Trischen International Teil 2

Moin liebe Blogleser:innen,

heute geht es mal wieder um Vogelringe. Ein Teil meiner Arbeit besteht im Ablesen bereits beringter Vögel (LINK). Diese Tätigkeit ist in den letzten Wochen zu meiner Lieblingsbeschäftigung und zu einem Nebenprojekt geworden. Ich war nicht untätig und stehe schon bei über 500 Ablesungen.

Hier auf der Insel werden bald die Löffler, Silber- und Heringsmöwen beringt, ich freue mich sehr darauf. 2014 war ich während meines FÖJs in Friedrichskoog bei der Löfflerberingung auf Trischen dabei, ein tolles Erlebnis. Mit drei der Vögel, die ich damals als Küken sehen und vielleicht auch einfangen durfte, gab es jetzt nach zehn Jahren ein Wiedersehen an ihrem Schlupfort. Ich konnte ihre Ringcodes in den letzten Tagen ablesen.

Neue Vögel aus Norddeutschland waren auch dabei. Der Löffler ist noch relativ frisch als Brutvogel im Wattenmeer, seit 2000 brütet er in Schleswig-Holstein und außerdem auf mittlweile sieben Inseln und Halligen. Ich hatte vor kurzem einen Löffler von Hallig Oland, einer von Hallig Südfall war auch schon vertreten. Die Kolonien hier an der Westküste tauschen sich also aus. Eine der hier brütenden Silbermöwen stammt weit aus dem Nordosten, von Hiddensee. Eine weitere kommt von der Hallig Nordstrandischmoor, außerdem ist eine Silbermöwe aus Schleswig immer wieder vor meiner Kamerafalle herumgelaufen. Der Sandregenpfeifer, über den ich bereits berichtet hatte, hat übrigens wieder auf Trischen gebrütet, sein Gelege lag unweit der Hütte unter einem Plastikeimer.

Silbermöwe H40W – treuer Gast vor der Kamerafalle

Und jetzt wird es wieder international: Zu den internationalen Gästen kam ein Alpenstrandläufer, der in Wales beringt wurde hinzu, eine Heringsmöwe die aus der Nähe von Rotterdam stammt, Löffler vom Ijsselmeer, von Schiermonnikoog und Terschelling und zwei besonders tolle Sanderlinge: Der eine der beiden wurde 2017 in Hampshire, genauer am Strand von Mengham beringt. Dort blieb er den Winter über, wurde noch einige Male abgelesen und dann im April 2018 von Jonas Kotlarz, einem meiner Vorgänger, hier auf Trischen am Südstrand wiederentdeckt. Dort blieb er für mindestens drei Tage, um dann im August wieder in Hampshire aufzutauchen. Seither wird er jährlich im Süden von England beobachtet. Wieder im April, allerdings sechs Jahre später, saß der Vogel plötzlich wieder vor dem Vogelwart von Trischen, und zwar wieder am Südstrand. Ich habe mich riesig gefreut, einen Sanderling zu finden, der ein Stammgast auf Trischen zu sein scheint. Zwei Wochen später konnte ich ihn noch einmal beobachten.

Gestern war ich für die Springtidenzählung an der Südspitze unterwegs, hier rasten zu Hochwasser immer viele Arten von Watvögeln. Beim Zählen fielen mir die bunten Beine an einem hin- und herrennenden Sanderling auf –  ein beringter Vogel! Ich konnte Fotos durch mein Spektiv machen und so den Code ablesen. Kaum eingetragen auf der Meldeplattform kam auch das Ergebnis: Der Vogel wurde 2020 im Osten Grönlands beringt. Ich musste sofort an meinen Freund Benoît aus dem Elsass denken, wir zählen jeden Winter gemeinsam die Wasservögel am Rhein und Benoît reist jährlich für Forschungseinsätze nach Grönland. Ich schrieb ihm also eine Mail, dass ich einen grönlandischen Vogel entdeckt hatte und heute kam direkt die Antwort: Mit zwei Kollegen hat er seit 2010 an die 1.400 Sanderlinge im Nordosten Grönlands beringt. Ich habe also einen Vogel gesehen, den ein Bekannter von mir vermutlich schon in den Händen hatte, allerdings 2.650 km entfernt. Wie klein die Welt doch ist.

Die Herkunft des Sanderlings

In den nächsten Wochen werden die Zugvögel weniger, sie sind in ihren Brutgebieten im hohen Norden eingetroffen. Ich muss mich mit dem Ablesen der hier ansässigen Vögel begnügen. Aber ich freue mich jetzt schon sehr auf die Rückkehr der nordischen Zugvögel, die dann zahlreich und hoffentlich mit vielen Ringen an den Beinen wieder hier auftauchen werden.

Viele Grüße,

Jakob