NABU-GAP-Ticker: Öko-Regelungen in Deutschland – die Arbeit beginnt jetzt erst!
Berlin, 14.4.2021. Quasi zeitgleich zur Beratung des 1.Gesetzespaketes zum nationalen Strategieplan im Bundeskabinett veranstaltete der NABU gestern eine Online-Veranstaltung mit dem Titel „Öko-Regelungen in Deutschland: Systemwechsel oder Greenwashing?“. Dort diskutierten Experten aus Verwaltungen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen mit über 230 Teilnehmern wie dieses neue Instrument der GAP zu einem umweltpolitischen Erfolg werden und ein Greening 2.0 vermieden werden kann.
Einigkeit bestand, dass die endgültigen Vorschläge deutliche Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf des BMEL enthielten. Wie der Vortrag von Dr. Rainer Oppermann zeigte sind die vorhandenen Ansätze jedoch noch nicht ausreichend, um den enormen Bedarf zum Schutz der Biodiversität in der Agrarlandschaft zu decken. So ist der angedachte verpflichtende Mindestanteil von 3% für nicht-produktive Flächen in der Konditionalität deutlich zu niedrig, damit der gesamte Strategieplan etwa durch die Öko-Regelungen die laut EU Biodiversitätsstrategie notwendigen 10% verwirklichen kann.
Bei den vorgeschlagenen Öko-Regelungen stehen zudem erstmal nur Überschriften. Die letztendliche Wirkung für den Naturschutz wird sich erst zeigen, wenn alle technischen Details festgelegt sind. Die noch kommende Rechtsverordnung ist deswegen genauso wichtig wie das jetzt diskutierte Gesetzespaket. In diesem Zusammenhang lohnt sich der Blick über den Tellerrand in die EU Nachbarländer aus welchen Vertreter aus Österreich und den Niederlanden einen Einblick in den jeweiligen Planungsstand vor Ort gaben.
Das Beispiel Niederlande zeigt, dass bei den Öko-Regelungen in Deutschland noch deutlich Luft nach oben ist, u.a. was das Budget angeht. Zum anderen soll dort ein durch Regierung und Stakeholdern entwickeltes „Rating-System“ sicherstellen, dass die Vergütung (ähnlich wie bei der in Deutschland diskutierten Gemeinwohlprämie) an die entsprechende Umweltambition gekoppelt ist. Der österreichische Ansatz betont die Bedeutung der Verzahnung der Öko-Regelungen mit den Maßnahmen der 2.Säule. Gerade letztere soll auch weiterhin eine zentrale Bedeutung für die Umsetzung der GAP in Österreich haben, was sich auch in der Budgetaufteilung wiederspiegelt. Aus unserer Sicht könnte deshalb für Deutschland ein Ansatz sein, dass Instrument Umschichtung stärker zu nutzen, als es das Bundeskabinett nun vorgeschlagen hat.
All diese Beispiele zeigen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt bis zur finalen Ausgestaltung der GAP. Die Richtung stimme zwar, aber es können im Bundestag noch einzelne Schrauben gedreht werden, nach Ansicht des SPD-Bundestagsabgeordneten Rainer Spiering. Auch im Hinblick auf den noch laufenden Trilog in Brüssel wäre es wichtig, dass Deutschland ein ambitioniertes Signal sendet, laut Maria Noichl, Verhandlungsführerin der Sozialisten im Europaparlament. Verbesserungsbedarf besteht auf jeden Fall auch aus Sicht der Vertreter von AbL und der europäischen Naturschutzorganisation BirdLife Europe.
Link zu den Präsentationen:
1_Vortrag Dr. Burkhard Schmied (BMEL)
2_Vortrag Dr. Rainer Oppermann (IfAB)
3 Vortrag Weber-Hajszan (Österreich)
4_Vortrag Mulders (Niederlande)
Der NABU-GAP-Ticker
Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv – #FutureOfCAP
Titelfoto: Europäische Union 2013
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3 Kommentare
Kai Hansen
12.05.2021, 16:23Hallo Erst mal danke für Ihre Arbeit. Meine Frage ist: Wieso wird die zweite Säule nicht abgeschafft, weildieerste Säule dazu gebracht wird, durch Nachweis, dass Artenschutz, Bodenschatz, Klimaschutz den Anforderungen einer alles Lebendige schonenden Landwirtschaft entspricht? Nicht Fläche undErtragsmaximierung (Export) wird belohnt, sondern der messbare Beitrag zu einer für alle Bereiche gesunden Anbauweise, nach Maßgabe einer Stakeholder-Wirtschaft.
AntwortenKonstantin Kreiser
19.05.2021, 18:22Lieber Herr Hansen, vielen Dank für Ihren Kommentar. Das Zwei-Säulen-System ist in der Tat anachronistisch. Abgeschafft gehören unserer Meinung vor allem die pauschalen Flächenprämien. Ein künftiges Fördersystem sollte eigentlich nur noch aus einem Bereich bestehen, der für eine gewisse Zeit den Umbau der Betriebe unterstützt und sozial abfedert sowie und aus einem Bereich, der kontinuierlich Naturschutzmaßnahmen von Landwirten bezahlt, die über das gesetzlich verlangte hinausgehen. Die jetzt geplante Einführung der Ökoregelungen (immerhin mind. 25% der Ersten Säule) und (leider nur leicht) verschärfte Grundanforderungen sind der Anfang von Ende des umweltschädlichen Systems. Dass wir dazu beitragen konnten, dass dies zwar noch nicht einstürzt aber doch gehörig ins Rutschen geraten ist, macht uns durchaus stolz - ohne die NABU-Mitglieder und Unterstützer wäre das nicht möglich gewesen.
AntwortenEberhard Kauffmann
12.05.2021, 17:54Die von dieser Regierung zu verantwortende Agrarpolitik (auch GAP) ist verantwortungslos und schadet dem Vertrauen im Land und in Europa.Es ist nicht vermittelbar, dass die Landwirte die geringste finanzielle Förderung erhalten, die durch ihre Produktionsweisem die Natur schonen, Tiere mit Achtung und artgerechter Haltung aufziehen und auf den Einsatz von Umweltgiften verzichten.Diese Bauern sind es, die sich für den Erhalt unserer Umwelt einsetzen und gesunde Lebensmittel für uns produzieren. Wie ist es möglich, dass gut bezahlte Entscheidungsträger sich für ein "weiter so" stark machen und die pauschale Förderung nach Fläche und Masse unterstützen? es sind doch diese Betriebe, die mit Monokulturen und den Einsatz von Pestiziden, Überdüngungen unsere Böden zerstören, die Artenvielfalt reduzieren und unser kostbares Trinkwasser mit Nitraten vergiften. So bitte nicht! Verantwortung sieht aus meiner Sicht anders aus.
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