EU-Umweltrecht besser durchsetzen

Forderungen für effektivere Vetragsverletzungsverfahren

Heute stellen die Umweltdachverbände EEB und BirdLife mit NABU-Unterstützung Querschnittsforderungen für eine „Better Compliance Agenda“ auf EU-Ebene vor. In einer Veranstaltung in Brüssel sollen die von Laura Hildt und Raphael Weyland verfassten Forderungen mit zwei Vertretern der EU-Kommission (Generalsekretariat und Generaldirektion Umwelt), der Europaparlamentarierin Jutta Paulus und Anais Berthier von ClientEarth diskutiert werden.

Hintergrund

Die Europäische Union hat sich eine recht überschaubare Zahl an oft gutem Umweltrecht gegeben. Allerdings setzen die EU-Mitgliedstaaten dieses auch Jahrzehnte nach Inkrafttreten nicht ausreichend um. Klar wäre es schön, wenn sie dies von selbst täten, haben sie die Rechtsakte im Rat doch selbst ausgehandelt. Nach den EU-Verträgen ist die EU-Kommission aber als „Hüterin der Verträge“ die letzte Instanz zur Rechtsdurchsetzung. Hierfür steht ihr vor allem das Instrument des Vertragsverletzungsverfahrens zur Verfügung.

Bürgerinnen und Verbände wie der NABU können die EU-Kommission auf unzureichende Umsetzungsschritte mittels sogenannter Kommissionsbeschwerde hinweisen. Der NABU hat dies bereits in mehreren Fällen getan, z.B. bezüglich eines unzureichenden Schutzes von Grünland in Natura 2000 – Gebieten (Art. 6 FFH-Richtlinie), bezüglich des ungünstigen Erhaltungszustands von Rebhühnern (Art. 2 Vogelschutz-Richtlinie), oder bezüglich Nichterreichung des in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen guten Zustands der Wasserkörper (Art. 4 Wasserrahmenrichtlinie).

Leider handelt die EU-Kommission bei Vertragsverletzungsverfahren oft nur zögerlich oder unzureichend. Die in den EU-Umweltgesetzen genannten Ziele werden regelmäßig verfehlt. Dies liegt meist nicht an den einzelnen Sachbearbeiter*innen der Generaldirektion Umwelt, sondern hat strukturelle Ursachen.

 

Die Forderungen

Die heute vorgestellten acht Forderungen fokussieren sich daher nicht auf einzelne Fälle, sondern schlagen Änderungen am System der Vertragsverletzungsverfahren vor, die fallübergreifend der durch EU-Umweltrecht geschützten Natur und Umwelt zu Gute kämen:

  • Politischer Wille auf höchster Ebene, manifestiert in den entsprechenden Kommissions-Handbüchern
  • Ausreichende Vollzugskapazitäten in den jeweiligen Dienststellen (Faktor 10)
  • Transparenz der Vertragsverletzungsverfahren, mit Veröffentlichung der Schreiben in jedem Schritt
  • Regelmäßige monatliche Veröffentlichung von Paketen mit Vertragsverletzungsverfahrens
  • Maximale Dauer von 6 Monaten für Beschwerde-Bearbeitung und 1 Jahr für das Vertragsverletzungsverfahren
  • Gebrauchmachen von Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes
  • Nachkontrolle der Umsetzung von EuGH-Urteilen
  • Neue EU-Gesetzgebung über Umwelt-Inspektionen

 

Fazit

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat „Zero Tolerance“ mit Rechtsbrüchen versprochen. Nachdem sie viele der im Europäischen Green Deal vorgesehenen Rechtsakte vorgelegt hat und die Halbtzeit ihrer Legislatur erreicht ist, ist nun der Moment, ihrem Versprechen Taten folgen zu lassen. Dies machen heute nicht nur die Umweltverbände klar, sondern insgesamt auch Vertreter*innen des Europäischen Parlaments und der Wissenschaft.

 

Raphael Weyland
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1 Kommentar

Petra

30.06.2022, 12:58

Großartig geschrieben, sehr informativ. Nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, brauche ich keine weiteren Informationen mehr. Ich denke, ich bin jetzt ausreichend über das EU-Umweltrecht informiert.

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