Entfernung mit dem Spektiv oder einer guten Kamera ablesbar. Während Metallringe meist erst bei tot aufgefundenen Vögeln abgelesen werden können, liefern Farbringe Daten über den lebenden Vogel.

Die Beringung der kleinen Möwen ging dank Bernds jahrelanger Erfahrung blitzschnell und wir kamen zügig voran. Das war auch wichtig, zum einen um die Störung möglichst gering zu halten, zum anderen weil noch ein großes Stück vor uns  lag.

Ein frisch beringtes Möwenküken: links der Metallring, rechts der Farbring

Leider fanden wir unterwegs auch einige tote Küken. Vieles deutet darauf hin, dass die Nahrungsverfügbarkeit in diesem Jahr nicht optimal ist, sodass leider immer wieder Küken verhungern.

Nach einem langen Tag war der erste Durchgang geschafft. Doch damit nicht genug: Jeder Abschnitt wird zweimal abgelaufen. Aus der Zahl der beringten und später wiedergefangenen Küken, sowie den gezählten Brutpaaren lässt sich dann der sogenannte Schlupferfolg berechnen. Die zweite Begehung zeigt oft, wie gut sich die kleinen Möwen verstecken, denn auch beim zweiten Durchgang fanden wir meist vor allem unberingte Küken, die uns zuvor entgangen waren.

In den letzten Tagen konnte ich immer wieder beringte Jungmöwen mit ihren Eltern am Strand beobachten. Es ist schön zu sehen, wie sie ihre ersten Flugversuche unternehmen und langsam selbstständig werden.

Vielleicht habt ihr ja Lust, selbst einmal nach beringten Vögeln Ausschau zu halten. Nicht nur Silber- und Heringsmöwen tragen gut sichtbare Farbringe, sondern auch Löffler, Störche und andere Arten. Mit der App BirdRing könnt ihr Ringcodes ganz einfach eingeben und direkt an die entsprechenden Projekte melden. Auf der Website European Colour-Ring Birding findet ihr zudem eine Übersicht der Projekte und Ansprechpartner.

Viel Spaß beim Entdecken und Ablesen!

 

Eure Naturschutzwartin 2025
Mareike Espenschied

 

vier Jahre später

Liebe LeserInnen,

nach der Beringung der jungen Silber- und Heringsmöwen ist es Aufgabe der Trischenwarte möglichst viele der Jungmöwen am Strand abzulesen. Das geht ganz gut mit ablaufendem Wasser, da sich die Möwen dann am Strand und auf den nahen Wattflächen aufhalten. Dabei sieht man dann natürlich nicht nur die jungen beringten Möwen, sondern auch Altvögel mit Ring. Je älter die Möwen sind, desto länger ist in der Regel auch deren „Lebenslauf“.

Eine solche Heringsmöwe möchte ich hier gerne porträtieren

Die Heringsmöwe mit dem Farbring „HXELV“ wurde am 7. Juli 2017 auf Trischen beringt. In dem Jahr ist sie hier geschlüpft und war am Beringungstag noch nicht flügge.

Das erste Mal wurde sie im September desselben Jahres in Cotesbach, Leicestershire in England gesehen. Danach war sie eine Zeit lang „verschollen“ und wurde dann im Juni 2018 wieder in Cotesbach gesehen. Dort verbrachte sie den Sommer und wurde dort Ende September noch einmal gesehen.

Nach ihrem Sommer in England flog sie für den Winter nach Frankreich. Anfang November 2018 tauchte sie nämlich in Mimizan in Frankreich auf, wo sie wahrscheinlich den Winter verbracht hat.

Im darauffolgenden Sommer, Im Juli 2019, wurde sie in St. Peter-Ording gesehen. Aber schon einen Monat später, im August 2019 war sie schon wieder in England, in Shawell was nur wenige Kilometer von Cotesbach entfernt liegt. Und genau wie im Jahr davor, verschwindet sie von dort Ende September.

Diesmal geht die Reise aber nicht nach Frankreich, sondern weiter gen Süden nach Portugal. Dort hält sie sich im Februar 2020 am Fluss Douro auf und wird im gleichen Jahr im September wieder in St. Peter-Ording gesichtet.

Dann wurde sie für ein Jahr nicht abgelesen und tauchte nun in diesem Jahr wieder bei mir auf Trischen auf. Hier habe ich sie exakt vier Jahre nachdem sie beringt wurde am 7. Juli 2021 abgelesen.

Ob sie in der Zwischenzeit Trischen verlassen hat oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht ist sie schon wieder in England? Oder direkt auf dem Weg nach Frankreich oder Portugal? Vielleicht wird sie ja wieder irgendwo entdeckt und abgelesen, dann kann ihre Reisegeschichte weitergehen.

 

Abflug von Trischens Jungmöwen

Im Sommer war die Vogelwelt auf Trischen insbesondere durch die Silber- und Heringsmöwen sowie deren Nachwuchs geprägt. Der Strand und die Salzwiese waren rappelvoll! – nun sind sie ausgeflogen.