COP-Corner: Traurige Zwischenbilanz für die Artenvielfalt
Konstantin Kreiser ist Teil der Delegation von BirdLife International auf der UN-Biodiversitätskonferenz im mexikanischen Cancún. Für den NABU berichtet er vor und hinter den Kulissen über die zweiwöchige 13.Vertragsstaatenkonferenz (COP13) der UN-Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD).
Die Nachricht, dass die EU ihre Naturschutzgesetze nicht schwächen, sondern besser umsetzen will, hat hier in Cancún große Euphorie ausgelöst. Die Verhandler der EU-Staaten und der EU-Kommission haben sich darüber genauso gefreut, wie wir NGO-Vertreter. Die Entscheidung ist auch weltweit ein ganz wichtiges Signal. Hätte Europa auf halben Weg der globalen 2020-Strategie zur Rettung der Biologischen Vielfalt plötzlich den Rückwärtsgang eingelegt, hätte man auch keine Fortschritte in den anderen Teilen der Welt verlangen dürfen.
Denn es sieht insgesamt schon schlimm genug aus, was die Fortschritte der 196 Vertragsstaaten angeht. Bis 2020 sollen sie zwanzig Einzelziele, die sogenannten Aichi-Targets „abarbeiten“. Diese reichen vom Abbau naturschädlicher Subventionen, über die Ausweisung von Schutzgebieten bis zu besserer Umweltbildung. Zur Halbzeit der Dekade hat eine Gruppe von Umweltverbänden nun eine vereinfachte Zusammenfassung des aktuellen Stands veröffentlich, darunter unser Dachverband BirdLife International und der WWF. Grundlage sind die vom CBD-Sekretariat ausgewerteten nationalen Biodiversitätsstrategien und Fortschrittsberichte der Regierungen.
Die Ergebnisse sind ernüchternd:
- Unzureichende Ambitionen: Die Zielsetzungen von 90 Prozent der vorliegenden nationalen Aktionspläne und Strategien liegen niedriger als die global vereinbarten.
- Unzureichende Fortschritte: Von den berichtenden Ländern scheinen nur 5 Prozent ausreichend schnell voranzugehen. Ein Fünftel dieser Staaten hat offensichtlich seit 2010 gar keine Fortschritte gemacht oder sich sogar in die Gegenrichtung bewegt.
- Die ärmeren Länder sind bei ihren Zielen ambitionierter als die reicheren, verzeichnen aber geringere Fortschritte.
- Die Datenlage ist katastrophal. So hat nur etwa die Hälfte der Vertragsstaaten überhaupt ihre nationalen Biodiversitätsstrategien zur Auswertung vorgelegt. Noch weniger ist bekannt über das, was sie tatsächlich unternehmen, denn die regelmäßigen Berichte der Regierungen an die CBD sind oft lückenhaft und vermutlich teilweise stark geschönt.
Wir hoffen, dass die Veröffentlichung des NGO-Berichts die Verhandler dazu bringt, einerseits die Berichterstattung so zu verbessern, dass wir in zwei Jahren ein klareres Bild haben. Vor allem aber müssen Wege gefunden werden, die Staaten zum Handeln zu bringen. Bestrafen kann die UNO die Regierungen (leider) nicht direkt, wenn sie die Ziele nicht erreichen. Anders übrigens als in der EU. Dort verleiht der Europäische Gerichtshof den gerade geretten Naturschutzrichtlinien richtig „Zähne“.
Mein „Good COP“ des Tages…
… ist ein unermüdlicher Teilnehmer unserer BirdLife-Delegation, Juan-Carlos Atienza von unsererer spanischen Partnerorganisation SEO/BirdLife. Er hat nicht nur exzellente Kontakte in diverse Regierungsdelegationen und nutzt diese für unsere Themen, er ist gleichzeitig auch eine Art Pressesprecher: Er berichtet für die spanischen Medien, blogt, fotografiert und fabriziert Graphiken für unsere Internetseiten und Twitter-Botschaften. Für alle Spanischsprecher lohnt es sich sehr, ihm auf Twitter zu folgen und seinen Blog zu besuchen.
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1 Kommentar
Klaus Kreiser
09.12.2016, 20:34Ich habe mich über Deine Wirksamkeit im fernen Cancun sehr gefreut.
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