Vom Warten

Moin liebe Blogleser:innen,

irgendwie steckt es ja schon im Namen: Als Vogelwart wartet man recht viel. Viel Zeit verbringe ich mit dieser Tätigkeit, oder vielmehr diesem Zustand. Das können kleine Dinge sein wie das Warten darauf, dass die tägliche Flut kommt, oder dass ein Regenschauer endet. Das kann aber auch Größeres sein wie die Lieferung von wichtigen Dingen, oder dass ein Sturm vorbei zieht, dass die Schleuse wieder aufmacht und Axel übersetzen kann. Manchmal warte ich auf besseres Wetter, um bestimmte Arbeiten zu verrichten oder auch, um einfach mal wieder duschen zu können. Es gibt das Warten auf den Vogelzug. Und das Warten darauf, an Tausenden Vogelbeinen mal einen bunten Ring zu entdecken. Das Warten, irgendwann Familie und Freund:innen wiederzusehen. Eigentlich habe ich bereits gewartet, als ich noch gar nicht auf der Insel war. Das war das Warten darauf, endlich nach Trischen zu fahren und loszulegen. Und seit ein paar Tagen verbringe ich die ersten Stunden des Tages mit Warten. Zu Sonnenaufgang sitze ich an der Hütte, den Blick nach Norden gerichtet und warte auf nach Süden ziehende Vögel, um sie systematisch zu erfassen.

Die morgendliche Zugplanbeobachtung

Letztes Wochenende wurde meine Geduld mehrfach auf die Probe gestellt. Zunächst musste ich feststellen, dass das Datenvolumen meines Internetsticks aufgebraucht war. Ich hatte zu große Mengen an Fotos zu den abgelesenen Vögeln versendet und saß erstmal auf dem Trockenen. Nach Gesprächen mit den Kolleg:innen vom NABU in Neumünster konnte ich neues Guthaben buchen. Manche Arbeiten blieben dadurch liegen und auch ihr musstet warten, denn den Blog konnte ich nicht bespielen. Jetzt läuft es wieder. Dann habe ich irgendwann gemerkt, dass der Kühlschrank nicht funktioniert. Also hieß es warten, dass Axel mir einen neuen liefert, bzw. dass ich mit jemandem mit etwas Expertise sprechen kann. In dem Fall war es Axels Sohn, der Elektriker ist. Nach drei Tagen ohne Kühlschrank konnte ich den alten wieder zum Laufen bringen. Und am gleichen Tag habe ich noch bemerkt, dass die Hüttentür nicht mehr schließt. In der letzten Woche waren Handwerker hier, um einige Reparaturen an der Hütte durchzuführen. Wie es scheint, hat sich dabei etwas am Boden verzogen und die Tür setzt nun auf. Jetzt muss ich auf Werkzeug warten um die Tür zu reparieren. Zum Glück regnet es gerade nicht aus dem Osten.

Teil des Kücheninventars

Ich würde mich an sich als eher ungeduldigen Menschen einschätzen. Hier draußen habe ich in den letzten Monaten gelernt, geduldiger zu sein. Auf die meisten Dinge, auf die ich hier warte, habe ich keinen Einfluss. So bin ich zwar in manchen Dingen eingeschränkt, doch mit diesen Einschränkungen kommt auch viel Freiheit. Entscheidungen, bzw. Einflussnahme wird mir abgenommen und ich kann nichts tun, außer abzuwarten. Dass sich das Wetter bessert, dass die Vögel sich zeigen, dass Axel zu Besuch kommt. Und irgendwie geht das Warten dann auch immer wieder vorbei. Ich werde belohnt mit einer tollen Beobachtung, mit frischem Essen, mit Sonnenschein, gefundenen Vogelringen und im Herbst dann damit, meine Liebsten wiederzusehen. Und so lege ich mich in die Düne, setze mich auf meine Bank an der Hütte, drehe mir eine Zigarette, lausche dem Meer und den Vögeln und genieße das Warten.

Viele Grüße

Jakob