NABU-Agrar-Blog: Fachveranstaltung zum Naturschutz in der GAP – Ein Kurzbericht
Berlin, 10. November 2021. Am 28.10.2021 veranstaltete der NABU ein digitales Fachgespräch rund um den Naturschutz im Nationalen Strategieplan (NSP) der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Am Vormittag wurde über den aktuellen politischen Stand mit Vertreter*innen der Europäischen Kommission, des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und der Bundesländer diskutiert. Am Nachmittag wurden Fachgespräche zum Thema artenreiches Grünland, der naturschutzfachlich effektiven Ausgestaltung der grünen Architektur und der Zukunft der Naturschutzfinanzierung im Rahmen der emeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz (GAK) geführt. Ein Bericht von Pia Raker.
Im Fokus beider Teile der Diskussion standen die Naturschutzinstrumente der neuen GAP ab 2023: die Konditionalität, die neuen Ökoregelungen der ersten Säule und die alt bewährten Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) der zweiten Säule. Über die Ausgestaltung und Finanzierung der Konditionalität und der Ökoregelungen wird aktuell in den GAP-Verordnungsentwürfen entschieden, während die AUKM auf Länderebene programmiert werden.
Der Stand auf Ebene der EU, des Bundes und der Länder
Die nationalen Strategiepläne (NSP) der europäischen Mitgliedsstaaten müssen bis zum Jahresende 2021 bei der Europäischen Kommission eingereicht werden. Die Europäische Kommission hat mit dem EU Green Deal und der damit verbundenen Farm-to-Fork-Strategie sowie der EU-Biodiversitätsstrategie bereits herausfordernde Ziele formuliert. Deren Umsetzung sei zwar nicht verbindlich, trotzdem werde die Kohärenz zwischen den Strategieplänen und den europaweiten Zielen bei der Prüfung der NSP berücksichtigt werden müssen. Die GAP sei für die Zielerreichung aber nicht allein verantwortlich, so die Vertreterin der Europäischen Kommission Kathrin Maria Rudolf.
Auf nationaler Ebene wurde der bisherige Ansatz des neuen GAP-Strategieplans von Brigitte Beyer und Dr. Thomas Meier vom BMEL soweit als grundsätzlich gut bewertet. Jedoch mache es der strikte Zeitplan leider sehr schwierig, den landwirtschaftlichen Betrieben ab Sommer 2022 die notwendige Planungssicherheit zu geben – denn der NSP werde erst im Laufe des Jahres 2022 von der EU-Kommission geprüft. Da hier viele Änderungsanträge und Hinweise zu erwarten sind, würde der NSP wohl nicht vor Sommer fertig gestellt.
„Die Komplexität der Ziele sowie der unterschiedlichen Zuständigkeiten und der enge Zeitplan bis zur Einreichung der NSP sind auch auf Länderebene eine große Herausforderung“ teilte Dr. Berthold Pechan vom vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) aus Schleswig-Holstein mit. Die Programmierung der zweiten Säule musste lange auf die Einigung in Brüssel und aktuell auf die GAP-Verordnungen auf Bundesebene warten, um nun verlässlich erarbeitet werden zu können. Weiterhin unklar bleibe, wie die Kombinationsmöglichkeiten von Ökoregelungen untereinander, aber auch von Ökoregelungen und AUKM ausgestaltet werden. Es werde befürchtet, dass die zweite Säule an Effektivität einbüßen werde.
Fachbeiträge zu AUKM, artenreichem Grünland und der GAK
Die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen der 2.Säule könnten in der Ausgestaltung vor Ort verstärkt genutzt werden, um lokale Probleme zu adressieren. Die Umschichtung von mehr Mitteln in die 2.Säule wurde hierbei als positive Entwicklung gewertet. Weiterhin unklar bleibe, wie Maßnahmen in strukturschwachen sowie strukturstarken Gebiete gleichermaßen Wirkung erzielen können. Dr. Rainer Oppermann (Institut für Agrarökologie und Biodiversität in Mannheim) erläuterte, warum Einheitslösungen für alle Regionen viele Probleme schaffen. Eine Regionalisierung von Maßnahmen, die gleichzeitig administrierbar blieben, sei notwendig. Oppermann kritisierte die Ökoregelungen hinsichtlich ihrer Einjährigkeit, denn beispielsweise Extensivierungsmaßnahmen bräuchten einen deutlich längeren Zeitraum, um Wirkung zu zeigen. Zur Verbesserung notwendig sei beispielsweise die Vernetzung von genügend extensiv bewirtschafteten Flächen, aber auch die flächige Begrenzung von einjährigen Maßnahmen, wie z.B. einjährigen Blühstreifen. Auch sollte es keine Förderung von extensivem Grünland ohne Altgrasstreifen geben.
Das artenreiche Grünland war zentrales Thema eines Beitrags von Dr. Christine Tölle-Nolting, (NABU e.V). Dieses befände sich insgesamt in einem schlechten Zustand mit anhaltenden negativen Entwicklungstendenzen. Dies sei hauptsächlich auf eine Intensivierung der Mahd, den zunehmenden Verlust der Weidetierhaltung, der Nutzung von artenarmen Saatgut für den Futteranbau sowie die fehlende Wanderung von Wild- und Nutztieren zurückzuführen. Die Maßnahmen der ersten Säule könnten dazu beitragen, dass der Anteil des Grünlands nicht weiter zurückginge, allerdings müsste das artenreiche Grünland qualitativ in der zweiten Säule durch effektive Maßnahmen adressiert werden. Vom NABU e.V. vorgeschlagen wurden die Förderung einer an den Standort angepassten Weidehaltung möglichst über die ganze Vegetationsperiode und die Beweidung von Hoch- und Grundwassergebieten unter Einbezug der Naturschutzbehörden.
„Als weiteres wichtiges Naturschutzfinanzierungsinstrument steht neben der GAP auch noch die GAK in Deutschland zur Verfügung“, so Dr. Berthold Pechan vom MELUND. Diese könnte die zweite Säule der GAP unterstützen, denn hier könnten die Bundesländer innerhalb eines Rahmenplans über zusätzliche Naturschutzmaßnahmen entscheiden. Dazu bräuchte die GAK einen Sonderrahmenplan „Biodiversität“, damit neben der Förderung neuer Flächen vor allem auch die Entwicklung und Pflege bestehender Flächen gefördert werden könne, wo bisher ein Defizit bestünde. Bei einer gleichzeitigen zweckgebundenen finanziellen Mittelerhöhung, läge hier das große Potential der GAK.
Abschließend kann gesagt werden, dass sich alle Seiten erhoffen, dass der NSP auch unter dem derzeitigen Zeitdruck zufriedenstellend fertiggestellt und nötige Korrekturen noch vorgenommen werden können. Insgesamt wurde die integrative und gemeinschaftliche Entwicklung des NSP gelobt. Und auch wenn die Maßnahmen im Hinblick auf die Biodiversitätsziele noch immer nicht weitreichend genug seien, gingen die Entwicklungen in die richtige Richtung.
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