Mauserzeit
Auf dem Wasser rund um Trischen wird es gerade eng. Überall sieht man weiße und dunkle Punkte. Denn Tausende Brandgänse und Eiderenten versammeln sich im dithmarscher Wattenmeer, um zu mausern.
Gleich nach der Brutzeit steht für viele Vögel mit der Mauser der nächste große Punkt auf ihrem Jahresplan. Der Federwechsel ist für Vögel von großer Wichtigkeit, denn Federn erfüllen viele Aufgaben. Sie isolieren die Vögel unter anderem gegen Kälte, ihre Färbung kann sowohl Balz als auch Tarnung dienen und ganz besonders wichtig: Ohne sie könnten Vögel nicht fliegen. Denn erst die großen Schwungfedern der Flügel bilden die erforderliche Tragfläche, um vom Boden abzuheben und in der Luft zu bleiben.
Doch Federn bestehen, wie unsere Haare und Fingernägel, aus dem Protein Keratin und wie jeder weiß, ist Keratin zwar haltbar, nutzt aber auch ab. So ist es auch bei Vögeln insbesondere bei den stark belasteten Schwungfedern. Damit Vögel weiterhin gut fliegen können, wechseln sie in der Regel einmal im Jahr die Schwung- und Schwanzfedern. Oft machen sie das direkt nach der Brutzeit in Sommer und Herbst, denn in der Brutzeit brauchen sie alle Energie und Ressourcen für den Nachwuchs und später im Winter ist Nahrung nicht mehr so üppig vorhanden und falls sie nach Süden ziehen, brauchen sie optimale Flugfähigkeiten. So kommt es, dass der Spülsaum gerade jetzt zu einem großen Teil aus Federn besteht.
Die meisten Vögeln mausern die Federn in einer bestimmten Reihenfolge, weshalb gerade zum Beispiel in den Flügeln von Möwen und Große Brachvögeln Lücken zu sehen sind. Ihre Flügel erzeugen auch mit ein paar fehlenden Federn genug Auftrieb, um fliegen zu können. Anders sieht es bei Enten und Gänse aus. Sie sind ziemlich schwer und technisch gesprochen ist ihre Flügelfläche maximal ausgenutzt. Wenn ihnen ein, zwei Federn im Flügel fehlen würden, könnten sie nicht mehr effizient fliegen. Daher hat sich ihre Mauserstrategie dahin entwickelt, dass alle Schwungfedern auf einmal erneuert werden. Bis die Federn nachgewachsen sind, können sie also nicht fliegen. In dieser Zeit sind sie besonders störungsempfindlich und ziehen sich auf möglichst ungestörte Gewässer zurück.
Von besonderer Bedeutung als Mausergebiet ist das Wattenmeer unter anderem für Eiderenten. Zehntausende bis über hundertausend Eiderenten vor allem aus dem Ostseeraum zieht es zur Mauser hierher. Sie rasten dann auf ruhig gelegenen Sandbänken übers gesamte Wattenmeer verteilt, oft mehrere Tausend in einem Trupp.
Brandgänse hatte ich ja gerade erst als Brutvögel Trischens und des Wattenmeers vorgestellt. Zu den hier brütenden, die jetzt zum Teil noch auf ihre Küken aufpassen, kommen zehntausende aus ganz NW-Europa zur Mauser ins Wattenmeer. Wobei der Raum Wattenmeer noch zu groß gegriffen ist. Sie konzentrieren sich in den Wattgebieten in der Elbmündung, so auch rund um Trischen. Im Juli und August versammelt sich hier ein bedeutender Teil des NW-europäischen Bestandes. Nach dem Federwechsel verteilen sie sich dann langsam wieder über das Wattenmeer.