Welche Zukunft hat die Agrarpolitik? Verbändebündnis veröffentlicht Position zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2027

Am Mittwoch, den 8. November 2023, hat die Verbändeplattform, eine breites Bündnis von Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur-, Klima-, Verbraucher- und Tierschutz sowie der Entwicklungszusammenarbeit, ein gemeinsames Papier zu Zielen, Forderungen und Vorschlägen für eine krisenfeste, ökologischere und gerechte Agrarpolitik veröffentlicht und an die beiden Staatssekretärinnen Claudia Müller (Bundeslandwirtschaftsministerium) und Dr. Bettina Hoffmann (Bundesumweltministerium) übergeben.  

Hintergrund ist, dass die Bundesregierung angekündigt hat, Ende des Jahres einen Vorschlag zur GAP nach 2027 in Brüssel vorzulegen. Im nächsten Jahr werden dort erste Positionierung zur nächsten Reform der Agrarpolitik erwartet. Die aktuelle Agrarpolitik reicht nicht aus, um die Landwirtschaft so neu auszurichten, dass Natur- und Klimakrise adäquat begegnet werden kann. Die Landwirtschaft ist eine der Verursacherin der Krisen, kann aber auch einen erheblichen Teil der Lösung darstellen. Eine Reform der Agrarpolitik ist also dringend geboten, um diesen Herausforderungen endlich gerecht zu werden.

In einem etwa einjährigen Prozess haben die Verbände, unter aktiver Mitarbeit des NABU-Bundesverbandes, die bestehende Agrarpolitik analysiert, bewertet und Lösungsansätze herausgearbeitet. Unter Berücksichtigung der Bedarfe aus Natur- und Umweltschutz sowie der Landwirtschaft entstand schließlich das Papier „Zukunft gestalten“, welche ökologische und soziale Aspekte mit einem wirtschaftlichen Ansatz vereint. Denn nur eine krisenfeste, ökologischere und gerechte Landwirtschaft kann in Zukunft die Ernährungssicherheit gewährleisten.  

Keine einfache Aufgabe!? Die Ziele, Forderungen und Vorschläge in dem gemeinsamen Papier zeigen, dass die GAP diese Entwicklung durchaus vorantreiben kann.  

Abbildung 1: Übergabe des Papiers der Verbändeplattform an die Staatssekretärinnen Claudia Müller (Bundeslandwirtschaftsministerium) und Dr. Bettina Hoffmann (Bundesumweltministerium). Foto: Stefanie Loos

Zentral ist eine zukunftsfähige Perspektive für die Landwirtschaft. Wie können in Zukunft Nahrungsmittel so produziert werden, dass Natur- und Umwelt keinen Schaden nehmen (besser noch: davon profitieren!), dass Betriebe wirtschaftlich gut aufgestellt sind und dass vielfältige Betriebsformen und Wertschöpfungsketten das Leben in ländlichen Räumen verbessern? 

Dazu müssen alle Gelder der ersten Säule weg von den pauschalen Flächenprämien zu einer einkommenswirksamen Honorierung von öffentlichen Leistungen im Bereich des Umwelt-, Natur-, Klima- und Tierschutzes umgewandelt werden. Betriebe, die viel in diesen Bereichen leisten, werden dafür auch bezahlt und bei dem Umbau ihrer Betriebe unterstützt.  

Die Berechnung der Fördersätze bezieht agrarstrukturellen, sozioökonomische und standortspezifische Aspekte mit ein.  

Dabei führt kein Weg an einer Vereinfachung und Entbürokratisierung der gesamten Politik vorbei. Die Förderangebote für Umwelt, Natur- und Klimaschutz müssen in einem Angebot und einer Antragsebene für die Betriebe einfach und übersichtlich zugänglich sein. Ein entsprechendes Fördermodell garantiert die Adressierung aller Umweltgüter sowie ein ansteigendes Ambitionsniveau im Sinne der Ziele des EU-Green-Deals.  

Eine Art „Eintrittskarte“, also bestimmte Fördervoraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um an der GAP teilzunehmen, sollten weiterhin bestehen bleiben- in der Regelungsdichte deutlich entschlackt, doch mit einer höheren Effektivität. Diese stellen ökologische Mindestanforderungen an die Bewirtschaftung und garantieren ein europäisch einheitliches Mindestmaß.  

Die Entwicklung der ländlichen Räume setzt auf den (Wieder-)Aufbau einer dezentralen handwerklichen Lebensmittelverarbeitung, die Stärkung von regionalen Wertschöpfungsketten und Erzeugergemeinschaften sowie die Diversifizierung landwirtschaftlicher Betriebe.  

Um den Übergang des Politikwechsels möglichst ohne Brüche für die Betriebe zu gestalten, muss dieser ab sofort beginnen und in vorausschauenden und planbaren Schritten umgesetzt werden.  

In den letzten Wochen und Monaten sind zahlreiche Vorschläge zur Gestaltung der Agrarpolitik nach 2027 veröffentlicht wurden. Sie alle bereichern den Diskurs und zeigen, wie viele gute Ideen und Alternativen zum bestehenden System bereits vorhanden sind. Nun ist die Politik gefordert, sich für einen echten Systemwechseln in der Agrarpolitik einzusetzen! 

 

 

 

2 Kommentare

Yvonne Zimmermann

14.11.2023, 13:47

Danke für die viele Arbeit und die guten zukunftsgerichteten Forderungen, die aber eigentlich gar nicht neu sind, sondern so oder ähnlich bereits lange im Raum stehen. Doch sie fanden bereits in der letzten GAP keinen Niederschlag und wie in allen EU-Gesetzen im Agrarbereich setzen sich leider immer wieder die Kräfte mit ihren Vertretern stärker durch, die von der gegenwärtigen Praxis profitieren und deshalb die für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität dringend nötige Agrarreform regelrecht torpedieren. Warum sollte es diesmal anders sein und Grund zu mehr Hoffnung bestehen? Mit freundlichen Grüßen

Antworten

Konstantin Kreiser

15.11.2023, 11:12

Liebe Frau Zimmermann, natürlich haben Sie Recht, dass die letzte GAP-Reform eine Enttäuschung war gemessen an dem was nötig wäre und was wir gefordert und vorgeschlagen hatten. Andererseits bringt die letzte GAP-Reform mindestens im Bundesdurchschnitt geschätzt mehr als eine Verdoppelung der Fläche, die auf jedem Acker unbewirtschaftet bleibt und für Insekten und Vögel zur Verfügung steht (von ca. 1,5% auf mindestens 4%). Außerdem haben wir eine erhebliche Umschichtung der Subventionen weg von der pauschalen Flächenprämie hin zu gezielter Honorierung von Naturschutzleistungen erreicht. Mehr noch: Wir gehen davon aus, dass die pauschale Flächenprämie spätestens zum Ende der nächsten GAP-Periode beendet wird. Darauf zumindest haben sich alle wesentlichen Akteure in Deutschland (inklusive Agrarverbände) in der Zukunftskommission Landwirtschaft geeinigt. Auch das ist ein Erfolg aller, die sich für eine zukunftsfähige Agrarpolitik eingesetzt haben und weiter einsetzen. Daher lohnt es sich dran zu bleiben, auch wenn es ein sehr dickes Brett ist...

Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte bleibe höflich.
Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und Pflichtfelder sind markiert.