NABU-GAP-Ticker: Alles super beim Trilog?
Brüssel, 24.03.2021. Während in Deutschland das BMEL zügig mit der nationalen Umsetzung der GAP voranschreiten möchte (siehe hier), laufen in Brüssel noch immer die Verhandlungen zwischen den Gesetzgebern zur finalen Ausgestaltung der entsprechenden EU Verordnungen. Angesichts dessen, dass in Deutschland jede Forderungen zur GAP, die über den EU Mindeststandard hinausgehen, auf massiven Widerstand stoßen, sind diese Verhandlungen von enormer Bedeutung.
In den letzten Wochen stockte dieser sgn. Trilog zwischen EU Parlament, Rat und EU Kommission. Bei allen großen Streitpunkten wie der grünen Architektur, der sozialen Konditionalität oder der Ausgestaltung des Umsetzungsmodells gab es nur wenige Fortschritte (siehe hier). Große Fragen wie die Budgetaufteilung zwischen den Instrumenten kamen zudem noch gar nicht auf. Die portugiesische Ratspräsidentschaft wagt nun ab dem 26.März den Befreiungsschlag und hat einen sgn. „Super“-Trilog anberaumt. Die Verhandlungen sollen während diesem Treffen nun intensiviert werden, in der Hoffnung zumindest bei einigen Punkten zu einem Durchbruch zu kommen.
Was steht auf der Agenda?
Die Triloge finden traditionell sehr im Verborgenen statt, der Vorwurf der Verhandlungen in Brüsseler Hinterzimmern trifft hier leider voll zu. Auch deswegen hatte ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis noch unter der deutschen Ratspräsidentschaft mehr Transparenz gefordert (siehe hier). Die durchgesickerten Informationen der letzten Wochen lassen jedoch Rückschlüsse zu, was auf der Agenda ab Freitag stehen dürfte:
- Bei der Ausgestaltung des Umsetzungsmodells bleiben einige Knackpunkte. Auch wenn zumindest Rat und Parlament sich einig sind, dass die Kontrolle der Zielerreichung nur alle zwei Jahre erfolgen soll (statt jährlich wie von der EU Kommission vorgeschlagen), bleiben offene Fragen u.a. zur Anzahl der Indikatoren. Der Rat fordert eine möglichst geringe Anzahl von Indikatoren, anhand welcher der Fortschritt der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung gemessen wird. Die EU Kommission wünscht sich jedoch eine Erweiterung der Liste, um den Zielen des Green Deals gerecht zu werden und messen zu können, wie sehr die GAP zu jenen beiträgt. Das Parlament scheint eher in die Richtung der EU Kommission zu neigen. Der Vorschlag der EU Kommission wäre aus Umweltsicht zu begrüßen, da der relevante Anhang I des urprünglichen Kommissionsvorschlages von 2018 ungeeignet scheint, den neuen Zielen Rechnung zu tragen.
- Großen Streit gibt es bei der sgn. sozialen Konditionalität. Neben Umweltauflagen sollen die Direktzahlungen nach Willen des EU Parlaments an die Einhaltung von grundlegenden Arbeitsschutz- und Sozialvorgaben gebunden sein. Angesichts von Millionen prekär Beschäftigten in der Branche eine wichtige Forderung. Die Mitgliedstaaten fürchten dagegen den administrativen Aufwand, der europäische Bauernverband COPA&COCGECA läuft ebenfalls Sturm gegen diese Idee.
- Bei einer Reihe von Instrumenten, v.a. bei den gekoppelten Zahlungen und Investitionsbeihilfen stehen strengere Umweltauflagen im Gespräch. So sollen umweltschädliche Investitionen vermieden werden, die im Gegesatz zu europäischen Umweltstandards wie der Nitrat- oder Wasserrahmenrichtlinie stehen. Das Parlament hat hier einige positive Ideen eingebracht, etwa eine Zweckbindung von 30% für nachhaltige Investitionen in Umweltschutz in der 2.Säule (gemessen am Gesamtbudget der Investitionsbeihilfen) sowie einer Negativliste von schädlichen Investitionen. Bei der Vermeidung der Übernutzung von Gewässern durch neue Bewässerungsanlagen drohen jedoch von beiden Institutionen Rückschritte.
Wie geht es weiter?
Was beim „Super“-Trilog herauskommt, wird sich zeigen. Dass die Verhandlungen damit abgeschlossen sind, glaubt in Brüssel jedoch niemand. Der offizielle Wunsch der drei Institutionen ist es, bis Mai eine Einigung zu erreichen. Ambitioniert ist dieses Ziel in jedem Fall: entweder der Termin am Freitag bringt eine deutliche Beschleunigung des Verhandlungstempos, ansonsten könnten sich diese noch bis Juni oder noch länger hinziehen.
In jedem Fall wirft dieser schleppende Verlauf ein schiefes Licht auf die Bestrebungen des BMEL, möglichst noch im März wichtige Pflöcke für die deutsche Umsetzung der GAP einzuschlagen. So werden bereits jetzt Vorentscheidungen etwa zum Anteil nicht-produktiver Flächen oder zum Budget für Eco-Schemes getroffen, zu welchen noch nicht absehbar ist, was die europäischen Vorgaben sein werden.
Sicher ist auch, dass die aus Umweltsicht entscheidenden Punkte wie die Grüne Architektur bald auf der Tagesordnung stehen dürften. Der NABU fordert weiterhin, dass die GAP in Einklang mit dem Green Deal gebracht wird und etwa das Ziel 10% der Agrarlandschaft für die Natur zu reservieren maßgeblich umsetzt. Hierzu braucht es deutlich strengere Vorgaben in der sgn. Konditionalität, als dies Rat und Parlament jeweils im Oktober beschloßen hatten. Zudem braucht es quantitative und qualitative Verbesserungen bei freiwilligen Umweltmaßnahmen. Die vom Parlament geforderte Zweckbindung von 30% für die neuen Öko-Regelungen in der 1. Säule muss die Ausgangsbasis sein. Ideen wie eine Zweckbindung für die ineffizienten Direktzahlungen sind diesbezüglich kontraproduktiv und verhindern eine weitere Steigerung des Umweltbudgets während der Programmierungsperiode.
Über die Verhandlungsergebnisse des kommenden Trilogs werden wir natürlich ebenfalls berichten und eine Einschätzung liefern, ob am Ende nur ein PR-Stunt bleibt oder die Ergebnisse nicht doch „super“ sind.
Der NABU-GAP-Ticker
Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kulissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/Agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv – #FutureOfCAP
Titelfoto: Europäische Union 2013
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