Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz: Was steht drin?

Endlich ist es da: Ende August hat das Bundesumweltministerium den ersten Entwurf für das bereits im Koalitionsvertrag angekündigte „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ (ANK) veröffentlicht. Was darin steht und eine erste Einschätzung.

Was soll das Programm leisten?

Ziel des Programms ist es durch die Wiederherstellung von kohlenstoffreichen Ökosystemen, wie Mooren, naturnahen Wäldern, Flussauen oder Seegraswiesen, sowie naturverträgliche Wirtschaftsweisen einen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele (insbesondere im Landnutzungssektor, LULUCF) zu leisten. Gleichzeitig soll so die Anpassung an die Folgen des Klimawandels verstärkt werden, denn unter der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen leiden nicht nur Mensch mit Land- und Forstwirtschaft, sondern auch die Natur selbst.

Das ANK ist mit der beachtlichen Menge von 4 Mrd € bis 2026 hinterlegt, was einen großen Fortschritt für den Natur- und damit auch Klimaschutz bedeutet. Gleichzeitig handelt es sich um mehr als ein reines Finanzierungsprogramm. Auch wenn der aktuelle Entwurf noch viele Fragen offenlässt, wollen wir eine erste Einschätzung geben.

Warum geht es genau?

Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz verfolgt einen politisch ganzheitlichen Ansatz, welcher alle relevanten Barrieren für die schnelle Wiederherstellung von Ökosystem abbauen will. Dazu gehören neben neuen Förderprogrammen auch Gesetzesänderungen, die bessere Koordination von Bund und Ländern (unter anderem bei der Anpassung von Landesgesetzen) sowie Kommunikation, Bildung, Forschung und Monitoring.

Havel bei Vehlgast; Nabu/Iris Barthel

Welche Maßnahmen sollen gefördert werden?

Bei der Summe von 4 Mrd € lohnt sich trotzdem zunächst der Blick auf die finanziell geförderten Maßnahmen. Leider ist hier noch keine ungefähre Verteilung von Beträgen auf die Maßnahmen genannt. Auch sind manche Maßnahmen so vage formuliert, dass nicht erkennbar ist, ob das „Fördern“ oder „Unterstützen“ von Maßnahmen auch mit einer Finanzierung verbunden ist (aus dem Finanzierungsprogramm des ANK oder aus anderen Töpfen). Konkret erwähnt werden u.a. Förderinstrumente für:

  • eine Nutzungsumstellung und Wiedervernässung von land- und forstwirtschaftlichen genutzten entwässerten Moorböden
  • klimabezogene Maßnahmen in der Wasserwirtschaft und Gewässerentwicklung
  • die Erstellung und Umsetzung von Wiederherstellungsplänen
    (zur Unterstützung der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen „EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur“)
  • die Vermehrung klimaangepasst bewirtschafteter und naturnaher Wälder
  • die „Unterstützung für die Umstellung auf ein naturnahes Grünflächenmanagement“ auf kommunaler Ebene
  • Modellprojekte und Querungshilfen zur Wiedervernetzung von Habitaten
  • die Sicherung von kleineren Wildnisflächen
  • die Etablierung und Vernetzung von Klima-Wildnis-Botschafter*innen
  • Entsiegelungsmaßnahmen
  • „wassersensible Städte“
  • bei der Sicherung von Auenflächen oder der Anlage neuer Feldgehölze und Streuobstwiesen ist außerdem eine finanzielle Förderung anzunehmen

Welche Gesetzesänderungen sind angedacht?

Auch wenn der Mangel an Geldern eines der Hauptprobleme des Naturschutzes ist, ist es die große Leistung des ANK auch weitere, vor allem rechtlich Hindernisse abbauen zu wollen. Entsprechend sind im ANK in einer „Beschleunigungsoffensive für Renaturierungsprojekte“ auch Gesetzesänderungen angedacht. Dazu gehören unter anderem:

  • Ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand bei Moorböden und die Prüfung von Erfahrungen mit Raumordnung und Flurbereinigung,
  • Abschaffung rechtlicher Hürden bei der Wildnisentwicklung,
  • Novellierung des Bundeswaldgesetzes,
  • Ausweisung von Kohlenstoffschutzzonen im Meer,
  • Anpassung des Bodenschutzgesetzes,
  • Entsiegelungsvorschriften

Auch die Koordination zwischen Bund und Ländern soll in vielen Bereichen (unter anderem beim Moorschutz, Wald, Schutzgebieten) verbessert werden.

 

Einschätzung und Ausblick

Der finale Entwurf des ANK soll nächstes Jahr beschlossen werden. Bis dahin sind noch einige Nachbesserungen nötig.

Aus handwerklicher Sicht muss das finale Programm dabei in allen Handlungsbereichen messbare Ziele sowie zeitgebundene Maßnahmen enthalten. Außerdem muss aus einem losen Maßnahmenpaket ein in sich stimmiges Politikinstrument werden, welches verschiedene Maßnahmen miteinander als auch mit mittel- und langfristigen Natur- und Klimaschutzzielen in Verbindung setzt.

Auch bei der Ausgestaltung der Finanzierungsprogramme sind Detailfragen offen. Der Naturschutz wird auch von vielen engagierten, oft ehrenamtlichen Naturschützer*innen getragen. Um Maßnahmen schnell in die Fläche zu bringen und eine weitreichende Sichtbarkeit von Wiederherstellungsmaßnehmen zu erreichen sollte auch ihre Arbeit honoriert werden. Hier ist beispielsweise eine Förderung von Kleinstprojekten denkbar, welche mit vereinfachten Vergabe- und Berichtsverfahren möglichst vielen engagierten Menschen auf lokaler Ebene offensteht. Auf diese Weise könnten auch viele Menschen niedrigschwellig und vor Ort mit den Zielen von Renaturierung in Kontakt gebracht und so ein Schulterschluss zu den vielfach nötigen Naturschutzgroßprojekten erreicht werden.

Insgesamt muss sich das ANK als Teil des „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) (ehemals „Energie- und Klimafonds“ (EKF)) in den Kontext eines tiefergehenden Wandels stellen und vor allem auf gesetzlicher Ebene den Weg für die nächsten Jahrzehnte bereiten. Dazu gehört auch, dass insgesamt klima- und biodiversitätsschädliche Subventionen abgebaut werden müssen, damit Steuergelder nicht gegeneinander arbeiten. Klar ist dabei, dass es auch nach 2026 weiterer Finanzierung bedarf, um die sozial-ökologische Transformation hin zu nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftsweisen weiterzuführen. Die Wiederherstellung der Natur ist hierfür besonders geeignet, da die aktive und großflächige Verbesserung unserer Lebensumwelt auch ein gedanklicher Türöffner für andere Lebensbereiche sein kann.

 

Stephan Piskol

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