NABU-GAP-Ticker: Eine andere GAP für Bulgarien!

4.Juni 2018: Heute stand die bulgarische Hauptstadt Sofia im Zentrum der europäischen Agrarverhandlungen. Die Europäische Kommission stellt ihre am Freitag veröffentlichten GAP-Vorschläge gleich zweimal vor: Einmal gegenüber den versammelten EU-Landwirtschaftsministern und gleich neben an auch auf einer großen internationalen NABU-Konferenz zu Auswirkungen und Reformbedarf der Gemeinsamen Agrarpolitik. Dabei wurde zum ersten Mal eine neue agrarökonomische Fallstudie für Bulgarien vorgestellt (download hier).

Ausgerichtet wurde die Veranstaltung  gemeinsam mit dem bulgarischen BirdLife Partner BSPB und unseren europäischen Netzwerken BirdLife Europe und dem Europäischen Umweltbüro EEB. Im ersten Teil betonte die  bulgarische Vizeministerin für Landwirtschaft, Verginiya Krasteva, die Bedeutung des Naturschutzes für Bulgarien, das mit über 30% den drittgrößten Anteil von Natura-2000-Schutzgebieten an der Landesfläche in der EU aufweist. Sie betonte, dass man eine bessere Umweltbilanz der GAP für notwendig hält, um die Akzeptanz der GAP bei den Steuerzahlern auch dauerhaft zu sichern.

Im Anschluss wurden eine Reihe von praktischen Beispielen aus Bulgarien, Irland und den Niederlanden vorgestellt. Dabei wurde schnell klar, dass EU-Naturschutzförderung für Landwirte essentiell ist, wenn die europäischen Ziele für den Schutz der Biologischen Vielfalt erreicht werden sollen. Gleichzeitig ergaben sich einige klare Schlussfolgerungen:

  • die Zweckbindung von Mitteln auf EU-Ebene für den Naturschutz ist entscheidend, um sicherzustellen, dass in den Mitgliedstaaten ausreichende Förderung für Landwirte in diesem Bereich zur Verfügung gestellt wird;
  • Reservierung von Budget ist jedoch nicht ausreichend – es muss sichergestellt werden, dass die kompetenten Behörden mit ausreichend Ressourcen für Beratung und Monitoring zielgenaue und sinnvolle Fördermaßnahmen entwickeln;
  • das Vertrauen der Landwirte in eine verlässliche Förderung ist essentiell für den Erfolg – dieses aber leidet sehr, wenn die Mittel wie jetzt geplant weiter gekürzt und nicht verlässlich reserviert werden.

Der Nachmittag startete mit der Vorstellung einer neuen agrarökonomische Studie der Universität Göttingen, in Zusammenarbeit mit NABU und BSPB und Finanzierung des Bundesumweltministeriums. Die Autoren Magdalene Trapp und Sebastian Lakner stellen eine Fülle von Daten und Erkenntnissen über die Lage der Landwirtschaft in Bulgarien dar und den Einfluss, den die GAP seit dem EU-Beitritt auf sie hat. Außerdem übertragen sie die Forderungen von BirdLife Europe und NABU an eine neue, naturverträgliche Landwirtschaftspolitik auf die bulgarische Realität und berechnen die resultierenden Einkommen typischer Betriebe. Hierbei wurde nicht nur klar, dass die GAP katastrophale ökologische und sozioökonomische Wirkungen in Bulgarien entfaltet, sondern auch, dass eine stärkere Orientierung auf Naturschutzförderung erheblich die Einkommenschancen für bulgarische Betriebe bieten würde. Mehr dazu auf der Website von BirdLife Europe. Ähnliche Ergebnisse gab es bereits für Deutschland in einer Studie von 2016.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Diskussion mit Michael Pielke, Referatsleiter in der EU-Kommission sowie Momchil Nekov, bulgarischer Abgeordneter im Europäischen Parlament, Aard Mulders von der niederländischen Regierung, Nicolas de la Vega von der Internationalen Ökolandbauvereinigung (IFOAM) sowie Harriet Bradley von BirdLife Europe.

  • Die Europäische Kommission sieht großes Potenzial in ihrem Vorschlag für eine bessere Umweltbilanz der GAP. Vor allem die Verpflichtung der Mitgliedstaaten ihre gesamte Agrarförderung in einem Strategieplan darzulegen und zu rechtfertigen auf welche Weise sie auch Umweltziele erreichen wollen, werde entscheidende Verbesserungen bringen.
  • Der bulgarische MdEP Momchil Nekov beklagt eine Kürzung des GAP-Budgets für Bulgarien, was dazu führen könnte, dass Abwanderung aus den ländlichen Räumen und ggf. auch aus Bulgarien zunimmt. Die GAP müsse mehr Mittel bereitstellen um Junglandwirte gerade in abgelegenen Gebirgsregionen zu fördern.
  • Harriet Bradley von BirdLife Europe äußerte große Zweifel daran, ob die Ambitionen der Kommission ohne klare Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten realisiert werden können, gerade im Umweltbereich. Es sei dabei weniger relevant wie groß das genaue Budget ist, wenn Effizienz, Zielgenauigkeit und Umweltverträglichkeit stimmen. Letzeres sein bisher aber keineswegs der Fall.
  • Aard Mulders von der Regierung der Niederlande betont die Notwendigkeit der Freiheit, sich  gänzlich von pauschalen Flächenprämien zu verabschieden – und bedauert, dass die EU-Kommission zwar zu  echten Veränderungen ansetzt, diese dann aber im Vorschlag nicht konsequent umsetzt.
  • Die Vereinigung der Ökolandbauern fordern eine Zweckbindung von Budgets und höhere Ambtionen für die „Eco-Schemes“ der ersten Säule. Sie kritisieren die überproportionalen Kürzungen bei der Ländlichen Entwicklung scharf, begrüßen auf der anderen Seite die Einführung einer Kappung.

Alle Präsentationen der Veranstaltungen finden sich auf dieser Website.

Der NABU-GAP-Ticker

Was steht auf dem Spiel für Insekten, Bauernhöfe und unsere ländlichen Räume? Was sagt Julia Klöckner in Brüssel? Wie stimmen unsere Abgeordneten ab? Was passiert hinter den Kullissen? Im NABU-GAP-Ticker informieren wir über die Verhandlungen zur künftigen EU-Agrarpolitik – denn wir meinen, die Zeit der Hinterzimmerdeals ist vorbei. Es geht um viel – und die Öffentlichkeit hat ein Recht zu wissen, wie der Milliardenpoker um die Gemeinsame Agrarpolitik der EU abläuft. Abonnieren Sie diesen Blog um auf dem Laufenden zu bleiben, stellen Sie Fragen und diskutieren Sie mit uns über die Kommentarfunktion. Hintergrundinfos auf www.NABU.de/agrarreform2021. Folgen Sie uns auch auf Twitter: @NABU_biodiv#FutureOfCAP

Titefoto: Europäische Union 2013

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