NABU-GAP-Ticker: Klimanotstand in der EU und Demos auf den Straßen, der Bauernverband verdreht die Fakten

02. Dezember 2019. Heute begann die 25. Weltklimakonferenz (COP25) in Madrid. Das Motto: Time for Action. Die derzeitigen Klimaschutzbeiträge der Vertragsstaaten reichen bei weitem nicht aus, um das 1,5°C-Ziel zu erreichen. Deshalb geht es vor allem um die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. (Details dazu hier).

Demonstranten beim Globalen Klimastreik am 29.11.2019. Bild: NABU

Auch die Bemühungen Deutschlands zum Erreichen der Klimaziele sind bisher völlig unzureichend und im Rahmen des Klimaschutzpaketes muss dringend nachgebessert werden. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist groß, das zeigen auch die anhaltenden Proteste: Letzten Freitag sind allein in Deutschland wieder ca. 630 000 Menschen an 521 Orten auf die Straße gegangen, um für den Klimaschutz zu demonstrieren.

 

Das Europaparlament ruft den Klimanotstand aus und stimmt für grünere GAP

Im Vorfeld hatte das Europaparlament letzte Woche den Klimanotstand ausgerufen und gefordert, die Emissionen der EU bis 2030 um 55% zu reduzieren sowie bis 2050 vollständig klimaneutral zu werden. Und damit nicht genug: Auch stimmte die Mehrheit der Abgeordneten letzten Donnerstag in einer Resolution für mehr Umwelt- und Klimaambitionen in der Europäischen Agrarpolitik (GAP):

„46. Recognises that 37 % of the EU budget currently goes towards the financing of the Common Agricultural Policy (CAP), which could mobilise significant funds with regard to incentivising and rewarding climate- and environmentally friendly practices in agriculture;

47. Reiterates that the CAP should no longer provide subsidies for activities that are harmful to the environment and the climate, including the draining of peatlands and the over abstraction of water for irrigation, nor should it penalise the presence of trees in agricultural areas“.

Beides ist eher symbolisch und nicht bindend. Es ist dennoch gut zu sehen, dass die Mehrheit der Europa-Abgeordneten die GAP als Chance begreift, EU-Gelder an Klima- und Umweltziele zu binden und diese in Zukunft nicht mehr für klima- und umweltschädigendes Wirtschaften ausgeben will. Wenn die Abgeordneten es wirklich ernst meinen mit dem Klima- und Umweltschutz, dann müssen sie auch in der Abstimmung zur GAP im Plenum nächstes Jahr klare Flagge zeigen.

Der DBV verdreht die Fakten

Während das EU Parlament sich also langsam auf den Weg in Richtung Klima- und Umweltschutz zu machen scheint, präsentierte der Deutsche Bauernverband (DBV) vor wenigen Tagen in einer Pressemitteilung seine Vorschläge für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft (hier). Diese haben wir uns einmal etwas genauer angeschaut.

Grundsätzlich stimmen wir dem DBV zu, dass die Landwirtschaft ein wichtiger Schlüssel zur Lösung ist und ihren Beitrag zum Klimaschutz erhöhen muss. Dabei spielt sowohl die Emissionsminderung als auch das Potential zur Kohlenstoffspeicherung (über Humusaufbau in Böden mit Hilfe von Dauerkulturen etc.) eine Rolle.

Leider setzt der DBV jedoch einen völlig falschen Fokus und zeichnet ein verzerrtes Bild der Realität. Es wird verschwiegen, was die Löwenanteile der Treibhausgas- (THG) Emissionen in der Landwirtschaft sind. Das sind Methan (CH4, v.a. über die Verdauung von Wiederkäuern), Lachgas (N2O, v.a. über Stickstoffdüngung) sowie CO2-Emissionen aus trockengelegte Moorböden. In diesen Bereichen ergibt sich somit das größte Minderungspotential.

Statt Emissionsminderungen in den angesprochenen Bereichen anzustreben, schlägt der DBV vor, die (subventionierten) Dieselemissionen von Landmaschinen durch Biodiesel zu ersetzen. Dies wird jedoch kaum etwas nützen, da diese CO2-Emissionen einen verschwindend kleinen Teil der landwirtschaftlichen Emissionen ausmachen (laut DBV 4 Mio t CO2, die im Gegensatz zu ca. 64 Mio t CO2eq Emissionen in der Landwirtschaft pro Jahr stehen). Und dies einmal ganz abgesehen von der mehr als fragwürdigen Ökobilanz von Biokraftstoffen (Anbau, Saatgut, Düngemittel- und Pestizideinsatz etc.).

Ein schwaches Ziel, das kaum erreicht werden wird

Der DBV rühmt sich mit der Forderung, die THG Emissionen der Landwirtschaft von bis 2030 um 30% Prozent gegenüber 1990 zu senken. Dafür muss sich noch einiges tun in der Landwirtschaft – da sind andere Sektoren weit voraus. Denn leider sind die THG Emissionen der Landwirtschaft in den letzten Jahren nicht gesunken sondern seit 2013 sogar angestiegen. Wir bewegen uns also auf einem ähnlichen Niveau wie vor 20 Jahren! Schuld daran sind v.a. Lachgasemissionen aus Stickstoffdüngung und Methanemissionen aus der intensiven Tierhaltung. Die Emissionen sind im Vergleich zu 1990 zwar insgesamt um 16% zurückgegangen. Das geschah aber zum Großteil in den 90er Jahren verbunden mit einem Rückgang der Tierzahlen nach der Wende (Umweltbundesamt). Dass in den letzten Jahren nichts passiert ist in Sachen Klimaschutz, hat der Bauernverband sicher mit zu verantworten (siehe  Lobbynetz des DBV).

Die Gelder aus der GAP ließen sich, statt sie mit dem Gießkannen-Prinzip zu verteilen, auch an Klima-Ziele binden – wie es das Europaparlament vor wenigen Tagen forderte. Zusätzlich zu der Förderung besonders wirksamer Klima-Maßnahmen sind aus der Sicht des NABU die Konditionalität und außerhalb der GAP auch das Ordnungsrecht wichtige politische Instrumente, die angewandt werden sollten (mehr dazu hier).

Abgesehen davon ist eine Reduktion der THG Emissionen um 30% bis 2030 im Vergleich zu 1990 keine ambitionierte Forderung sondern eher ein Minimum von dem, was notwendig und möglich ist. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung enthält bereits das Ziel, die Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft bis 2030 um 31 bis 34 % gegenüber 1990 zu reduzieren.

 

2 Kommentare

GW

03.12.2019, 08:42

Es wird mir stets ein Rätsel bleiben, warum so viele Kleinbauern noch im DBV sind. Dass der nur Interessen von großen Agrarindustrie-Betrieben seit Jahrzehnten vertritt, dürfte inzwischen mehr als deutlich geworden sein. Daraus resultiert es letztlich, dass kleine und mittelgroße Höfe in Verschuldungsspiralen hineingetrieben wurden, weil alles auf "Wettbewerb" ausgerichtet wurde, den letztlich nur große und stets wachsende Agrarindustrie-Großkonzerne gewinnen können. Hat der DBV die Kleinbauern davor je gewarnt? Nein. Hat der DBV den mittleren und kleinen Höfem je reinen Wein eingeschenkt, daß sie auf Dauer mit zwangsläufig notwendigen Klima- und Umweltschutz- und Tierschutz-Bestimmungen in Konflikt kommen werden? Nein. Hat er sich bei GAP-Verhandlungen zum Schutz der änderungswilligen und nachhaltigeren Bauern für deren Hoferhalt via Subventionen eingesetzt? Nein. Und jetzt spannt er seine Mitglieder auch noch mit falschen bzw unvollständigen Informationen vor den Karren der Interessen der Agrar-Großkonzerne. Wäre der DBV eine Gewerkschaft, es gäbe längst keine Mitglieder mehr!

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GW

03.12.2019, 08:44

Es wird mir stets ein Rätsel bleiben, warum so viele Kleinbauern noch im DBV sind. Dass der nur Interessen von großen Agrarindustrie-Betrieben seit Jahrzehnten vertritt, dürfte inzwischen mehr als deutlich geworden sein. Daher resultiert es letztlich, dass kleine ind mittelgroße Höfe in Verschuldungsspiralen hineingetrieben wurden, weil alles auf "Wettbewerb" ausgerichtet wurde, den letztlich nur große und stets wachsende Agrarindustrie-Großkonzerne gewinnen können. Hat der DBV die Kleinbauern davor je gewarnt? Nein. Hat der DBV den mittleren ind kleinen Höfem je reinen Wein eingeschenkt, daß sie auf Dauer mit zwangsläufig notwendigen Klima- und Umweltschutz- und Tierschutz-Bestimmungen in Konflikt kommen werden? Nein. Hat er sich bei GAP-Verhandlungen zum Schutz der änderungswilligen und nachhaltigeren Bauern für deren Hoferhalt via Subventionen eingesetzt? Nein. Und jetzt spannt er seine Mitglieder auch noch mit falschen bzw unvollständigen Informationen vor den Karren der Interessen der Agrar-Großkonzerne. Wäre der DBV eine Gewerkschaft, es gäbe längst keine Mitglieder mehr!

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