Ab in den Süden
Liebe LeserInnen,
in einem Beitrag Ende September hatte ich schon vom Beginn des herbstlichen Vogelzugs berichtet. Heute, knapp drei Wochen später, ist der Herbstzug in vollem Gange. Da ich mir vor drei Wochen noch gar nicht vorstellen konnte, wie das sein würde, möchte ich heute noch einmal darüber berichten.
Die Erfassungsmethode ist die gleiche geblieben – morgens bei Sonnenaufgang stehe ich auf dem Hüttenumlauf und schaue nach Norden. Im Gegensatz zu Ende September aber, erlebe ich an manchen Tagen einen Vogelzug der absolut überwältigend ist. Mit dem ersten Licht des Tages höre ich die Vögel, kann sie aber noch nicht sehen. Etliche Tiere haben die Nacht in den Dünen und Salzwiesen der Insel verbracht und rufen schon aus der Vegetation heraus. Dann, sobald das Licht hell genug wird, fliegen sie auf und los geht´s. In einem nicht enden wollenden Strom schwirren jetzt Kleinvögel, unter, neben und über die Hütte hinweg. Wie von einem gigantischen Magnet angezogen fliegen sie zielgerichtet und lautstark rufend Richtung Süden. Schaue ich raus aufs Meer kann ich auch dort, weiter entfernt, etliche Vögel sehen, die nach Süden fliegen. Bestimmen kann ich diese Vögel nicht, dafür sind sie zu weit weg. Es wird schnell klar: Die auf Trischen aufgenommenen Daten bilden nur einen Bruchteil von dem ab was sich hier morgens abspielt.
Aber nicht nur die Intensität des Zuges hat zugenommen, sondern auch das Artenspektrum. Dominierten Ende September noch die Wiesen- und Baumpieper, kommen in diesen Tagen viele Buch- und Bergfinken durch. Daneben fliegen Bluthänflinge, Erlenzeisige, Bach- und Gebirgsstelzen, sowie Stare. Einzelne Heckenbraunellen und Wintergoldhähnchen waren auch dabei. Auch die drosselartigen Vögel nehmen jetzt zu: Singdrosseln, Amseln und endlich auch die Rotdrosseln.
Leicht zu unterscheiden: Die Singdrossel mit ihren dunklen Tupfen auf der Brust und die Rotdrossel mit den roten Flanken und den markanten hellen Streifen über den Augen.
Viele Vögel fliegen entlang der Dünenkanten und verlassen die Insel erst an ihrem südlichsten Punkt. Von hier aus fliegen sie flach über das Wasser in Richtung Cuxhaven. Auch wenn ich an der Nordspitze der Insel stehe, kann ich gut beobachten, wie sie aus dem nördlich gelegenen St. Peter-Ording übers Wasser kommen. Manche Arten fliegen bis ins Mittelmeergebiet, andere bis nach Südafrika. Wieder andere kommen aus dem hohen Norden, um hier im Wattenmeer den Winter zu verbringen. So vielfältig die verschiedenen Arten, so unterschiedlich sind ihre Lebenszyklen.
An der Südspitze von Trischen rasten die Vögel noch kurz in den Ähren vom Strandroggen, bevor sie über das Wasser Richtung Cuxhaven weiterfliegen. Greifvögel, wie die Kornweihe, nutzen diesem Umstand für die Jagd:
Ich finde es absolut faszinierend wie diese kleinen Vögel unterwegs sind, genau wissen, wo sie hinwollen und im Frühjahr auch wieder ihren Weg zurückfinden. Auch wenn wir schon so viel über die Vögel und ihr Verhalten wissen, so ist der Vogelzug nach wie vor ein Mysterium. Wahrscheinlich werden wir das Leben der Vögel nie ganz verstehen. Aber das ist vielleicht ja auch ganz gut so.