Beim frühmorgendlichen Schnorcheln beobachtete ich gestern vier Feuerfische die in aller Ruhe dicht am Strand entlang patrouillierten. Ein Vorbote darauf, dass die Verhandlungen in ihre heiße Phase eintreten würden? Das bewahrheitete sich im Laufe des Tages und in der folgenden Nacht. Ein kurzer Überblick über die noch strittigen Themen. Damit es nicht allzu trocken wird, bebildert mit Eindrücken aus dem Konferenzumfeld.
Meeresschutz: Eklat vor Mitternacht
Beduinenzelt für informelle Beratungen. Foto: K.Kreiser
Wegen vielfältiger ungeklärter Grenzstreitigkeiten auf dem Meer halten bei den Verhandlungen oft die Außenministerien den Stift der Umweltverhandler. Es geht momentan zum Beispiel darum, ob Staaten, die bereits an die CBD gemeldeten potenzielle Meeresschutzgebiete in ihren Gewässern vergrößern wollen, dabei ihre Nachbarstaaten konsultieren müssen. Wenn diese Nachbarstaaten selbst Ansprüche auf das betroffene Territorium erheben, kann das schnell zu einer diplomatischen Krise werden. Besonders Griechenland und die Türkei, aber auch Großbritannien sind hier besonders schwierige Akteure. Aus Naturschutzsicht ist eine größtmögliche Rolle für die CBD-Organe wünschenswert, damit eine unabhängige wissenschaftliche Überprüfung möglich ist. Die Verhandlungen zogen sich bis spät in die Nacht hin, bis einem Mitarbeiter des CBD-Sekretariats offenbar der Kragen platzte und er kurzerhand die Verhandlungen abbrach und verkündete man werde auf dieser COP nicht mehr weiter darüber sprechen. Eine Minute später endete die Arbeitszeit der Dolmetscher, weshalb eine weitere Debatte nicht mehr möglich war. Doch in der Nacht schlossen sich die Regierungen zusammen und setzten für den nächsten Tag weitere Gespräche durch. Eine Demütigung für das CBD-Sekretariat, die so wohl noch nicht gegeben hat. Aber ein gutes Zeichen für den Einigungswillen der Regierungen.
Digitale genetische Sequenzinformationen (DSI)- Verhandlungen bis fünf Uhr morgens
Die side-events bieten die Gelegenheit zwischendurch orientalisches Gebäck zu kosten. Foto: K.Kreiser
Bei der Frage des Zugangs zu und der Beteiligung an Profiten aus der Nutzung von DSI gibt es trotz nächtlicher Marathonsitzungen weiter keine Einigung. Die Entwicklungsländer wollen, dass dies genauso geregelt wird wie bei genetischen Informationen, die direkt aus Tieren und Pflanzen gewonnen werden (Nagoya-Protokoll). Die „user countries“, darunter die EU, fürchten um große Beschränkungen und Kosten für ihre Forschungseinrichtungen und die Industrie (hier ein Artikel dazu – pdf-download).
Der „Post-2020-Prozess“ und die dafür notwendigen Finanzen
Der Plenarsaal, die Regierungsplätze sind streng alphabetisch angeordnet. Foto K.Kreiser
Mit der Konferenz von Peking in zwei Jahren vor Augen wird intensiv verhandelt, wie die kurze Zeit dorthin genutzt wird, um einen neues Abkommen zu entwickeln. Dieses soll wesentlich effektiver für die Rettung der Artenvielfalt sein, aber muss auch von allen Staaten einstimmig angenommen werden. Dafür rüstet man sich bereits jetzt, auch wenn es hier vordergründig nur um Entscheidungen für den Prozess dorthin geht. Brasilien insistierte zum Beispiel, dass sich die Arbeitsgruppe, in der die wesentlichen post-2020-Verhandlungen geführt werden sollen, nicht nur um den Naturschutz sondern auch um die „nachhaltige Nutzung“ der Biodiversität kümmern soll. Dies ist eigentlich selbstverständlich und steht so auch in den Zielen der CBD seit 1992. Eine explizite Nennung an der Stelle im Text, wo Brasilien dies nun verlangt, zeigt aber klar, dass das Land – gerade unter neuem umweltschutzfeindlichem Präsidenten – die Interessen seiner Agrarsektor ganz nach vorne stellen wird. Gleichzeitig verlangt Afrika vehement, dass das neue Abkommen bereits in Peking mit einer Kostenschätzung einhergehen muss und zusätzlichen Finanzhilfen der Industriestaaten.
Ein Teil der 30köpfigen Delegation von BirdLife International, die Verteter aus Afrika, Asien und Europa umfasst. Foto K.Kreiser
Deutschland setzt sich lobenswerterweise stark für die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Prozess für ein neues Abkommen – besonders wichtig, da dieser stark von der chinesischen Regierung beeinflusst wird. Im Frühjahr 2019 will die Bundesregierung staatliche und nicht-staatliche Akteure aus ganz Europa zu einer großen Konferenz einladen, um mögliche Elemente des Pekinger Abkommens zu beraten.
In den nächsten kommenden zwei Tagen wird sich herausstellen ob noch mehr Feuer in den Korridoren und Verhandlungsräumen ausbrechen oder ob die Schwelbrände gelöscht werden können, die es schon gibt. Die Fische vor Scharm el-Scheich werden unterdessen in Ruhe weiter ihre Kreise ziehen.