Für Zwischendurch: Etwas andere Insel-Gedanken
Liebe Blogleserinnen und -leser,
Freitag, 14.April. Ich sitze mal wieder an der windabgekehrten Seite der Hütte und starre Löcher in die Luft, während ich auf die Greifvögel warte – die ich mir seit dem guten Singvogelzug heute Morgen herbeisehne wie die Eulenschauer bei Harry Potter, die aber einfach nicht kommen wollen. Dabei gehen mir allerhand Gedanken durch den Kopf.
Der Erste gilt dem Zilpzalp, der mich seit gut einer halben Stunde umschwirrt und Fliegen fängt. Da drängt sich mir doch spontan die Frage auf, ob das Zufall ist oder ob ich mal wieder duschen sollte? Aber vermutlich sollte ich auf die subtilen Hinweise des Zilpzalps achten und eine Dusche am Abend einplanen.
Der Zweite gilt den Großmöwen, die ich von meinem Sitzpunkt aus gut beobachten kann. Heute Morgen bei meinem morgendlichen Rundumblick über die Insel habe ich eine Gruppe von ihnen draußen auf einer Sandbank im Kreis stehen sehen, die Schnäbel einander zugewandt. Sie sahen aus, als würden sie etwas aushecken wollen! Möglicherweise planen sie einen Ringkomplott gegen mich.
Beharrlich versuche ich ihre Farbringe mit individueller Kennnummer am Bein abzulesen, während sie beharrlich davonlaufen oder (noch schlimmer!) davonfliegen. Sobald ich stehen bleibe und das Spektiv aufstelle werden sie unruhig. Und wenn ich sie anvisiere – sind sie weg. Ich bin mir sicher, hier läuft eine Verschwörung gegen mich! Oder wird man nach einem Monat auf einer einsamen Insel kautzig und zur Verschwörungstheoretikerin?
Der dritte Gedanke gilt wieder dem Zilpzalp. Er muss mit den Möwen unter einer Decke stecken! Sobald ich die Kamera auf ihn richte, flattert er davon. Oder kann der Zilpzalp womöglich kamerascheu sein?
Immer noch kein Greif am Himmel….Hallo!? Heute ist doch super Zugwetter. Ich habe sogar drei, meiner üblicherweise vier, Kleidungsschichten ausgezogen. Und der Wind der letzten Tage hat deutlich nachgelassen.
Und den vierten Gedanken widme ich dem Seeadler, der (mal wieder!) am Himmel kreist. So beeindruckend die Vögel auch sind, ist das definitiv kein Anblick der bei den hiesigen Inselbewohnern Freude auslöst. Seeadler-Tohuwabohu wie ich es gerne nenne. Alles geht in die Luft, ein riesiges Gelärme und Geflatter. Für ersteres sind vor allem die Möwen verantwortlich, von denen einige versuchen den Seeadler zu vertreiben. Komischerweise frage ich mich immer, wie sich wohl der Seeadler dabei fühlen mag? Ist er stolz darauf, dass er bei allen eine Panik auslöst und fühlt sich – naja – wie der König der Lüfte? Oder ist er irgendwie resigniert, hat er doch eigentlich nur mächtigen Kohldampf?
Und trotz der ganzen Fragen bin ich mir bei einem sicher: das mit den Greifvögeln wird heute nichts mehr! Bevor ich weiter in der Sonne vor mich hin sinniere, auf noch mehr komische Gedanken komme oder einen Sonnenbrand davontrage, sollte ich den Laptop zuklappen und mich auf die Suche nach … Möwenringen begeben!
Ihre Melanie Theel