Haushaltsentwurf 2025 – Welche Änderungen gibt es im Naturschutz

Haushaltsentwurf 2025 – Welche Änderungen gibt es im Naturschutz

Mitte August hat die Bundesregierung ihren Entwurf für den Haushaltsplan 2025 vorgelegt. Dieser wird Mitte September in erster Lesung im Bundestag beraten. Zu dieser Haushaltswoche, geben wir hier einen Überblick für den Naturschutz.

Eine Überlegung vorab 

Auch der Naturschutz ist von Inflation betroffen, sei es durch Personalkosten, steigende Mieten oder Kosten für Unteraufträge z.B. an Bauunternehmen, welche mit Spezialmaschienen einen Fluss renaturieren. Selbst bei gleichbleibenden Fördersummen erhält man also weniger gesellschaftliche und landschaftliche Wirkung. Anders gesagt, ist der Realverlust der einzelnen Haushaltstitel in den vergangenen und folgenden Jahren höher als die nachfolgend aufgezählten nominalen Änderungen. 

Kürzungen im „normalen“ Haushalt

  • Insgesamt steigt der Etat des Bundesumweltministeriums (BMUV) leicht an, was aber vor allem an höheren Ausgaben für die Zwischenlagerung und Endlagerung radioaktiver
    Abfälle (Kap. 3) liegt. Auch im Naturschutz (Kap. 4) wird mehr ausgegeben. Dies ergibt sich jedoch aus den Geldern der Versteigerung der Offshore-Windenergie-Lizenzen liegt, welche eigentlich sogar hätten höher ausfallen sollen (siehe Abschnitt Meeresschutz). In den meisten anderen Kapiteln, wie zum Beispiel Umweltschutz (Kap. 1) oder Verbraucherpolitik (Kap. 8) wird hingegen insgesamt gekürzt.
  • Auch der Bundesnaturschutzfonds (894 02) soll um weitere 7,4% ( -8 Mio. €) auf 100 Mio. € gekürzt werden. Die Aufschlüsselung der Unterprogramme ist im HH-Entwurf noch unvollständig. Lediglich der Wildnisfonds mit 14 Mio. € (minus 1 Mio. €) und das Artenhilfsprogramm (nAHP) mit 14 Mio. € sind angegeben. Positiv ist, dass das nAHP nun auch endlich eine Förderrichtlinie bekommen hat. Die zwei aufeinander folgenden Kürzungsjahre (2024 bereits -9% / 10 Mio. €) beim Bundesnaturschutzfonds dürften den Spielraum für die Vergabe neuer Projekte stark einschränken, denn von den verbliebenen Geldern müssen auch bestehende Verpflichtungen (d.h. bereits laufende Projekte) finanziert werden. Teilweise soll dies jedoch durch das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) aufgefangen werden.

  • Beim Bundesfreiwilligendienst (684 14) sollen im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 11% ( -23 Mio. €) eingespart werden. Diese Kürzung von 207 auf 184 Mio. € entspräche sogar einer Reduzierung bis knapp unter die tatsächlichen Ausgaben (IST) von 2023. Zudem steigt der Mittelabfluss in den Jahren seit der Pandemie wieder an, sodass man diesen Trend nun vielleicht genau zum falschen Zeitpunkt ausbremsen könnte.
    Auch beim NABU und seinen Landesverbänden und Zentren können Menschen jeden Alters einen Bundesfreiwilligendienst absolvieren.
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  • In der Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sind nach größeren Veränderungen im letzten Jahr diesmal kaum Einschnitte vorgesehen. Im Haushalt (HH) 2024 wurde das ANK herangezogen, um eine Kürzung von 125 Mio. € bei den Waldmaßnahmen der GAK auszugleichen. In 2025 können noch bis zu 90 Mio. € aus dem ANK Handlungsfeld Wald in die GAK fließen können. Für den Klima- und Naturschutz ist diese Kürzung kein Verlust, denn der Nutzen der Maßnahmen war gering. Weitere 10 Mio. € können aus dem Handlungsfeld Boden in die GAK verschoben werden.
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Offshore Erlöse und Meeresschutz 

Beim Thema Meeresschutz wird es wieder einmal fatal. Bereits bei den letzten Haushaltsverhandlungen wurden die eigentlich für Meeresschutz reservierten 5% aus der Versteigerung der Offshore-Windenergie-Lizenzen auf 3,125% reduziert. Das entsprach einer Kürzung um 251 Mio. €. Übrig blieben immerhin noch 418 Mio. €. Durch das Haushaltsbegleitgesetz soll nun erneut das Wind-auf-See-Gesetz angepasst werden, welches die Verwendung dieser Erlöse regelt. Ziel ist es die Gelder aus anstehenden Versteigerungsrunden auf 100 Mio. € für Meeresnaturschutz je Ausschreibungsjahr zu deckeln. Diese Deckelung gilt für die Einnahmen in 2025 und 2026.

Aktuell sieht der Entwurf der Bundesregierung vor, für diese Gelder beim BMUV den neuen Titel „Maßnahmen des Meeresnaturschutzes“ (894 03) einzurichten und mit 60 Mio. € für 2025 auszustatten. Weiterhin wird der bisherige Titel „Nationaler Meeresschutz“ (892 05) auf das „Sofortprogramm Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee“ reduziert und entsprechend umbenannt. Der Titel fällt 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 9 Mio. € geringer aus, was durch eine Streckung/Verschiebung der Gelder bis 2027 erklärt wird.

Den aktuellen Diskussionsstand scheint der Haushaltsentwurf aber noch nicht abschließend wiederzugeben. Beispielsweise gibt es einen zusätzlichen Beschluss des Haushaltsausschusses, der weitere Anpassungen vorschlägt. So soll die Finanzierung der Wattenmeerzentren aus dem Bundesnaturschutzfonds herausgelöst und diesem neuen Titel hinzugefügt werden. Außerdem soll zeitnah eine zweckgebundene Zustiftung an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt erfolgen, da die „langfristige Wirksamkeit der Maßnahmen angemessene und effiziente Umsetzungsstrukturen [erfordert]“. Offenbar betrifft dies die verbleibenden 418 Mio. € aus den 13,4 Mrd. € Versteigerungserlösen von 2023.

Insgesamt sind die erneuten Einschnitte bei der Kompensation von Umweltauswirkungen des Ausbaus der Offshore-Windenergie trotzdem verheerend. Zum einen werden die verbliebenen Mittel der Komplexität und Dauer der Aufgabe nicht gerecht. Zum anderen wird hier der politische Deal des Osterpakets aufgekündigt. Nötig und auch ehrlich wäre also den Deckel von 100 Mio. € deutlich anzuheben.

 

Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz

Etwas besser sieht es beim Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz aus. Hier schauen wir in der Regel nicht auf die Differenz vom SOLL des aktuellen zum SOLL des nächsten Haushaltsplanes, sondern die Gesamtsumme. Das BMUV kommuniziert den Erhalt des ANK mit all seinen verbliebenen 3,5 Mrd. € bis 2028. Wirklich überprüfen lässt sich diese Zahl anhand öffentlicher Dokumente eigentlich nicht, denn die Verpflichtungsermächtigungen des Wirtschaftsplanes geben nur einen Planungsstand wieder und in den Finanzplänen der Vorjahre wurde das ANK zusammen mit der Nationalen Klimaschutzinitative (NKI) berichtet. Trotzdem scheint das ANK ohne größere Einschnitte auszukommen – ein Erfolg von Steffi Lemke und für den Naturschutz.

Finanzpläne sind allerdings für folgende Bundesregierungen allerdings nicht bindend und so kommt es aktuell vor allem darauf an, noch mehr Umsetzungserfolge vorweisen zu können. Und genau hier gibt es beim ANK auch endlich Fortschritte. Seit unserer letzten Zwischenbilanz im Juni wurden drei zentrale Förderrichtlinien veröffentlicht. Dazu gehören das 1000-Moore Programm (ANK-Maßnahme 1.3),  erstes Modul zur Wiedervernässung landwirtschaftlich genutzter, entwässerter Flächen (Maßnahme 1.4 “InAWi”, siehe hier für einen Überblick der noch ausstehenden Module) und die Förderung von „Maschinen und Geräte zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen in Agrarlandschaften“ (Maßnahme 6.5) welche unter anderem Maschienen zur nassen Bodenbearbeitung fördert. Weitere Förderprogramme solle bald folgen (Klimawildnis (Maßnahme 4.2)) oder sind weit fortgeschritten (Förderprogramm klimabezogene Maßnahmen in der Wasserwirtschaft (Maßnahme 2.2) und Blaues Band II (Maßnahme 2.3)). Einzig die Veröffentlichung der Förderrichtlinie für “Ökosystemdienstleistungen im Wald / Wälder mit hoher Strukturvielfalt und Biodiversität (STRUBI)” (Maßnahme 5.3) als Erweiterungsmodul zum bereits laufenden Klimaangepasstem Waldmanagement scheint vermutlich nicht mehr vorgesehen zu sein. Dies irritiert, da das im Entwurf vorgelegte Waldgesetz eigentlich nur noch auf solche Förderanreize setzt.

Mit den Fortschritten bei der Veröffentlichung von Förderrichtlinien gerät deren Mittelabfluss in den Fokus. Bisher fiel der beim ANK besonders schlecht aus, eben weil es zu wenige Förderprogramme gab. Auch von den für 2024 vorgesehenen 742 Mio. € könnte so noch ein Großteil übrig bleiben. Schaut man sich die Aufschlüsselung der einzelnen Handlungsfelder genauer an fällt auf, dass in 2025 75% weniger Gelder für die Bereiche Wasser und Moore eingeplant sind. Eine hohe Anzahl an Anträgen sollte hier das stärkste Signal für eine Verstetigung des ANK sein. Internationale Verpflichtungen, ein sich verschlimmernde Natur- und Klimakrise,  sowie ein steigender Investitionsbedarf für Klimafolgenanpassung unterstreichen die Existenzberechtigung des ANK ohnehin.

Entwicklungszusammenarbeit 

Im Herbst findet im kolumbischen Cali die 16. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonferenz (CBD COP 16) statt. Knapp zwei Jahre zuvor hatte Olaf Scholz in New York angekündigt, „dass Deutschland bis 2025 jährlich die Mittel zur Finanzierung der globalen biologischen Vielfalt auf 1,5 Milliarden Euro erhöhen wird“. Diese sollten einen Beitrag zu den beim „Weltnaturschutzabkommen“ in Kunming-Montreal vereinbarten 20 Mrd. € Entwicklungsleistungen bis 2025 aus dem Globalen Norden sein. 

Im Haushaltsentwurf für 2025 wird allerdings bei den entsprechenden Haushaltstitel erstmal gekürzt. So soll der Titel „Entwicklungswichtige multilaterale Hilfen zum weltweiten Umweltschutz, zur Erhaltung der Biodiversität und zum Klimaschutz“ (896 09) beim BMZ 2025 um 11% ( 98,7 Mio. €) reduziert werden. Ebenso stehen 13% weniger ( 100 Mio. €) für die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) (896 41) des BMWK/BMUV bereit. 

Wie sich diese und andere Kürzungen (z.B. der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit) nun auf das Kanzlerversprechen auswirken hängt davon ab, wie sehr Projekte und Programme mit Haupt- oder Nebenziel Biodiversität betroffen sind. Ideen das Thema Biodiversität noch stärker als bisher in anderen Projekten mitzudenken könnten die Kürzungen der Mittel so teilweise abfedern. 

Entwicklung der Beiträge Deutschlands zum internationalen Schutz der Biodiversität, teilübersetzt von „Committed to Biodiversity”, BMZ 2022

Wie geht es nun weiter? 

Der jährliche Bundeshaushalt wird als „Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans“ (kurz Haushaltsgesetz) allein vom Bundestag beschlossen. Der Bundesrat kann allerdings Stellung nehmen und Einspruch erheben. Der Bundestag könnte dies aber letzten Endes ignorieren (weitere Infos hier). Auch das Haushaltsbegleitgesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Für den Bundeshaushaltsplan sind folgende nächste Schritte vorgesehen: 

  • 10-13 September – 1. Lesung im Bundestag (siehe Ablaufplan Haushaltswoche) 
  • 27. September – 1. Durchgang Bundesrat 
  • 25. Sept. – 13. Nov. – Beratungen im Haushaltsausschuss des Bundestages 
  • 14. November– Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss des BT 
  • 26./29. November – 2./3. Lesung im Bundestag 
  • 20. Dezember – 2. Durchgang im Bundesrat 

Zu hoffen bleibt, dass die Abgeordneten des Bundestages den Entwurf der Regierung noch nachbessern. Argumente von Haushaltslöchern und Sparzwängen gelten dabei nur bedingt, wenn wir gleichzeitig beherzt mit umweltschädlichen Subventionen in eine Verschlimmerung von Klima- und Naturkrise investieren.
(siehe dazu auch kürzliche veröffentlichte die „Quantifizierung der Treibhausgaswirkung von staatlichen Begünstigungen in Deutschland“ unter Leitung des ÖkoInstituts) 

Umweltschädliche Subventionen verbrennen dabei doppelt Geld. Zum einen binden sie schlichtweg Mittel, die anderswo gebraucht werden – sei es bei Sozialausgaben, für Ukrainehilfen, Bildung etc. oder eben im Natur- und Klimaschutz selbst.
Andererseits erhöhen sie den Bedarf an Mitteln zur Reparatur des durch sie verursachten Schadens. Das ist ungefähr so, als würde die Feuerwehr einen Waldbrand gleichzeitig anfachen und löschen, nur dass man eben Haushaltsgelder „ins Feuer gießt“, die sich mal wie Wasser und mal wie Öl verhalten. Welche Partei so viel Ineffizienz mit ihren Grundwerten vereinbaren könnte erschließt sich eigentlich nicht. 

 

Stephan Piskol

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