Starkes Signal der Umweltminister zum EU-Aktionsplan

Der Aktionsplan der EU-Kommission.(Download der Broschüre auf Englisch)

Am 19.06.2017 schließen die Umweltminister der EU-Mitgliedstaaten das Kapitel „Fitness Check der FFH- und Vogelschutzrichtlinie“ endgültig ab und werfen den Blick nach vorn.

Rückblick

Wir errinnern uns: die EU-Kommission veröffentlichte am 27.04.2017 ihren vollmundig mit „Nature, People and the Economy“ überschriebenenen Aktionsplan. Dieser erfüllt bei erster Betrachtung des NABU zwar nicht ganz die Erwartungen, die wir zuvor an ihn gestellt und auf die wir hingearbeitet hatten. Gleichwohl hatten die in der Sache involvierten Umweltverbände auch auf EU-Ebene den Aktionsplan letztlich begrüßt und unterstützt. Bedenkt man, dass er nur kurzfristige Maßnahmen bis zum Jahr 2019 enthält und zusätzlich zu unserem erreichten Hauptziel gilt, die EU-Naturschutzrichtlinien unverändert zu lassen, scheint dies gerechtfertigt.

Schlussfolgerungen des EU-Umweltrats

Die luxemburgische Umweltministerin Dieschbourg, der deutsche Staatssekretär Flasbarth und der estonische Umweltminister Kiisler beim Umweltrat am 19.06.2017. Foto: Europäische Union.

Der Umweltrat in Luxemburg hat nun trotz der Vielstimmigkeit der verschiedenen EU-Mitgliedstaaten noch eine Schippe drauf  gelegt: Zum einen begrüßt er – wie dies im institutionellen EU-Gefüge üblich ist – den Aktionsplan der EU-Kommission. Darüber hinaus suchen die Umweltminister der EU im besten Diplomatensprech aber auch nach Wegen, um die EU-Kommission parallel zu weiteren Maßnahmen im Bereich Natur- und Biodiverstitätsschutz zu bewegen.

Dies wird deutlich, wenn man sich die vom Umweltrat (bisher nur auf Englisch) verabschiedeten Schlussfolgerungen näher anschaut. Adressiert werden nämlich u.a. die vom Ergebnis des Fitness Checks als prioritär herausgestellten Bereiche Naturschutzfinanzierung und Landwirtschaft sowie Umsetzung und Vollzug.

  • Unter Nummer 11 erkennen die Umweltminister selbstkritisch an, dass das Vervollständigen des Netzes Natura 2000 nebst dem Erarbeiten effektiver Managementmaßnahmen maßgeblich für die Zielerreichung der Richtlinien ist, und dass dies nur durch die Mitgliedstaaten selbst erfolgen kann.
  • Unter Nummer 17 bestätigen die Umweltminister, dass Haupthinderungsgrund dafür, dass das Natura 2000-Netzwerk die Vorteile nicht ausspielen kann, die Finanzierungslücke ist. Die Minister betonen dabei, dass angemessene, regelmäßige und zielgerichtete EU-Finanzierung nötig ist und fordern die EU-Kommission auf, nach Möglichkeiten zu suchen, um die Biodiversitätsziele besser ins EU-Budget zu integrieren. Unter Nummer 18 erkennen die Umweltminister sodann die Notwendigkeit an, die mehrjährige Finanzplanung zu verbessern im Hinblick auf Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen.
  • Unter Nummer 19 fordern die Umweltminister die EU-Kommission auf, Biodiversitätsaspekte effektiver in die Gemeinsame Landwirtschaftspolitik der EU (GAP) und andere parallele Politiken zu integrieren.
  • Unter Nummer 22 betonen die Umweltminister, dass es wichtig ist, aktuelle Schätzungen der Kosten für die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien vorzulegen, auch um noch im laufenden Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) die Wirksamkeit des integrierten Ansatzes der Biodiversitätsfinanzierung bewerten zu können.
  • Unter Nummer 25 erneuern die Umweltminister ihre Aufforderung an die EU-Kommission, einen Vorschlag für ein Transeuropäisches Netzwerk an Grüner Infrastruktur (TEN-G) vorzulegen.

 

NABU-Bewertung

Rückblick: Der NABU und BirdLife Europe beim Umweltrat am 20.06.2016 im Gespräch mit Umweltkommissar Vella. Foto: BirdLife Europe.

Der NABU und seine Dachverbände – BirdLife Europe und EEB – hatten im Rahmen ihrer Stellungnahme zum Aktionsplan und in den Gesprächen mit der EU-Kommission genau diese Punkte als elementar angesehen: TEN-G, Kostenschätzung, GAP-Kohärenz und Naturschutzfinanzierung im nächsten MFR. Vielfach haben sie im Vorfeld aber zu hören bekommen, hierdurch würden andere Politiken vorweggenommen oder dies sei zu ambitioniert für den kurzen Zeitraum des Aktionsplans.

Bezüglich des vom NABU als Ausweg aus der Finanzierungslücke gesehenen eigenständigen Naturschutzfonds findet sich in den Schlussfolgerungen nun keine explizite Forderung der Umweltminister. Dies mag auch daran liegen, dass in Deutschland zwar die Umweltministerin vehement für einen solchen eintritt, diese Position aber nicht ressortabgestimmt ist. Wichtig werden dürfte für die Zukunft also, dass sich eine gemeinsame Linie auch mit anderen Ministerien findet. Von einem Naturschutzfonds betroffen, aber bezüglich der finanziellen Leistungen an Landnutzer auch von ihm profitieren könnte beispielsweise das Landwirtschaftsministerium; haushalterisch relevant dürfte darüber hinaus das Finanzministerium sein. Immerhin sieht auch der beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft angesiedelte Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik – gemeinsam mit dem Sachverständigenrat für Umweltfragen – in einer aktuellen Stellungnahme den Naturschutzfonds grundsätzlich für das vorteilhaftere Modell.

 

Fazit

Insgesamt verdeutlichen die aufgezeigten zahlreichen Hinweise in den Schlussfolgerungen, dass ein „Business as usual“ nicht ausreichen wird. Damit hat die Kommission genügend Rückhalt aus dem Mandat der Mitgliedstaaten: zum einen gilt es, die einzelnen Maßnahmen des Aktionsplans abzuarbeiten – eine Aufgabe, die nicht unterschätzt werden sollte. Gleichzeitig sind weitere Schritte einzuleiten, um gerüstet zu sein und die Weichen zu stellen, damit die großen Politikbereiche der EU – etwa GAP und MFR – spätestens nach 2020 ebenfalls ihren Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten.

Raphael Weyland
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